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Microsklaven

Microsklaven

Titel: Microsklaven Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Coupland
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meinem Rücken.
    Ich wies ihn daraufhin, daß sein Binary File Transfer Monthly das wahrscheinlich langweiligste Druckerzeugnis war, das ich in meinem Leben je gesehen hatte. Er erwiderte: »Und wenn das in Wirklichkeit die Penthouse-Forum-Briefe wären, zu etwas so Langweiligem und Undurchsichtigem verschlüsselt, daß niemand darauf käme, daß es sich um ganz was anderes handelt? Stell dir vor, es gäbe ein Chiffriersystem, das den Satz ›Ich studiere im dritten Semester an einem kleine College im Mittleren Westen‹ in die Worte ›Entspricht nicht den von der ITCU Convention festgelegten Werten für zulässige Frequenzbereiche‹ verwandelt. Das wäre der genialste Chiffrierstreich, seit das US-Militär Navajo-Indianer benutzte, um im Radio offen über streng geheime Operationen zu sprechen.« Dann wurde er still und ruhig, und von seinem Arm hinter mir ging eine beängstigende Wärme aus. Ich setzte mich kerzengerade auf. Die ganze Szene - die ganze Situation war extrem spannungsgeladen. Ich fühlte mich wie ein Dorflehrer auf einer Besetzungscouch in Hollywood. Er sagte: »Ich habe eine ganz wichtige Bitte an dich, mein Lieber«, und ich dachte: »Ach du Scheiße, jetzt kommt's ... Jetzt macht er mich an.« Dann zog er sein T-Shirt aus. Ich versuchte, cool zu bleiben, aber ich kriegte echt Fracksausen, denn Ethan ist nicht gerade, äh, mein Fall. Als könnte er meine Gedanken lesen, sagte er: »Stell dich nicht so an - ich werd' schon nicht über dich herfallen, ich möchte dich bloß um einen Gefallen bitten.«
    »Ach ja?«
    »Nur die Ruhe, nicht was du denkst.« Sein T-Shirt hatte einen durchschnittlich muskulösen Torso entblößt. »Wie du siehst, bin ich kein Todd«, sagte er, und dann drehte er sich um, und es ist mir peinlich, das zuzugeben, aber mir blieb die Luft weg. Durch die Drehung kam sein Rücken zum Vorschein, bedeckt von einer dicken Schicht aus Mullbinden, getrocknetem Blut und Heftpflastern. Es sah aus, als hätte man mehrere schmutzige Wegwerfwindeln kreuz und quer auf seine Haut geklebt. »Es geht um ... das hier.«
    Ich sagte: »Ethan, was verdammt noch mal hat das zu bedeuten? Hattest du einen Unfall? Herrje!«
    »Unfall? So kann man's auch nennen... Ozon... ein Bologna-Sandwich, das ich in der dritten Klasse gegessen habe ... eine Stunde zuviel vor einem Monitor aus russischer Fabrikation. Aber es ist ein Teil von mir, Dan ... dieser Schaden ... dieses ... was zum Teufel es auch ist. Leberflecken, die bösartig geworden sind. Vielleicht sind sie für immer weg, und, tja, vielleicht sind sie's nicht.«
    Ich versuchte, nicht hinzusehen, aber er sagte: »Das ist verdammt beleidigend«, und er sprang auf, setzte sich mit dem Rücken zu mir auf den Couchtisch und reckte mir die Verbände ins Gesicht. Da starrte ich gebannt auf diese Biomasse aus Watte, Plastik und Körperflüssigkeiten, die da auf seiner Haut klebte. Ich sagte nichts. »Dan?« fragte er. »Ja...«
    »Du mußt sie mir entfernen.«
    »Ja?«
    »Ich habe sonst niemanden, der das für mich tut. Verstehst du, Dan?«
    »Niemanden?«
    »Niemanden.«
    Ich schaute noch mal genauer hin, und er sagte: »Der Doktor hat sie vor einer Woche aus mir rausgehackt, als wären es Divots auf dem dreizehnten Fairway. Und keiner von euch blöden Ärschen hat es für nötig befunden, mich zu fragen, warum ich zum Hautarzt gegangen bin. Keiner hat gefragt, und ich konnte es keinem erzählen.«
    »Meine Güte, Ethan - wir dachten, du gehst wegen deiner Schuppen zum Hautarzt.«
    »Ich habe Schuppen?«
    »Äh, nicht übermäßig.« Ich berührte die Verbände, und sie fühlten sich knusprig an, wie Cornflakes.
    »Hast du gesagt, ich habe Schuppen?«
    »Ethan. Über körperliche Fehlfunktionen zu sprechen ist, wie über Gehälter zu sprechen. Man tut es einfach nicht.«
    »Okay. Kannst du das bitte abmachen? Es juckt. Es tut weh.«
    »Ja, natürlich.«
    Er ging in die Küche und kam mit einer Flasche Wasserstoffsuperoxyd-Lösung, Waschbenzin und zu Lappen zerschnittenen alten Hemden zurück. Und so entfernte ich ihm auf dem Couchtisch einen blutigen Klumpen nach dem anderen, schnippelte an seinem Rücken herum und zog Fetzen ab, entsetzt darüber, wieviel von ihm weggeschnitten worden war.
    Derweil unterhielten wir uns. Er sagte, er könne kaum glauben, wie sich die Dermatologie in den letzten zehn Jahren weiterentwickelt habe. »Sie können dir heute praktisch eine kleine Videokamera in den Körper stecken, und dann sagt dir der Arzt: ›So sieht Ihr

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