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Microsklaven

Microsklaven

Titel: Microsklaven Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Coupland
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gleichzeitig für alles andere fest vernagelt sind. Und wir müssen zugeben, daß er wirklich was auf die Reihe kriegt. Bei gewissen Dingen ist er nicht zu bremsen. Ein echter Techie-Geek eben.« Mom guckte mißtrauisch. Ich sagte: »Das heißt heute Geek, Mom.«
    »Tja, also, ihr Geeks seid wirklich eine merkwürdige Mischung aus Türen und Bremsen.«
    D ann kam das Gespräch auf den (stöhn) Information Superhighway. »Glaubt ihr, daß Bibliotheken irgendwann nicht mehr gefragt sein werden?« fragte Mom, während sie in ihrem Kaffee rührte und um ihren Job bangte. »Und Bücher?« Karla fing ein Gespräch über das Dewey-Dezimalsystem und das Katalogisierungssystem der Library of Congress an; es war, gelinde gesagt, ermüdend. Mom ertappte sich widerstrebend dabei, wie sie hingebungsvoll Katalogisierungssysteme diskutierte. Bibliothekare lieben Ordnung, Logik und Linearität. Alles in allem war das Essen wie ein Ballon, in dem nicht genug Helium zum Fliegen war - eigentlich reichte es noch nicht mal, um ihn aufzublasen. Ich glaube, an der Dynamik der Beziehung zwischen Mom und Karla ist jetzt nichts mehr zu ändern. Wenigstens hassen sie sich nicht. Um die Wahrheit zu sagen, bin ich ein wenig besorgt - warum verhält Mom sich so?
    S päter stellte ich fest, daß ich der einzige Mensch im Büro war. Das war total merkwürdig, und ich kann mich nicht erinnern, wann es davor das letztemal passiert ist. Genaugenommen war ich nicht ganz allein: Look und Feel wuselten in ihrem Habitrail herum. Doch ansonsten war niemand da. Es war seltsam, der einzige Mensch im Büro zu sein. Ich wünschte, ich könnte zu Kinko's gehen und mich selbst fotokopieren ... produktiver sein.
    K arla hat die Allergiemedizin entdeckt, die ich immer nehme, und sagte: »Davon hast du deine Alpträume.« Sie könnte recht haben - hoffentlich. Ich werde sie ab heute absetzen.

DONNERSTAG
    K eine Alpträume letzte Nacht.

FREITAG
    W ieder keine Alpträume. Problem gelöst?
    M isty kam in unseren Arbeitsbereich und verbellte Look und Feel. Hamster stinken ganz schön. Ich bin froh, wenn wir hier endlich wieder raus sind.
     

SAMSTAG
    K arla und ich haben uns Zeichentrickfilme angeschaut, und da war dieser alte Warner-Brothers-Cartoon mit dem Frosch dabei, der in den 20ern in Zement eingegossen wird und wieder aufersteht und singt und tanzt, aber nur in Gegenwart eines einzigen Menschen. Karla schaute zu und sagte: »Das bin ich, wenn ich mit deiner Mutter zusammen bin. Dann sitze ich da und sage: ›Quak‹, doch wenn ich mit dir zusammen bin, singe und tanze ich.«
    A lle kriegen jetzt eine Erkältung und sprechen dermaßen durch die Nase, daß man's mit der Angst bekommt. Todd sagte: »Mann, sei froh, daß du das Zeug nicht sehen mußt, das mir aus der Nase kommt. Rührei.« Danke, Todd.
    L ook und Feel haben Kinder gekriegt! Wahrscheinlich sind es fünf, rosa und drall, und wir werden sie Lisa, Jazz, Classic, Point und Click nennen. Wir hoffen, ihre Eltern fressen sie nicht auf. Jetzt legen wir immer rohes Hackfleisch in die Habitrail-Röhren, um Look und Feel von »den Kindern« abzuhalten. Das Habitrail ist eigentlich eher eine Art Logans 's Run. Diese Vorstellung: Hamster mit kleinen 70er-Jahre-Fransenfrisuren!
    I ch war heute oben bei Ethan in seinem beängstigend schicken Haus (all diese Banküberwachungskameras) und habe ihm erzählt, wie ich mir neulich nachts gewünscht habe, ich könnte zu Kinko's gehen und mich selbst fotokopieren. Er mißverstand mich. Ich wollte nur meine Produktivität steigern, doch er dachte, ich wäre irgendwie kosmisch drauf und wollte übers Universum reden, und das war das Stichwort für ihn, wie üblich das Wort an sich zu reißen. Wie es so seine Art ist, fing er an, eine Geschichte über sich selbst zu erzählen: »Ich habe mich bereits fotokopiert!«
    Er erklärte: »Die meisten Leute nehmen an, daß einem, wenn man älter wird, die Jahre immer kürzer vorkommen - daß das der ›Lauf der Dinge‹ ist. Aber das ist Quatsch. In Wirklichkeit ist es eher so, daß wir die Informationsdichte unserer Kultur bis zu einem Punkt erhöht haben, an dem unser Zeitgefühl total durcheinandergeraten ist.
    Mir ist schon vor langem aufgefallen, daß die Jahre zu schrumpfen beginnen - daß einem ein Jahr nicht mehr wie ein Jahr vorkommt und daß ein Leben nicht mehr ein Leben ist. Wir müssen unser Leben ›multiplizieren‹. Bis vor fünf Jahren, als all die 80er-Jahre-Technologien anfingen, unser Leben zu durchdringen,

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