Microsklaven
warum man Zügen eigentlich immer zuwinkt.
Er sagte: »Wir winken Menschen in Zügen zu, weil ihr Leben -ihr Innerstes - in den unerbittlich und unaufhaltsam dahinbrausenden Träumen von Bewegung, vom Reisen und Entdecken, die die Züge verkörpern, so intensiv und kraftvoll reflektiert wird. Man muß die Kraft und Brutalität und die Einzigartigkeit der Entschlossenheit einfach bewundern, die ein fahrender Zug verkörpert. Finden Sie nicht auch, Mr. Underwood?« Übt Michael so was? Woher nimmt er das? Und es war ja klar, daß Michael genau so ein Eisenbahnfreak ist wie mein Dad.
I ch sage sehr oft: »Ähmmm...« Das habe ich Karla gegenüber erwähnt, und sie sagte, das sei ein CPU-Wort. »Das heißt, daß du Daten in deinem Kopf sammelst - du lädst.« Außerdem sage ich zu oft »irgendwie«, und Karla meinte, dafür gäbe es keine brauchbare Erklärung. Sie könne sich höchstens vorstellen, daß sich die ungenutzten 97% des Gehirns bemerkbar machen wollen, wenn man »irgendwie« sagt. Nicht gerade schmeichelhaft.
Ich glaube, ich werde mal probieren, diese beiden verflixten Wörter per Suchen und Ersetzen ganz aus meinem Kopf zu eliminieren. Ich versuche, mich selbst zu debuggen.
A uch Karla verändert sich. Sie wird eine frauliche Frau. Sie läßt sich die Haare wachsen und versucht erwachsen auszusehen. Im Moment sitzt sie aussehensmäßig zwischen zwei Stühlen wie die meisten Techies. Auf jeden Fall ist ihre Haut besser geworden. Wir haben eigentlich alle bessere Haut ... außer vielleicht Ethan. Die kalifornische Sonne und der Versuch, sich zumindest ein bißchen besser zu ernähren, führen offenbar zu positiven dermatologischen Resultaten. Glattere Haut in sieben Tagen.
Karla trinkt Ovomaltine statt Kaffee, und zwar aus dem Becher von ihrem High-School-Treffen. Da gab es tatsächlich speziell angefertigte Becher, das ist wirklich irre. Letzte Woche schaute sich Susan den Becher an und fragte: »Auf deinem High-School-Treffen gab es horizontal marktübergreifende Merchandise-Produkte? Wo bist du denn zur High-School gegangen ... bei Starbucks?«
In Texas soll es eine Firma geben, die einem bei der Vermarktung von High-School-Treffen hilft.
Wir müssen aufpassen, daß die Unternehmen nicht in unsere persönlichen Erinnerungen eindringen.
M isty platzte ins Büro, nachdem all die Löschzüge und so weiter weg waren, und tatzte und schlabberte mich total ab. Sie roch nach Rosen und Gartenerde - ich schätze, sie war in ihrer Lieblingshöhle im unteren Garten.
Kurz danach kam Ethan herein und versuchte, Misty rauszuzerren, aber sie saute ihn bloß mit ihrem dreckigen Fell und ihrem Sabber ein, und ich bin sicher, daß ihm das gefiel. Er sagte zu ihr: »Ich habe auch oft Lust, Leute, die ich mag, zu betatzen und abzuschlabbern, aber natürlich tu ich das nie.« Ich erzählte Ethan, daß ich ganz ungehemmt mit Tieren spreche - ach, was bist du doch für ein süßes kleines Schnuckelkätzchen ... und so in der Art, was ich nicht im Traum mit Menschen machen würde. Dann wurde mir klar, daß ich wünschte, ich könnte es.
Misty hätte wirklich einen fürchterlichen Blindenhund abgegeben. Sie würde ständig auf die Straße rennen, um Lastwagenfahrer zu begrüßen. Ethan lockte sie mit einem Cocoa-Puffs-Werbe-Frisbee nach draußen und stand dann mit der Sonnenbrille auf der Nase eine Weile im Schatten des Balkons und spielte mit ihr. Daß sein Dolce & Gabbana-Dreiteiler vollkommen verdreckt war, schien ihm nichts auszumachen. Ethan braucht einfach nur Gesellschaft. Seit der Umarmung verbringt er sehr viel mehr Zeit im Umfeld des Habitrail. Wir alle umarmen Ethan jetzt oft, denn er ist auf einmal menschlich geworden, und Karla hat am Tag nach der Geschichte mit den Verbänden eine kleine Versammlung einberufen und uns allen gesagt, wir müßten jetzt besonders nett zu Ethan sein. Ihm gegenüber habe ich darüber natürlich kein Wort verloren, dafür war es einfach zu seltsam. Susan war ganz verstört.
Nach einer Weile gingen Ethan und ich hinunter, um uns die Überreste des Hauses anzusehen. Weg. Fwuschhh!
Ethan hat so eine Andeutung gemacht und läßt mich jetzt zappeln. Er murmelte irgendwas von »Michaels kostspieliger kleiner Sucht«, und ich fragte: »Robitussin? Das kostet doch nicht viel«, und Ethan erwiderte: »Robitussin?«, also sagte ich: »Wieso, was meinst du denn sonst?«, und er sagte: »Nichts.« Ich hasse es, wenn Leute die Schleusentore nur ein kleines bißchen öffnen und dann wieder
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