Microsklaven
vergaß meine EPROMs, und wir gingen nach draußen und setzten uns auf eine Parkinsel.
Todd kam hinterher und sagte: »Tut mir leid.« Ich sagte: »Macht nichts«, aber was glaubst du, was Todd sagte? »Ich glaube, es macht doch was. Und das ist mir nicht egal. Also erzähl mir bitte, was los ist. Manchmal denke ich, du unterschätzt mich, Underwood. Gib mir eine Chance, okay?« Also gingen wir ins Good Earth, bestellten Truthahn-Burger und Smoothies (Todds Bodybuilding-Nahrung), und ich erzählte Todd von Jed. Ich glaube, ich unterschätze die Menschen wirklich. Ich weiß nicht, warum ich diese Dinge so in mich hineinfresse. Und ich glaube, Todd ist ein wahrer Freund.
S päter ging ich leise in Dads Arbeitszimmer, schloß die Tür hinter mir und betrachtete das alte Foto von Jed, in einem ovalen Rahmen, verloren zwischen Dads Krimskrams. Da stand er so, wie er immer sein wird: Leicht angegilbt, ewig zwölf und für immer schlauer als ich.
Ich schätze, ich komme mir auf die gleiche Weise dumm vor wie Karla. Mit dem Unterschied, daß Karla in Wirklichkeit im Gegensatz zu ihrer Familie schlau ist und ich tatsächlich dumm bin - im Vergleich zu Jed. Als er noch hier war, schrieb er solche hübschen Sachen - Geschichten über Flugzeugpiloten, die zusammen mit Wissenschaftlern versuchen, die Erde davor zu bewahren, gestohlen zu werden. Er hatte Phantasie.
Man kann sich einfach nicht mit den Toten messen. Es wäre leichter, wenn ich noch einen Bruder oder eine Schwester hätte, aber ich wurde nach der Pille geboren. Wie auch immer, ich will damit nur sagen, daß ich mich den ganzen Nachmittag lang in einem arg weggetretenen Zustand befand, als hätte ich elf von diesen Grippetabletten genommen, die sowohl ein Aufputsch- als auch ein Beruhigungsmittel enthalten, damit sich die Nebenwirkungen gegenseitig aufheben. Mir drehte sich der Kopf. Wie nach zu langem Programmieren.
Von Abe kommt jetzt öfter E-Mail, und sie ist persönlicher. Ich glaube, er verliert bei Microsoft den Boden unter den Füßen. Er mag seine neuen Mitbewohner nicht und scheint uns zu vermissen.
Die 2 neuen Mitbewohner sind beide mit Partner-Units verbandelt und haben keine Lust, mit mir herumzuhängen. Sie sind NIE hier. Ich glaube, es macht nichts, daß ich kein Leben habe. Heutzutage haben so viele Menschen kein Leben mehr, daß man sich wirklich fragen muß, ob dadurch nicht eine neue Daseinsform entsteht, die eines Tages so weit verbreitet sein wird, daß sie sich jeglichem moralischen urteil entzieht, weil die Menschen einfach SO SIND. Wer glaubt, daß man »ein Leben haben« müßte, ist vielleicht bloß dumm genug, auf den unhaltbaren 50er Jahre Quatsch reinzufallen, der einem erzählen will, wie das Leben sein "sollte*. Woher wollen wir wissen, daß all die Menschen, die »nichts vom Leben haben«, nicht in Wirklichkeit die Speerspitze neuen menschlichen Empfindens und Wahrnehmens sind?
Ich brauche nur 2 Stunden Menschen pro Tag. Das reicht mir schon. 2 Stunden FaceTime.
I ch antwortete:
2 Stunden FaceTime sind nicht gut genug, Abe. DU bist kein Produktmanager, und das Leben ist kein Produkt . .. obwohl - wäre nicht alles SEHR VIEL SAUBERER UND EINFACHER, wenn dem so wäre. Nichtsdestoweniger erinnert mich dieser Gedanke an den GROSSTADTMYTHOS von dem japanischen Austauschstudenten, der Geld sparen wollte, indem er ein Jahr lang jeden Tag nichts anderes als Top Ramen-Nudeln aß. Noch vor Ablauf des Jahres starb er an Fehlernährung.
N ach Sonnenuntergang gingen Karla und ich zur Garage hinaus, um uns Dads Modelleisenbahnwelt anzusehen. Mom sagt, er sei überhaupt nicht mehr dort gewesen, seit er angefangen habe, für Michael zu arbeiten - nach »dieser Geschichte« oben in Redmond. Ich schätze, das ist ein gutes Zeichen -er ist nicht mehr so zwanghaft, geht wieder unter die Leute und packt neue Sachen an.
Todd und Michael haben mitten in der Landschaft zwei Monitore auf eine Farm geknallt und die kleinen Tiere oben auf den per Koaxialkabel mit dem Habitrail verbundenen Monitoren zu kleinen Herden arrangiert. Auf den Bildschirmen rotierten ein paar Gouraud-schattierte Oop! -Steine im dreidimensionalen Raum. Oop! sieht übrigens ziemlich gut aus. Neu und modern, so als würde die Zukunft aus dem Bildschirm quellen wie Hackfleisch aus dem Fleischwolf. An einen Monitor hat Todd einen Zettel geklebt: LIEBER GOTT, BITTE MACH, DASS DAS RENDERN SCHNELLER UND BILLIGER WIRD! Karla hatte einen Staubwedel mitgebracht, und sie entstaubte
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