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Microsklaven

Microsklaven

Titel: Microsklaven Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Coupland
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die Berge, das Dorf und das kleine weiße Haus, das Dad für Jed gebaut hat. Ich setzte die Züge in Bewegung, und wir sahen zu, wie sie herumfuhren, durch die Städte, über die Berge, an den rotierenden Bausteinen vorbei, und dann stellten wir den Trafo wieder ab, machten das Licht aus und gingen. Dad scheint es nichts auszumachen, daß »wir Kinder« ihm seine Welt klauen.
    D ie beiden Geräte in der Garage nennen wir »Cabernet« und »Chardonnay«.
    Drei andere Geräte-Units (zwei Quadras und ein Pentium) heißen »Ogre«, »Hobgoblin« und »Kestrel«. Zwei Fileserver heißen »Tootie« und »Blair«.
    Unsere beiden Drucker heißen »Siegfried« und »Roy«, weil sie ganz aus glänzendem Plastik sind.
    Unsere SGI-Iris-Workstation, auf der eine Vertigo-Software läuft, heißt natürlich »HAL«.
    Ich versuche gerade, diesen Tag mit einer heiteren Note zu beschließen, aber das ist schwer.

DONNERSTAG
    M om hat das Gewürzregal in der Küche saubergemacht. Ich goß derweil ihren Philodendron. Sie war richtig witzig. Sie sagte, sie esse jetzt immer Kartoffelchips zum Frühstück. Sie hält das für eine schlechte Angewohnheit und versucht davon loszukommen, und sie gibt »uns Kindern« die Schuld! Sie sagt immer »ihr Kinder«. Uns gefällt das, obwohl ich glaube, daß ich vor etwa vier Jahren aufgehört habe, mich als Kind zu betrachten. Ich habe nichts gegen Verantwortung. Wahrscheinlich macht mir deshalb auch die Monotonie der Arbeit am Computer nichts aus.
    Mannomann , was ich alles für Antworten auf meine Internet-Frage nach den Organismen bekommen habe, die sich im menschlichen Körper tummeln! Meine Pig-Pen-Theorie wurde tatsächlich bestätigt: Der durchschnittliche menschliche Körper besteht aus 1 x 10 13 Zellen, doch er fungiert als Wirtsorganismus für 1 x 10 14 bakterielle Zellen. Lange, schaurige Namen sind das:
     
    Escherichia coli
    Candida albicans
    S. aureus
    Klebsiella
    Actinomyces
    Staphylococcus
     
    Da fängt man doch an, all diese Zeitungsartikel ernst zu nehmen, in denen behauptet wird, daß aus alten Krankheiten neue Krankheiten werden. Ich habe als Teenager so viele Antibiotika und Sulfonamide gegen Pickel genommen, daß mich der erste postmoderne Virus, der den Camino Real entlangschlendert, gleich umhauen wird. Meine Tage sind gezählt. Ich habe Susan von all diesen Mikroben erzählt, und ich glaube, jetzt kriegt sie eine Bazillen-Phobie. Es stand ihr ins Gesicht geschrieben: Angst.
    D ad hat sich, kurz bevor er gefeuert wurde, einen P/S2-Typ-70-Computer gekauft. Er bewahrt ihn draußen in der Garage auf, zusammen mit der Eisenbahnwelt. Tief im Gehirnspeicher des P/S2 sind WordPerfect, ein Golf-Programm und einige genealogische Daten eingeschlossen, die er über unsere Familie zu sammeln versucht hat, bis ihm schließlich klar wurde, daß unsere Familie sich selbst ausradiert hat, während sie von einem Ort zum anderen zog.
    K arla hat mich gefragt, was ich von modernen Yuppie-Eltern halte, die ihre Kinder mit Aufmerksamkeit und Zuneigung überschütten - diese Haushalte, in denen das Kind der Boß ist und das gesamte Universum sich darum dreht, daß es auch wirklich genug Streicheleinheiten von den Eltern bekommt.
    Ich überlegte und versuchte, ehrlich zu sein, und dann platzte die Antwort aus mir heraus: »Ich beneide sie.« Susan hatte gelauscht und begann, »Cars« von Gary Numan zu singen, und wir sangen alle mit. Here in my car, I can only receive, I can lock up my doors ...
    Und dann war es wieder vorbei. Ich e-mailte Abe zu dem Thema, und da er gerade online war, kam sofort eine Antwort:
     
    Ich komme aus so einer »Was? Du willst meine Niere?«-Familie ... Wir haben irgendwann mal ein Abkommen geschlossen .. . wenn irgend jemand aus der Familie einmal eine Niere braucht, wird es heißen: »Tja, tut uns leid ... War nett, dich kennengelernt zu haben.«
    Ich glaube, deshalb ist es so schwer für mich, meinen Körper zu verstehen. Weil es in unserer Familie so gar keine Streicheleinheiten gab. Während ich hier tippe, lasse ich den Fünf-Kilo-Ball hüpfen, den ich aus den Gummibändern von meinem täglichen Wall Street Journal gebastelt habe. Er wächst und wächst.
    I ch habe heute ein tolles neues Wort gelernt: »Deletia«. Wenn man E-Mail bekommt und dem Absender antwortet, löscht man einfach alles, was er einem geschickt hat, und schreibt dann in eckigen Klammern:
     
    [Deletia]
     
    Das steht für alles, was verlorengegangen ist.

FREITAG
    D ad hat heute einen Michaelismus

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