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Microsklaven

Microsklaven

Titel: Microsklaven Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Coupland
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vom Stapel gelassen: »Wenn man sich vorstellen kann, daß der Mensch irgendwann ein Bewußtsein entwickelt, das komplexer ist als das menschliche Gehirn, dann - PENG - glaubt man de facto an den Fortschritt.«
    Mir schoß das Blut in die Ohren, als ich ihn das sagen hörte, und ich mußte mich sehr zusammenreißen, um ihm nicht an den Kopf zu werfen: »Das ist von Michael.« Meine Ohren waren ganz schön rot.
    E -mail von Abe:
     
    Ich lese gerade noch mal all meine alten Tim-und-Struppi-Hefte, und mir fällt auf, daß im Leben dieses kleinen Detektivs alle möglichen Dinge einfach nicht vorkommen .. . Religion, Eltern, Politik, Beziehungen, Naturverbundenheit, soziale Schichten, Liebe, Tod, Geburt .. . Das ist 'ne ganze Menge, und ich stelle fest, daß ich, obwohl ich den Comic immer noch liebe, langsam neugierig auf all diese unsichtbaren Dinge werde.
    D as Valley ist unglaublich karrierefixiert. Was für eine Energie! In Menlo Park muß 70 Meter unter der Oberfläche ein 65 Tonnen schwerer Osmium-Hexachlorid-Kristall vergraben sein, der die gesamte Karriere-Energie der Bay Area aufsaugt und mit doppelter Lichtgeschwindigkeit wieder zur Halbinsel zurückschießt. Science-Fiction.
    M om hat sich zu einem Schwimmkurs für 50- bis 60jährige Damen angemeldet. Nächste Woche geht's los.
    S usan hat bei Price-Costco eine ganze Kiste Feuchtreinigungstücher gekauft. Sie ist stinksauer auf die anderen, weil das Habitrail so ein Saustall ist. Mit spitzen Fingern wischt sie ihre Tastatur und ihren Bildschirm ab, und während sie das tut, sagt sie: »Mann, ich brauche dringend einen Kerl.«
    K arla reicht das Haar jetzt bis über die Schultern. Und sie hat sich ein Kleid mit rosa Blumen gekauft; es ist komisch, sie ist genauso wie immer und doch neu formatiert, und ich sehe sie jetzt mit ganz anderen Augen.
    Sie ißt inzwischen fast alles, wie ein ganz normaler Mensch, und mir ist aufgefallen, daß sie, wenn ich ihren Körper bearbeite, nicht mehr ganz so verspannt ist. Jeder speichert seine Verspannungen an einem speziellen Ort (bin gerade mit Shiatsu dran), genauso wie man immer wieder die gleichen Wörter falsch schreibt. Karla speichert ihre Verspannungen in den Nackenmuskeln, und ich beseitige sie. Das gibt mir ein gutes Gefühl. Daß ich das kann.
    T agtraum: Heute gab es einen Stau auf der 101. Ich hatte Visionen vom Valley, und als ich aus meinem Tagtraum erwachte, war ich neidisch auf die Zukunft. Ich sah Germanium im Grundwasser und gescheiterte Karrieren. Ich sah Risikokapitaleigner, denen ihre Geldphantasien die Augen aus den Höhlen gebrannt hatten, wie sie auf die 101 ihre Nissans zu Schrott fuhren - vor dem großen blauen Würfel des NASA-Luftwaffenstützpunkts in Onizuka, und aus ihren Fenstern spritzte orange fluoreszierendes Blut.

SAMSTAG
    H eute ist Bugs Traum wahr geworden. Der Freund eines Freundes aus Seattle hat ihn zum Xerox PARC mitgenommen. Wieder zurück im Habitrail, lieferte er uns einen detaillierten Bericht, während er eine Handvoll lila Eiskrautblüten, die er aus dem PARC geklaut hatte, zu einem Strauß arrangierte: »Der PARC ist ganz bewußt in einer Art Vakuum errichtet worden - alle Spuren der äußeren Zivilisation sind hinter Böschungen und Landschaftsarchitektur verborgen, so daß man das Gefühl hat, nirgendwo zu sein. Wahrscheinlich kommen einem nicht so viele gute Ideen, wenn man das Gefühl hat, irgendwo zu sein.«
    Wie auch immer, auf dem Berg Richtung Westen gibt es nichts als Buschwerk und Eichen, und man fühlt sich wie auf einem unbewohnten Planeten, wie in Star Trek. Es ist absolut gottverlassen. Aber es macht einem nicht angst, nicht wie in der Antarktis. Und der Empfang - der sieht aus wie das Wartezimmer eines irre erfolgreichen Kieferorthopäden im Jahr 2004. Ihr werdet's nicht glauben ... Ich hab' auf einem Sitzsack gesessen!«
    Eine Stunde später waren wir alle wieder bei der Arbeit, als Bug aus heiterem Himmel »Ähem« sagte, uns um unsere Aufmerksamkeit bat und verkündete, er sei schwul. Vollkommen ohne Zusammenhang.
    »Es war längst überfällig, daß ich mich oute«, sagte er. »Ich hab's viel zu lange für mich behalten. Ihr müßt irgendwie damit klarkommen, aber glaubt mir, ich muß schon sehr viel länger damit klarkommen.«
    Wir wären nie auf die Idee gekommen, daß Bug irgendwas anderes sein könnte als ein sexuell frustrierter und verbitterter verschrobener Typ, schließlich ist das bei Microsoft oder unter Techies im allgemeinen nichts

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