Microsklaven
Golfküste im Wrack einer Galeone am Meeresboden verfing, und als sie es einholten, ergoß sich ein Schwall von Münzen über das Schiffsdeck. So eine Geschichte hören wir hier im Valley natürlich gern!
H abe heute meine Weihnachtskarten verschickt - ich bin zu McDonald's gegangen, habe mir einen Stapel Job-Bewerbungsformulare (»WERDEN SIE TEIL EINER GROSSEN FAMILIE«) geholt und für alle ausgefüllt. Die einzigen halbwegs persönlichen Fragen auf dem Formular sind die nach Sport und Hobbys.
Ich hab' immer geschrieben:
»Abe/Susan/Bug/Michael/etc. ... hat großen Spaß an monotonen Tätigkeiten.«
» G eek-Party«-Abend: Irgendwie so, als wären wir in Hollywood und gingen zu einer »Branchenparty«. Dieser Typ von General Magic, den Susan neulich kennengelernt hat, hat in seinem Haus oben in den Los Altos Hills eine Party gefeiert. Den ganzen Tag haben Susan und Karla im Büro darüber geredet, was sie ... anziehen sollten. Das ist eigentlich gar nicht Karlas Art, aber ich bin froh, daß sie langsam anfängt, sich mit ihrem Körper anzufreunden und stolz auf ihn zu sein. Susan ist auf der Pirsch, deshalb will sie sexy, techiemäßig, »locker« und ernst aussehen, alles auf einmal. Na, viel Glück. Sie hat sich bei Karla beklagt: »Ich hab' Menstruationsmöpse ... Die fühlen sich so an, als wollten sie gleich 'ne Runde Milch ausgeben.« Sie ist immer so geradeheraus. Trotzdem, ich weiß ja nicht...
Karla sagte: »Na ja, wenn du das Betsy-Johnson-Kleid anziehst, könnte das doch ganz vorteilhaft aussehen.«
»Spitzenidee!« Susan war richtig in Fahrt.
A uf Geek-Partys kann man die Großkonzerndrohnen von den Jungunternehmendrohnen leicht nach Kleidung und Gesprächsthemen unterscheiden. Karla und ich standen neben zwei Typen, die bei Apple am Newton-Projekt arbeiten. Sie redeten etwa 45 Minuten lang mit unerschütterlichem Enthusiasmus über Vielfliegermeilen. Ihre Valley-Hipness stammte aus teuren Boutiquen. Der eine trug die unvermeidliche LA-Eyeworks-Brille und einen schrillen orangen Pullunder über einer Schlabberjeans. Der andere hatte eine Armani-Brille und ein komplettes Calvin-Klein-Ensemble an, aber nicht etwa aufeinander abgestimmt, sondern »teuer zusammengewürfelt«. Es hilft nichts - man denkt hier unweigerlich immer daran, wieviel alles kostet und woher es kommt.
Newton-Typ eins: Ich versuche, bei United 100.000 zusammenzukriegen und in die Premiere-Executive-Klasse zu kommen. Hast du schon 100.000?
NT 2: Ja, klar, schon seit dem Herbst, gleich nach Hannover. Apropos: Ich muß dir noch was Unglaubliches erzählen - neulich kam ich zu spät zum Flughafen, und als die Frau am United-Schalter meine Personalien abrief, sah ich, daß mein Name auf dem Monitor von DOLLARZEICHEN eingerahmt war. Echt subtextmäßig!
NT 1: Wow, super! (Offenbar schwer beeindruckt) Ich glaube, ich könnte es schaffen, wenn sie mich die nächsten zwei Flüge nach Japan mit United machen lassen. Scheiß Apple-Travel. Ich hab' jetzt Vielfliegermeilen bei Alitalia, Northwest, JAL, Lufthansa, USAir, Continental, American und British Air. Schade, daß wir nicht mit Virgin Air fliegen ... Das wäre am coolsten.
NT 2: Das Reisenecessaire von British Air ist klasse. NT 1: Früher waren die cooler... Da kam das ganze Zeug vom Body Shop. Aber Virgin Air ist top, weil du da deinen eigenen Videospielmonitor hast und mit anderen Passagieren SEGA-Spiele spielen kannst.
NT2: Im ganzen Flugzeug? Oder nur in der Business Class? NT1: Weiß ich nicht. Ich glaub', nur in der Business Class. Es wäre bestimmt cooler, wenn man mit den 13jährigen Kindern hinten auf den billigen Plätzen spielen könnte... SEGAsollte auf Flügen Spiele testen und Marktforschung betreiben! (Kichert.)
Karla und ich sahen uns an und verdrehten die Augen, doch wir waren beeindruckt. APPLE! NEWTON! ERSTER KLASSE JAL! Ich habe bei keiner Fluggesellschaft Vielfliegermeilen.
Versager.
MONTAG
A natoles Lexus hat im Armaturenbrett einen vertikalen Schlitz, in dem ein Kaffeebecherhalter steckt. Wenn man ihn herausspringen läßt, macht er so origamimäßigflip-flip-flip -wuschhh-wuschhh-wuschhh, und dann steht er waagerecht. Karla und ich sind gegen Sonnenuntergang vor die Tür gegangen und haben uns zum Kaffeetrinken ins Auto gesetzt. Das war der Höhepunkt des Tages - man kann sich vorstellen, was für ein eintöniger Tag das war.
W eihnachtsgeschenke: Ich habe bei Weird Stuff, dem Computer-Ramschladen gegenüber von Fry's in der Kern Street
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