Microsoft Word - Christian Jacq - RAMSES3 - Die Schlacht von Kadesch.rtf
Unmögliche zu wagen ist bestimmt nicht Weisheit.»
«Du irrst, Acha: Wahrer Mut und das Unmögliche sind eng verwandt.»
«Zum ersten Mal machst du mir angst, Ramses: Wohin willst du Ägypten führen?»
«Glaubst du, die Bedrohung, die Kadesch verkörpert, wird sich in Luft auflösen?»
«Die Verhandlungskunst des Gesandten vermag Knoten zu entwirren, die unentwirrbar scheinen.»
«Wird deine Kunst die Hethiter entwaffnen?»
«Warum nicht?»
«Bring mir den unverbrüchlichen Frieden, den ich ersehne, Acha. Sonst werde ich ihn selbst schaffen.»
Einhundertfünfzig Mann.
Einhundertfünfzig Männer, Sandläufer, Beduinen und Hebräer, die seit etlichen Wochen das Negeb-Gebiet durchkämmten, auf der Suche nach verirrten Karawanen. Sie alle gehorchten einem vierzig Jahre alten Einäugigen, dem es gelungen war, kurz vor seiner Hinrichtung aus einem Militärgefängnis zu fliehen. Fargo, der sich rühmte, schon dreißigmal Karawanen überfallen und dreiundzwanzig ägyptische und fremdländische Händler getötet zu haben, war in den Augen seines Stammes ein Held.
Als die ägyptische Armee am Horizont auftauchte, glaubten sie zuerst an ein Trugbild. Streitwagen, Reiter, Fußsoldaten… Fargo und seine Männer hatten sich in eine Grotte geflüchtet und wollten erst wieder herauskommen, wenn der Feind verschwunden war.
In der Nacht wurde Fargo von einem Traum heimgesucht: ein Gesicht erschien ihm.
Ein Raubvogelgesicht, eine sanfte und überzeugende Stimme, die eines libyschen Magiers namens Ofir, den Fargo in seiner Jugend gut gekannt hatte. In einer einsamen Oase zwischen Libyen und Ägypten hatte der Magier ihn lesen und schreiben gelehrt und ihn als Medium benutzt. In dieser Nacht war das gebieterische Gesicht aus der Vergangenheit aufgetaucht, die süße Stimme erteilte abermals Befehle, denen Fargo sich nicht zu entziehen vermochte.
Mit wirrem Blick und blutleeren Lippen weckte der Anführer seine Räuberbande.
«Jetzt kommt unsere Glanzleistung. Mir nach!»
Sie gehorchten, wie üblich. Wo Fargo sie hinführte, gab es Beute.
Als sie das Lager der ägyptischen Armee schon fast erreicht hatten, erwiesen sich einige der Männer als widerspenstig.
«Wen willst du denn da berauben?»
«Das schönste Zelt dort drüben… Da sind Schätze!»
«Wir haben nicht die geringste Chance.»
«Die Wachen sind nicht zahlreich, und auf einen Angriff sind sie schon gar nicht vorbereitet. Beeilt euch, und ihr werdet reich werden!»
«Das ist die Armee des Pharaos», warf einer der Sandläufer ein. «Selbst wenn wir es schaffen, wird sie uns einfangen.»
«Dummkopf… Meinst du denn, wir würden in der Gegend bleiben? Mit dem Gold, das wir hier stehlen werden, sind wir reicher als Fürsten!»
«Gold…»
«Der Pharao reist nie ohne eine schöne Menge Gold und Edelsteine. Damit kauft er seine Untertanen.»
«Wer hat dir denn das verraten?»
«Ein Traum.»
Erstaunt blickte der Sandläufer Fargo an.
«Machst du dich lustig über mich?»
«Wirst du jetzt gehorchen oder nicht?»
«Mein Leben aufs Spiel setzen wegen eines Traums… Du spinnst wohl?»
Fargos Beil ging auf den Hals des Sandläufers nieder und hätte ihn fast enthauptet.
Dann verabreichte der Anführer dem Sterbenden noch einen Fußtritt und trennte ihm endgültig den Kopf vom Rumpf.
«Wer möchte sonst noch Einwände vorbringen?»
Die einhundertneunundvierzig Mann näherten sich kriechend dem Zelt des Pharaos.
Fargo würde Ofirs Befehl ausführen: Ramses ein Bein abhacken und ihn zum Krüppel machen.
EINUNDZWANZIG
SO MANCHER SCHOB schlaftrunken Wache. Andere träumten von Heim und Herd. Nur einer der Wachposten entdeckte ein merkwürdiges Etwas, das da auf ihn zukroch, doch noch bevor er Alarm schlagen konnte, hatte Fargo ihn erdrosselt. Seine Stammesgenossen mußten eingestehen, daß ihr Anführer wieder einmal recht gehabt hatte. Sich dem königlichen Zelt zu nähern war in der Tat ein Kinderspiel.
Fargo wußte nicht, ob Ramses Schätze mit sich führte, er bedachte auch nicht den Augenblick, da seine Plünderer bemerken würden, daß er sie an der Nase herumgeführt hatte. Er war nur von einem Vorsatz besessen: Ofir zu gehorchen, um sein Gesicht nicht mehr sehen und seine Stimme nicht mehr hören zu müssen.
Die Gefahr mißachtend, lief er auf den Offizier zu, der neben dem Eingang des gro
ßen Zeltes schlummerte. Als Fargo sich auf ihn stürzte, blieb ihm keine Zeit mehr, sein Schwert zu ziehen. Der Angreifer hatte ihm den Kopf in die
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