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Microsoft Word - Daniel Kehlmann Die Vermessung der Welt

Microsoft Word - Daniel Kehlmann Die Vermessung der Welt

Titel: Microsoft Word - Daniel Kehlmann Die Vermessung der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dfg
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würden es nicht erlauben. Dies sei der Moment, da der Sturm beginne. Dann, während er die Stufen hinaufgeschoben wurde: Es sei alles ein Mißverständnis, er könne es erklären. Dann war er schon hinaus.
Er hole Verstärkung, sagte der Pedell und stieg eilig die Treppe hoch.
Keine Gespräche, sagte einer der Gendarmen. Kein Wort, von keinem zu keinem. Sonst gebe es unglaublich was auf den Schädel.
Eugen begann zu weinen.
Er war nicht der einzige. Mehrere junge Männer schluchzten hemmungslos. Ein paar, die aufgesprungen waren, setzten sich wieder. Fünfzig Studenten mit Knotenstöcken, dachte Eugen, und drei Polizisten. Einer mußte angreifen, dann würden die anderen folgen. Und wenn das nun er wäre? Er konnte es tun. Ein paar Sekunden stellte er es sich vor. Dann wußte er, daß er zu feige war. Er wischte sich die Tränen weg und blieb schweigend sitzen, bis der Pedell mit zwanzig Gendarmen, befehligt von einem großen Offizier mit Seehundschnurrbart, zurückkam.
    Mitnehmen, befahl der Offizier, im Kotter erste Vernehmung, um den Stand festzustellen, morgen Übergabe an die Zuständigen!
Ein schmächtiger Junge fiel vor ihm auf die Knie, umklammerte seine Stiefel und bettelte um Milde. Der Offizier sah peinlich berührt an die Decke, ein Gendarm zerrte den Jungen fort. Eugen benützte den Moment, um eine Seite aus seinem Notizbuch zu reißen und eine Nachricht an seinen Vater zu schreiben. Bevor ihm Handschellen angelegt wurden, konnte er den Zettel zusammenknüllen und in der Faust verstecken.
Auf der Straße warteten Polizeifuhrwerke. Die Festgenommenen saßen zusammengedrängt auf langen Bänken, hinter ihnen standen Gendarmen. Zufällig kam Eugen schräg gegenüber vom dumpf vor sich hin starrenden Bärtigen zu sitzen.
Sollen wir ausbrechen, flüsterte ein Student.
Das sei ein Mißverständnis, antwortete der Bärtige, er heiße Kösselrieder und komme aus Schlesien, er sei da in etwas hineingeraten. Ein Gendarm schlug ihm mit seinem Eisenstock auf die Schulter, leise brummend sank er in sich zusammen.
Noch jemand, fragte der Gendarm.
Keiner rührte sich. Die Türen schlossen sich knallend, und sie fuhren los.

Der Aether 
    Mit halbgeschlossenen Augen sprach Humboldt von Sternen und Strömen. Seine Stimme war leise, aber im ganzen Saal zu hören. Er stand vor der riesigen Kulisse eines Nachthimmels, auf dem sich Sterne zu konzentrischen Kreisen ordneten: Schinkels Bühnenbild zur Zauberflöte, für diesen Anlaß noch einmal aufgespannt. Zwischen die Sterne hatte man die Namen deutscher Forscher geschrieben: Buch, Savigny, Hufeland, Bessel, Klaproth, Humboldt und Gauß. Der Saal war gefüllt bis zum letzten Platz: Monokel und Brillen, sehr viele Uniformen, sanft bewegte Fächer, sowie, in der Zentrumsloge, die reglosen Gestalten des Kronprinzen und seiner Frau. Gauß saß in der ersten Reihe. Ach was, flüsterte ihm der gutgelaunte Daguerre ins Ohr, das werde noch Jahre dauern, bis er ein Bild machen könne. Zwar werde es mit der Belichtung irgendwann schon hinkommen, aber er und sein Kompagnon Niepce hätten nicht die geringste Idee, wie man das Silberjodid fixieren solle. Gauß zischte, Daguerre zuckte die Achseln und verstummte.
Wer in den Nachthimmel sehe, sagte Humboldt, mache sich keine rechte Vorstellung von den Erstreckungen dieses Gewölbes. Der Lichtnebel der Magellanschen Wolken über der südlichen Hemisphäre sei keine amorphe Substanz, kein Dunst oder Gas, sondern bestehe aus Sonnen, welche bloß die schiere Entfernung optisch in eins fließen lasse. Ein Milchstraßenabschnitt von zwei Grad Breite und fünfzehn Grad Länge, wie ihn das Okular eines Fernrohres erfasse, enthalte mehr als fünfzigtausend zählbare Sterne und wohl an die einhunderttausend, die man ob ihrer Lichtschwäche nicht mehr unterscheiden könne. Somit bestehe die Milchstraße aus zwanzig Millionen Sonnen, die ein von ihr um einen Durchmesser ihrer selbst entferntes Auge allerdings nur mehr als matten Schimmer wahrnehmen würde, als einen jener Nebelflecke, von denen die Astronomen mehr als dreitausend gezählt hätten. Man frage sich also, warum bei so viel Sternen nicht der ganze Himmel ständig von Licht erfüllt, wieso da draußen so viel Schwärze sei, und komme nicht umhin, ein der Helligkeit entgegengesetztes Prinzip, etwas Hemmendes in den Zwischenräumen, einen lichtlöschenden Äther anzunehmen. Einmal mehr beweise sich so die vernünftige Einrichtung der Natur, denn schließlich hebe jede menschliche Kultur

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