Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Microsoft Word - Pelzer, Dave - Der verlorene Sohn.doc

Microsoft Word - Pelzer, Dave - Der verlorene Sohn.doc

Titel: Microsoft Word - Pelzer, Dave - Der verlorene Sohn.doc Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: jojox
Vom Netzwerk:
B-17-Bombers haben, den man allgemein als »Fliegende Festung«
    bezeichnete. Ich nahm die Herausforderung an und holte dreimal tief Luft, ehe ich die gläserne Ladeneingangstür aufzog. Ich konnte hören, wie mich die Jungen anfeuerten, aber als sich die Tür hinter mir schloss, dachte ich nicht mehr an sie. Ich wusste nur, dass irgendwo im Laden Johnny zuschaute. Er wollte meinen Wagemut persönlich begutachten. Aber das machte mir nichts aus; schließlich hatte ich eine Aufgabe zu erledigen.
    Um mich bei den Kassierern und Kassiererinnen an den Ladenkassen nicht verdächtig zu machen, ging ich den ersten Gang zwischen den Regalen ganz bis hinten durch. Dann wandte ich mich nach rechts und verlangsamte meinen Schritt. Inzwischen waren meine Ohren so empfindlich wie Radarempfänger geworden; ich konnte zwischen den Geräuschen unterscheiden, welche die Kunden, und denen, die die Angestellten machten. Ich verlangsamte mein Tempo, ehe ich mich erneut nach rechts wandte und den Kopf nach unten beugte, um zu sehen, ob jemand hinter mir war. Die Luft war rein. Ich bekam Herzrasen, als ich mein Ziel im vierten Gang, ganz oben in einem Regal, ins Visier nahm. Ich wusste, dass es sich diesmal um eine echte Herausforderung handelte. Einen Sekundenbruchteil 143

    lang hatte ich das Gefühl, dass irgendetwas nicht in Ordnung sei. Ich dachte sogar daran aufzugeben. Nein, kommt nicht in Frage, sagte ich mir nach einer Sekunde. Als ich mit beiden Armen nach oben griff, konnte ich zuerst hören, dann spüren, wie jemand den Gang entlang kam. Ich bemühte mich um einen klaren Kopf, als ich meine Beine noch mehr streckte, um höher hinauf zu reichen. Kurz darauf nahm ich meine Beute aus dem Regal und zeigte keinerlei Emotionen, als ich den Gang entlang ging, vorbei an Johnny, der über das ganze Gesicht grinste.
    Mein Herz schlug wie eine Trommel. Jetzt kommt der schwierigste Abschnitt. Direkt vor mir lag die Tür zum Sieg. Ganz sacht senkte ich den Kopf und horchte, ob irgendjemand hinter mir war oder mir zurief, ich solle stehen bleiben. Schließlich war der heikle Augenblick gekommen. Mein Gesicht war angespannt, als ich mich anschickte, die Tür aufzumachen - gerade so weit, dass ich hindurchschlüpfen konnte. Denn wenn mir doch jemand gefolgt wäre, dann hätte der Betreffende etwas Zeit und Mühe gebraucht, um seinerseits die Tür aufzustoßen - und das hätte mir eine zusätzliche Chance eröffnet, schnell wegzulaufen. Ich lächelte mir selbst zu - im Bewusstsein, wirklich an alles gedacht zu haben.
    Hinter der Glastür konnte ich hören, wie die Gruppe der Jungen klatschte und nach mir rief. Johnny war schon draußen, und seine Augen waren so groß wie Pfannkuchen. Einen Augenblick verlor ich die Konzentration - aber nur einen winzigen Augenblick lang - und überlegte, wie sehr mein neuestes riskantes Abenteuer mein Ansehen in der Gruppe stärken würde.
    Früher hatten mich die

    144

    Jungen gelegentlich gehänselt oder mir im Park Streiche gespielt. Ich wusste die ganze Zeit, dass sie mich eigentlich verspotteten, aber ich spielte trotzdem gern weiter den Clown und Unterhalter. Irgendwie etwas Aufmerksamkeit zu erhalten war immer noch besser, als gar nicht beachtet zu werden.
    Erhobenen Hauptes und lächelnd schlüpfte ich durch die Tür hinaus. Inzwischen lachten die Jungen und begannen, die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Ich meinte zu hören, wie hinter mir die Tür schnell aufgestoßen wurde. Ich wollte die Beute mit meiner rechten Hand Johnny zuwerfen, als ganze Lachsalven ausbrachen. Johnny lachte sogar so heftig, dass er Tränen in den Augen hatte. Ich ließ in meiner Konzentration nach und lachte ebenfalls. »David«, johlte Johnny, »ich möchte dir gern ... o Mann, ich kann nicht mehr! « Er kicherte und fuhr fort: »Ich möchte dir gern meinen Vater vorstellen.« Augenblicklich verwandelten sich meine Füße in solide Eisblöcke. Ich drehte mich um und sah einen Mann im roten Angestelltenkittel von Walgreens. Auf dem Namensschild war zu lesen: »Mr. Jones - Filialleiter«.
    Mr. Jones nahm das Modellflugzeug an sich und packte mich am Kragen. Ich ging vor ihm her, als er die Ladentür öffnete. Und als sich die Tür hinter mir schloss, wandte ich den Kopf um. Die Jungen lehnten auf ihren Fahrrädern und schrien aus Leibeskräften:
    »Reingefallen, reingefallen! «
    »Wir beobachten dich schon eine ganze Weile. Mein Sohn hat mir alles über dich erzählt ... David. «
    Ich schloss die Augen und dachte, was

Weitere Kostenlose Bücher