Middlesex
erforschten, ich meine den, den ich auf der anderen Liege zurückgelassen hatte. Jerome war auf mir, zerquetschte mir das eine Bein, also verlagerte ich es, spreizte die Beine, er ließ sich dazwischenfallen. Er stöhnte leise. Ich legte die Arme um ihn, bestürzt und bewegt, wie dünn er war. Er war sogar noch magerer als ich. Nun küsste Jerome mich am Hals. Nun widmete er sich, beraten von einer Zeitschriftenkolumne, meinem Ohrläppchen. Seine Hände krochen höher. Sie strebten meiner Brust zu. »Nicht«, sagte ich aus Angst, er könnte meine Tücher entdecken. Und Jerome gehorchte...
... wohingegen Rex auf der anderen Liege nicht auf solchen Widerstand stieß. Mit vollendeter Meisterschaft hatte er einhändig den Büstenhalter des Objekts gelöst. Da er erfahrener war als ich, überließ ich ihm die Blusenknöpfe, aber ihren BH ergriffen meine Hände und ließen, als stießen sie einen Fensterladen auf, das fahle Licht ihrer Brüste in den Raum. Ich sah sie, ich berührte sie, und da nicht ich das tat, sondern Rex Reese, musste ich mich auch nicht schuldig fühlen, mich auch nicht fragen, ob ich etwa unnatürliche Wünsche hegte. Und überhaupt, wie hätte ich, wo ich doch auf der anderen Liege mit Jerome zugange war?... und so lenkte ich meine Aufmerksamkeit wieder, nur zur Sicherheit, auf ihn. Er litt irgendwelche Qualen. Er rieb sich an mir, dann hielt er inne und langte nach unten, um etwas zurechtzurücken. Das Geräusch eines Reißverschlusses. Ich linste ihn aus den Augenwinkeln an. Ich sah, wie er grübelte, sich über das Rätsel der Latzhose den Kopf zerbrach.
Er schien zu keiner Lösung zu gelangen, also schwebte ich wieder auf die andere Seite des Raums und schlüpfte in Rex Reeses Körper. Eine Weile spürte ich, wie das Objekt auf meine Berührungen reagierte, spürte die erschreckte, eifrige Wachheit ihrer Haut, ihrer Muskeln. Und dann spürte ich etwas anderes: wie Rex, oder ich, länger wurde, an Umfang zunahm. Das spürte ich nur einen kurzen Moment, dann zog mich etwas zurück...
Jerome hatte eine Hand auf meinem nackten Bauch. Während ich in Rex' Körper gewesen war, hatte Jerome die Gelegenheit ergriffen, meine Schulterträger zu lösen. Auch die Silberknöpfe an meiner Taille hatte er aufgeschnippt. Nun zog er meine Latzhose herunter, und ich versuchte aufzuwachen. Nun zerrte er an meiner Unterhose, und da fiel mir auf, wie betrunken ich war. Nun war er in meiner Unterhose, und nun war er... in mir Und dann: Schmerz. Schmerz wie von einem Messer, Schmerz wie Feuer. Er zerriss mich. Er wogte über meinen Bauch bis hinauf zu meinen Brustwarzen. Ich japste; ich schlug die Augen auf; ich sah Jerome, wie er zu mir herabblickte. Wir starrten einander an, und da wusste ich, dass er es wusste. Jerome wusste, was ich war, und ebenso plötzlich wusste auch ich es; zum ersten Mal begriff ich deutlich, dass ich kein Mädchen war, sondern etwas dazwischen. Ich wusste es, weil es sich so natürlich angefühlt hatte, in Rex Reeses Körper zu schlüpfen, so richtig, und ich wusste es von dem schockierten Ausdruck auf Jeromes Gesicht. Das alles übermittelte sich mir in einem jähen Augenblick. Dann stieß ich Jerome weg. Er zog sich zurück, heraus und glitt vom Bett auf den Fußboden.
Stille. Nur wir beide, nach Luft schnappend. Ich lag auf dem Rücken auf der Liege. Unter den Zeitungsausschnitten. Und nur der präparierte Hecht war Zeuge. Ich zog meine Latzhose hoch und war mit einem Mal sehr nüchtern.
Jetzt war alles aus. Ich konnte nichts mehr machen. Jerome würde es Rex sagen. Rex würde es dem Objekt sagen. Sie würde nicht mehr meine Freundin sein. Wenn dann die Schule wieder anfing, würden alle an der Baker & Inglis wissen, dass Calliope Stephanides ein Monstrum war. Ich wartete darauf, dass Jerome aufsprang und fortrannte. Ich war verängstigt und seltsam ruhig zugleich. Ich setzte die Dinge im Kopf zusammen. Clementine Stark und Küssunterricht, gemeinsames Herumtollen in einem heißen Becken, ein amphibisches Herz und ein sprießender Krokus, Blut und Brüste, die nicht kommen wollten, und eine Verliebtheit in das Objekt, die da war, die es tatsächlich gab, die, so sah es aus, wahrscheinlich bleiben würde.
Einige Augenblicke der Klarheit, dann heulte mir wieder die Angst in den Ohren. Ich wollte nur noch fort. Bevor Jerome die Gelegenheit hatte, etwas zu sagen. Bevor jemand es herausfand. Ich konnte noch in der Nacht los. Ich konnte den Weg durch den Zedernsumpf zum Haus
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