Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Midkemia Saga 03 - Die Gilde des Todes

Midkemia Saga 03 - Die Gilde des Todes

Titel: Midkemia Saga 03 - Die Gilde des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond Feist
Vom Netzwerk:
plötzliche, verrückte Bedürfnis an, laut zu lachen. Als er sich beruhigt hatte, wagte er wieder einen Blick.
    Immer noch wartete der Meuchler. Also faßte sich auch Jimmy in Geduld. Er wunderte sich über die Waffe des Nachtgreifers. Die schwere Armbrust war eine unhandliche Waffe für einen Schützen und bei weitem nicht so genau wie ein Bogen. Andererseits allerdings brauchte man weniger Übung in ihrem Umgang, denn ein mit ihr abgeschossener Bolzen traf, was auch immer, mit ungeheurer Wucht, und so war eine durch ihn verursachte Wunde meistens tödlich, während es bei einer Pfeilwunde häufig noch Hilfe geben mochte, wenn nicht gerade das Herz getroffen wurde. Jimmy hatte einmal einen stählernen Harnisch in einer Schenke ausgestellt gesehen. Die dicke Brustplatte wies ein Loch von der Größe einer Faust auf. Es war durch den Bolzen einer schweren Armbrust hervorgerufen worden. Der Harnisch war nicht wegen der Größe des Loches zur Schau gestellt worden – die bei dieser Waffe nicht ungewöhnlich war –, sondern weil sein Träger wie durch ein Wunder lebend davongekommen war. Trotzdem hatte die Waffe ihre Nachteile. Abgesehen davon, daß ihre Genauigkeit über eine Entfernung von mehr als etwa dreißig Fuß zweifelhaft war, ließ sich mit ihr auch nicht sehr weit schießen.
    Jimmy verrenkte sich beinahe den Hals, um den Nachtgreifer im Blick zu behalten, und spürte ein Muskelzucken im rechten Arm. Er verlagerte sein Gewicht leic ht nach links. Plötzlich gab ein Ziegel unter seiner Hand nach und zerbrach mit lautem Krachen. Die einzelnen Stücke rutschten klappernd über die Schräge und schlugen noch weiter berstend unten auf der Straße auf. Für Jimmy klang es wie Gewitterdonner, der Unheil für ihn ankündigte.
    Mit schier unmenschlicher Flinkheit wirbelte der Meuchler herum und schoß. Jimmy glitt aus, das rettete ihm das Leben, denn er hätte sich nicht schnell genug ducken oder ausweichen können, um dem Bolzen zu entgehen. Die Schwerkraft verlieh ihm glücklicherweise die nötige Geschwindigkeit. Er schlug auf dem Dach auf und hörte den Bolzen knapp über seinem Kopf hinwegpfeifen. Einen Augenblick malte er sich aus, daß sein Kopf wie eine reife Melone platzte, und dankte hastig Banath, dem Schutzgott der Diebe.
    Als nächstes retteten seine Reflexe ihn, denn statt sich aufzurichten, rollte er nach rechts. Wo er noch einen Herzschlag zuvor gelegen hatte, krachte ein Schwert auf die Dachziegel. Er wußte, daß er nicht genug Vorsprung bekommen konnte, um sich dem Assassinen durch Flucht zu entziehen, also sprang er geduckt hoch und zog gleichzeitig seinen Dolch aus dem rechten Stiefelschaft. Er kämpfte wahrhaftig nicht gern, aber er hatte schon früh in seinem Gewerbe gelernt, daß sein Leben sehr wohl von seinem Geschick im Umgang mit der Klinge abhängen mochte, und so hatte er fleißig damit geübt, wann immer sich ihm die Gelegenheit bot. Er wünschte sich jetzt nur, sein Ausflug über die Dächer hätte die Mitnahme seines Degens nicht unklug erscheinen lassen.
    Der Nachtgreifer drehte sich zu dem Jungen herum. Jimmy sah, daß er sekundenlang Schwierigkeiten hatte, sein Gleichgewicht zu halten. Der Bursche mochte zwar flinke Reflexe haben, aber er war es nicht gewöhnt, sich auf einem Giebeldach zu bewegen. Jimmy grinste, sowohl um seine Furcht zu überdecken als auch seiner Belustigung über die Unsicherheit des anderen Ausdruck zu geben.
    Zischelnd wisperte der Assassine: »Bete zu den Göttern, welche auch immer dich hier herführten, Knabe!«
    Jimmy fand diese Bemerkung seltsam, denn sie lenkte doch eigentlich nur den Sprecher ab. Der Mann hieb die Klinge herab. Sie zerschnitt die Luft, wo der Junge sich gerade noch befunden hatte.
    Doch inzwischen raste Jimmy bereits am Dach entlang und sprang zurück zu dem Haus, in dem Trig, der Tuchwalker, wohnte. Einen Augenblick hörte er auch den Aufprall des Nachtgreifers auf demselben Dach. Leichtfüßig rannte Jimmy weiter, bis er sich einem gähnenden Spalt gegenübersah. In seiner Hast hatte er vergessen, daß sich eine breite Gasse zwischen diesem und dem Nachbarhaus befand. So weit konnte er unmöglich springen. Er wirbelte herum.
    Der Meuchler näherte sich langsam, die Klingenspitze auf Jimmy gerichtet, dem plötzlich ein Einfall kam. Er begann heftig auf dem Dach herumzustampfen. Augenblicke später schrillte eine wütende Stimme aus dem Haus: »Diebe! Man hat mich beraubt!«
    Jimmy konnte sich gut vorstellen, wie Trig sich weit aus dem

Weitere Kostenlose Bücher