Midkemia Saga 04 - Dunkel über Sethanon
da und erduldete widerstandslos den festen Griff der Wachen.
Jimmy schüttelte den Kopf, um sich von den Folgen des zweiten heftigen Schlags am heutigen Tag zu erholen. Als er den Zustand des verletzten Mannes sah, rief er: »Achtet auf den Ring!«
Während der Junge das sagte, nahm der Verletzte die Hand an den Mund, und als Roald und eine Wache ihn ergriffen, sackte er bewußtlos zusammen. Roald sagte: »Sein fürstlicher Siegelring ist eine Fälschung. Es ist genauso ein Giftring, wie ihn die anderen trugen.«
Gardan untersuchte den Ring. »Nein, er ist wegen der Wunde zusammengebrochen.«
Roald sagte: »Die Ähnlichkeit ist wirklich unglaublich. Jimmy woher wußtest du Bescheid?«
»Ich hab' ihn in den Abwasserkanälen gesehen.«
»Aber wieso wußtest du, welcher der falsche Prinz ist?« fragte Gardan.
»Die Stiefel. Sie sind voller Dreck.«
Gardan betrachtete nacheinander erst Aruthas blitzblanke Stiefel und dann die schlammverkrusteten des falschen Prinzen, Arutha sagte: »Was für ein Glück, daß ich heute nicht in Anitas frischbepflanztem Garten spazierengegangen bin. Ihr hättet mich in meinen eigenen Kerker geworfen.«
Jimmy besah sich den besiegten Betrüger und den richtigen Prinzen genau. Beide trugen Kleider gleichen Schnitts und gleicher Farbe. Jimmy fragte Arutha: »Als wir eintraten, wart Ihr da bei uns, oder wart Ihr bereits hier im Zimmer?«
»Ich bin mit euch eingetreten. Er muß mit den letzten Gästen gekommen sein und dann einfach hierher in meine Gemächer gegangen sein.«
Jimmy stimmte zu. »Er hat gehofft, Euch hier allein zu erwischen, Euch zu töten und Eure Leiche in einem Geheimgang oder in den Abwasserkanälen verschwinden zu lassen. Dann hätte er Euren Platz eingenommen. Ich bin sicher, die Scharade hätte nicht lange gedauert, doch selbst in wenigen Tagen hätte er schon alles reichlich durcheinanderbringen können.«
»Du hast mal wieder genau das Richtige getan, Jimmy«, lobte Arutha und fragte Roald: »Wird er überleben?«
Roald untersuchte ihn. »Ich weiß es nicht. Diese Kerle haben die lästige .Angewohnheit, dann zu sterben, wenn sie nicht sollen, und nicht tot zu bleiben, wenn sie besser sollten.«
»Holt Nathan und die anderen. Und bringt ihn in den Ostturm. Gardan, Ihr wißt, was zu tun ist.«
Jimmy sah zu, während Vater Nathan, ein Priester von Sung der Weißen und Berater von Arutha, den Assassinen untersuchte. Alle Personen, die Zugang zu dem Turm hatten, in dem der Gefangene untergebracht worden war, staunten über die Ähnlichkeit. Hauptmann Valdis, ein breitschultriger Mann, der, ehe er zum Anführer von Aruthas Leibwache aufgestiegen war, als Oberleutnant unter Gardan gedient hatte, schüttelte den Kopf. »Kein Wunder, daß ihm die Kerle sogar salutiert haben, als er durch den Palast spazierte. Er gleicht Euch wie ein Ei dem anderen.«
Der Verwundete war an den Pfosten seines Bettes festgebunden. So wie den anderen Nachtgreifern, den man bereits früher gefangen hatte, hatte man ihm den Giftring abgestreift und jegliche Gegenstände entfernt, mit denen er sich selbst hätte töten können. Nathan stand vom Bett des Gefangenen auf. Der stämmige Priester sagte: »Er hat viel Blut verloren, und sein Atem geht sehr flach. Ich würde sagen, es steht auf Messers Schneide.«
Der fürstliche Heiler nickte zustimmend. »Ich würde normalerweise sagen, daß er durchkommen wird, Hoheit, doch ich habe bereits ihren Todeswillen kennengelernt.« Er sah aus dem Fenster. Am Himmel zeigte sich das erste Licht des Morgens. Sie hatten Stunden damit verbracht, die Verletzungen zu heilen, die Jimmy mit seinem Dolch angerichtet hatte.
Arutha dachte nach. Als sie zum letzten Mal einen Nachtgreifer hatten ausquetschen wollen, hatte am Ende eine wiederbelebte Leiche etliche Wachen getötet und beinahe die Hohepriester in von Lims-Kragma und die Prinzessin ermordet. Der Prinz sagte zu Nathan: »Wenn er das Bewußtsein zurückerlangt, benutzt Eure Künste und seht, ob Ihr nicht etwas von ihm erfahren könnt. Wenn er stirbt, verbrennt die Leiche sofort.« An Gardan, Jimmy und Roald gewandt, sagte er: »Ihr kommt mit mir«, und zu Valdis: »Hauptmann, verdoppelt die Wachen, aber ohne Aufsehen.«
Er verließ das schwerbewachte Zimmer und steuerte an der Spitze seiner Gefährten auf seine eigenen Gemächer zu. »Jetzt, wo Anita mit den Zwillingen auf dem Weg zu ihrer Mutter ist, brauche ich mir nur noch Gedanken darum zu machen, wie ich diese Assassinen ausrotten kann, bevor
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