Midkemia Saga 05 - Gefährten des Blutes
mit einer Silberschnalle verschlossen. Dazu hatte natürlich auch jeder Soldat die kreuzweise gebundenen, schlichten Riemchensandalen an. Auf den Köpfen saßen Helme unterschiedlicher Machart, die Erland begeisterten, weil sie so barbarisch und primitiv aussahen. Einer hatte den Schädel eines Leoparden über den Kopf gestülpt, und das Fell des Tieres fiel ihm über die Schulter. Ein paar andere trugen Hirsch- oder Bärenköpfe auf ähnliche Weise. Viele hatten Bussard-oder Adlerfedern an eisernen Ringen befestigt, die sie sich auf den Kopf gesetzt hatten, oder ihre Helme mit den bunten Federn von Papageien verziert, und einige hohe, spitz zulaufende Helme waren aus Schilf geflochten, das in grellen Farben gefärbt war. Insgesamt machten die Kopfbedeckungen nicht den Eindruck, als würden sie in der Schlacht viel Nutzen bringen.
James sagte laut: »Ein großartiger Anblick, nicht wahr?« Erland nickte. Nichts, was er bisher in der Oberstadt von Kesh gesehen hatte, war nicht auch gleichzeitig bis ins Übermaß übertrieben gewesen. Im Gegensatz zu dem, was er in der Unterstadt kennengelernt hatte, wirkte das alles hier noch überwältigender.
Selbst die alltäglichsten Gegenstände bezeugten Überfluß und Reichtum. Wo etwas Einfaches reichen würde, wurde etwas Edles benutzt: Gold anstelle gewöhnlichen Eisens, Edelstein anstelle von Glas, Seide, wo man sonst Baumwolle erwartet hätte. Und das gleiche galt auch für die Diener und Dienerinnen, wurde Erland klar, nachdem er durch weitere Säle und Gänge geschritten war. Wenn ein Mann gebraucht wurde, mußte er nicht nur gesund und fähig sein, er mußte auch stattlich aussehen. Wenn eine Frau auf den Gang trat, dann war sie hübsch und jung. Noch ein paar Tage hier, dachte Erland, und ich sehne mich nach dem Anblick eines einfachen Gesichtes.
Sie erreichten eine massive, riesige zweiflügelige Tür, die mit Gold beschlagen war, und der Beamte, der sie davor erwartete, pochte mit der Metallspitze seines Stabs auf den Boden und verkündete: »Prinz Erland, Graf James, Gräfin Gamina und Baron Locklear!«
Die Tür schwang weit auf, und durch sie hindurch konnte Erland in einen riesigen Saal blicken, der von dieser Wand bis zur gegenüberliegenden leicht hundert Meter maß, und dort, am anderen Ende, erhob sich ein hohes Podest, auf dem ein goldener Thron stand.
Erland zischte James verstohlen zu: »Du hast mir nicht gesagt, daß es sich um einen fröhlichen Empfang handelt.«
James erwiderte: »Tut es nicht. Es ist nur ein zufälliges, intimes Abendessen.«
»Dann kann ich das offizielle Hofhalten gar nicht mehr erwarten.«
Erland holte tief Luft und meinte: »Gut, wollen wir also erst einmal einen Happen mit Ihrer Majestät essen.« Prinz Erland trat ein und führte seine Berater in den Saal der Kaiserin von Groß-Kesh.
Erland marschierte zielstrebig auf die Mitte des Saals zu. Seine Stiefeltritte auf dem Fußboden klangen, als würden sie nicht an diesen Ort gehören, wo jedermann nur weiche Sandalen oder Pantoffeln trug. Stille saugte den Lärm auf, da niemand in dem Saal sprach und alle Augen auf die Gesandten aus dem Königreich der Inseln gerichtet waren.
Auf dem Podest, vor dem Thron, waren Kissen und Polster aufgestapelt worden. Und auf ihnen lag eine alte Frau. Erland versuchte, sie direkt anzusehen, dabei jedoch nicht zu gaffen, und er fand diese Aufgabe unmöglich zu lösen. Hier lag auf Kissen vor dem erhabensten Thron der bekannten Welt die mächtigste Herrscherin der bekannten Welt. Und sie war eine kleine, verdorrte Frau, die vollkommen unauffällig erschien. Ihre Bekleidung glich dem üblichen weißen Kilt, nur reichte ihrer über die Knie. Und ihr Gürtel war mit prachtvollen Edelsteinen besetzt, die das Licht der Fackeln auffingen und kleine Lichtpunkte an Wände und Decke zurückwarfen. Sie trug eine lockere Weste aus weißem Stoff, die vorne von einer Brosche mit einem riesigen Rubin zusammengehalten wurde. Auf ihrem Kopf saß ein Diadem aus Gold, das mit Saphiren und Rubinen geschmückt war, die alles übertrafen, was der Prinz jemals gesehen hatte. Und in den Händen dieser alten Frau lag das Schicksal eines riesigen Reiches.
Ihre dunkle Haut konnte die Blässe des Alters nicht verbergen, und sie bewegte sich wie eine Frau, die zehn Jahre älter war als fünfundsiebzig. In ihren Augen konnte Erland jedoch Größe spüren, in ihnen loderte ein helles Feuer.
Mit dunklen Augen, die funkelten wie die Saphire und Rubine ihres Diadems,
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