Midkemia Saga 06 - Des Königs Freibeuter
wurde eine Fackel auf die verfaulenden Leichen geworfen. Einige Öllampen und Lumpen, die jemand gefunden hatte, wurden ebenfalls darauf geworfen.
Marcus sagte den Söldnern, sie sollten Fackeln anzünden und die anderen Gebäude in Brand setzen. Innerhalb von Minuten loderten überall Flammen auf.
Als Calis wieder zu den anderen kam, fragte er Anthony: »Was habt Ihr in diesem Raum gefunden?«
»Leichen«, antwortete Anthony.
Marcus fragte: »Anthony, was war es?«
Anthony wartete einen Augenblick ab, bis die Söldner die Gefangenen in das große Gebäude gebracht hatten. Er folgte Nakor, der sie zu dem unterirdischen Gang brachte. Mit Tränen der Wut in den Augen sagte Anthony: »Sie schicken die Pest ins Königreich, Marcus. Sie schicken eine magische Krankheit, und es wird eine Epidemie geben wie noch niemals zuvor. Wir müssen sie aufhalten!«
Marcus riß die Augen auf, schluckte, nahm Abigails Hand und lief, Margaret und Anthony hinter sich, mit ihr zum Hauptgebäude des Anwesens.
Hinterhalt
Harry zeigte auf etwas.
»Was ist das?« fragte Brisa.
»Feuer«, antwortete Praji. »Und zwar ein großes, so wie es den Himmel erhellt.«
Sie saßen im ersten der Flußschiffe, die unterwegs zu dem ausgebrannten Bauernhaus waren, wo, wenn die Götter ihnen gnädig waren, die Gefangenen auf sie warten würden. Harry spürte, wie ihm der kalte Schweiß ausbrach. »Gleich wird hier einiges los sein.«
Praji meinte: »Kein Zweifel. Soldaten werden kommen und nachsehen, was vor sich geht. Wenn sie zufällig hier herunterschauen, wird es zum Kampf kommen.«
Einer der Flußschiffer sagte etwas zu Tuka, und der sagte zu Harry: »Sab, wir legen jetzt an.«
Harry nickte und machte dem folgenden Flußschiff Zeichen. In jedem Boot saß an Heck und Bug ein Ausguck. Das erste Boot schob sich leise knirschend aufs Ufer, und die anderen folgten in kurzen Abständen.
Harry sprang an Land und lief zu dem Bauernhaus. Die Abdeckung des Brunnens war beiseite genommen worden, und gerade stieg ein Mann unter Schwierigkeiten heraus. Harry packte den Mann am Arm und half ihm. »Harry!« rief jemand aus der Ruine des Bauernhauses, und Calis erschien und winkte ihn zu sich. Harry half dem schwachen Mann noch auf die Beine und setzte ihn in dem Bauernhaus auf den Boden.
»Seid ihr gerade erst angekommen?« fragte Harry »Es dauert länger, als wir geplant haben«, sagte Calis. »Marcus und die anderen sind noch unten und helfen Befreiten beim Aufstieg, doch es geht nur langsam voran. Sie sind schwach, und einige müssen heraufgezogen werden.«
Praji gesellte sich zu den beiden, und Harry sagte: »Holt Seile und macht eine Schlinge, und dann sollen vier starke Männer die schwächeren Gefangenen durch den Brunnen hochziehen.«
Praji eilte davon, und Harry sagte: »Es ist gehupft wie gesprungen; entweder warten wir hier oder draußen in der Bucht.«
Calis nickte. »Nicholas und Amos müßten das Schiff inzwischen gekapert haben.«
»Ich wünsche ihnen viel Glück.« Harry sah zum Himmel hinauf, wo gerade der zweite von Midkemias drei Monden aufging. Der dritte wäre in einer Stunde dran. »Es wird hier draußen bald sehr hell werden.« Es war selten, daß die drei Monde zur gleichen Zeit voll waren, und der Ausdruck »hell wie drei Monde« bedeutete, daß es fast taghell war. »Ist nicht gerade die richtige Nacht, wenn man ungesehen herumschleichen will. Warum das Feuer?«
»Schlechte Neuigkeiten, fürchte ich«, antwortete der Halbelb.
»Anthony sagt, dort hätte jemand eine magische Pest geschaffen und durch das Feuer würde sie zerstört. Wenn wir das Anwesen nicht niedergebrannt hätten, wäre jeder Bewohner dieser Stadt innerhalb eines Monats tot, meint er. Höchstens nach zwei Monaten. Und jeder, der die Stadt verläßt, würde die Seuche verschleppen. Er glaubt, diese Pest könnte die Hälfte der Menschen auf diesem Kontinent töten.«
»Götter! Das ist schlimm!« Harry schüttelte angeekelt den Kopf.
Er betrachtete das Feuer in der Ferne und meinte: »Nun, ich denke, da werden bald einige neugierige Soldaten auftauchen.« Er ließ seinen Blick über die vielleicht zwanzig befreiten Gefangenen schweifen, die schon oben waren, und erkannte einen, einen Pagen, mit dem er Fußball gespielt hatte. Er kniete sich neben ihm nieder und fragte: »Edward, wie geht es dir?«
»Nicht sonderlich gut, Junker«, sagte der Junge und versuchte tapfer zu lächeln. »Aber ich werd’s schon überleben, jetzt wo wir frei sind.« Sein
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