Midkemia Saga 06 - Des Königs Freibeuter
schwören mögen, er hätte Männer vor sich, die er schon einmal getötet hatte. Dann war plötzlich Stille.
Ghuda sagte: »Das waren alle.«
Nicholas nickte benommen. Er war schweißgebadet und blutig, seine Knie zitterten vor Erschöpfung. Sein linker Fuß schmerzte heftig, und seine Seite brannte. Dann erinnerte er sich: »Amos!«
Er rannte zu der Stelle, wo der Admiral lag, und erleichtert sah er, daß er noch atmete. Ghuda kniete sich neben Nicholas nieder und sagte: »Er ist in einem schlechten Zustand. Wir brauchen Anthony.«
Zwei Seeleute hoben Amos vorsichtig auf und brachten ihn in die Kabine des Kapitäns. Nicholas sah sich um und bemerkte, wie ihn alle anstarrten. Plötzlich wurde es ihm klar. Jetzt mußte er den Befehl an Bord übernehmen. »Wer ist der älteste Mann hier?«
»Pickens, glaube ich, Hoheit.«
»Pickens!« rief Nicholas, und eine Stimme antwortete vom Vorderdeck. »Hier!« Ein Mann Ende dreißig kam angelaufen und sagte: »Ja, Hauptmann.«
»Ihr seid jetzt Erster Maat, Pickens. Laßt die Leichen dieser Kerle über Bord werfen.«
»Aye, Hauptmann«, sagte der beförderte Seemann. Er wandte sich an die Mannschaft, die erschöpft und blutig dastand, und sagte: »Ihr habt gehört, was der Hauptmann gesagt hat. Worauf wartet ihr noch?
Werft die Leichen über Bord!«
Ghuda fragte: »Alles in Ordnung?«
Nicholas warf einen Blick auf sein blutiges Hemd. »Ach, das ist nur ein Kratzer. Aber ich mache mir Sorgen um Amos.«
»Er ist ein zäher Kerl«, meinte Ghuda, doch in seiner Stimme schwang ebenfalls Sorge mit.
Nicholas meinte: »Ich habe auf dieser Reise viel von Amos gelernt, und ich bin auch schon früher gesegelt; ich hoffe nur, ich werde mich als Kapitän genauso bewähren wie als Söldnerhauptmann.«
Ghuda senkte die Stimme. »Ihr braucht nur Mr. Pickens zu sagen, was Ihr wollt, und dann soll er sich Gedanken darum machen.«
Nicholas lächelte halb: »Hört sich schlau an.«
Ein Seemann kam an Deck und sagte: »Ho - äh, Hauptmann, unten sind Gefangene.«
Nicholas folgte ihm und rief: »Mr. Pickens!«
»Ja, Hauptmann?«
»Wenn Ihr hier Ordnung geschafft habt, wendet das Schiff und segelt zur Stadt zurück.«
»Aye, Hauptmann.«
Nicholas grinste und meinte zu Ghuda: »Scheint zu klappen.«
Sie gingen zur Hauptluke und blickten nach unten. Ein Dutzend Gesichter blickte sie von unten an. Keine der Gestalten sagte ein Wort.
Ghuda fragte: »Sind das unsere Leute oder die Doppelgänger?«
Nicholas antwortete: »Ich weiß es nicht.« Er fühlte sich überfordert. »Schließt sie ein. Wir klären das, wenn wir die anderen an Bord haben.«
Er stand auf und spürte, wie das Schiff unter ihm schaukelte.
Ghuda nickte ihm zu, und Nicholas verstand. Widerwillig begab er sich zurück zum Achterdeck, wo er nun den Befehl über das Schiff übernehmen mußte.
Pickens stand am Steuerrad. Der Maat rief: »Setzt die Segel.«
In der Takelage taten die Seeleute wie geheißen. Pickens sagte:
»Dieses Schiff ist ein verdammt guter Nachbau, Hauptmann. Ich könnte sie vom richtigen kaum unterscheiden, und ich war zehn Jahre an Bord der Adler .«
»Wie stehen die Dinge?« fragte Nicholas.
»Sechs Verwundete, drei Tote. Noch zehn Minuten, und wir wären auf Grund gelaufen. Warum geht Ihr nicht nach unten und laßt Eure Wunde behandeln?«
Nicholas nickte. »Übernehmt das Steuer, Mr. Pickens!«
»Aye, Sir!« erwiderte der und salutierte.
Nicholas verließ das Achterdeck und ging zu den Soldaten, die sich um die Verwundeten kümmerten. Einer sah ihn, und ohne lange zu fragen half er ihm aus dem Hemd. Nicholas blickte zur Seite, während der Mann die Wunde säuberte, dann hielt er die Arme hoch, als sie verbunden wurde.
Im stillen betete er, daß Harry und die anderen den anderen Teil des Plans genauso erfolgreich durchgeführt hatten.
Harry duckte sich hinter der niedrigen Kajüte des Flußschiffes, als die Pfeile über ihn hinwegflogen. Calis erhob sich ruhig und schoß selbst einen Pfeil ab, dann hockte er sich wieder hinter die Kajüte.
Ein Schrei verkündete, daß er sein Ziel getroffen hatte.
Praji lag flach auf dem Deck und sagte: »Das waren vier. Glaubt Ihr, sie haben begriffen und ziehen sich zurück?«
Harry rief über Praji hinweg Tuka zu: »Wie weit noch?«
»Ich denke, noch hundert Meter, Sab.«
Sie trieben den Fluß hinunter und wurden von berittenen Bogenschützen beschossen, die gekommen waren, um die Ursache des Feuers zu untersuchen. Einer der Flußschiffer
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