Midkemia Saga 06 - Des Königs Freibeuter
Herzogs.«
»Ich weiß«, erwiderte Nicholas. »Marcus hat mir erzählt, er wäre nicht gerade gut bei seiner Arbeit.«
Harry hatte dazu offensichtlich keine Meinung. »Er ist aber ein ganz netter Kerl, nur ein wenig schüchtern. Nuschelt ein bißchen.«
Die Diener führten die beiden jungen Männer zu zwei nebeneinanderhegenden Türen. Nicholas öffnete seine. Das, was er betrat, konnte man höchstens als Zelle bezeichnen. Das Zimmer war kaum drei Meter lang und nur wenig breiter als zwei Meter. Auf dem Boden lag eine Strohmatratze, und eine Ecke des Zimmers wurde von einer kleinen Truhe eingenommen. Ein winziger Tisch, ein Stuhl und eine plumpe Lampe waren die sonstigen Möbelstücke. Nicholas drehte sich zu dem Diener um, der im Fortgehen begriffen war, und fragte: »Wo sind meine Sachen?«
Der Diener sagte: »In einem Lagerraum, Junker. Seine Gnaden sagte, Ihr würdet sie nicht brauchen, bis Ihr Euch wieder zur Abreise fertig macht, also ließ er sie in den Keller bringen. Alles was Ihr braucht, findet Ihr in der Truhe.«
Harry klopfte seinem Freund auf die Schulter. »Nun, Junker Nicky, du solltest dich vielleicht lieber schlafen legen. Wir müssen morgen früh raus.«
»Laß mich nicht verschlafen«, meinte Nicholas.
»Und was ist dir das wert?«
»Wie war’s, wenn ich dich nicht verprügele?«
Harry dachte einen Moment darüber nach und nickte. »Hört sich fair an.« Lachend sagte er: »Mach dir nichts draus. Du wirst dich schon ans das Junkerdasein gewöhnen. Sieh dir mich an; ich war bisher doch gar nicht so ein schlechter.«
Er ging in sein Zimmer, und Nicholas sah Richtung Himmel, als wollte er sagen: »Weil du auch noch nie wie einer arbeiten mußtest.«
Mit einer schlimmen Vorahnung betrat er seine Zelle, schloß die Tür und zog sich aus. Er blies die Lampe aus, suchte sich im Dunkeln den Weg zu der Matratze, legte sich auf den Strohsack und zog die eine Decke über sich. Den Rest der Nacht warf er sich unruhig und voll Angst hin und her.
Nicholas wurde wach, als es klopfte. Er tastete sich im Dunkeln zur Tür, wobei ihm bewußt wurde, daß er, ehe er die Lampe gelöscht hatte, nichts gesehen hatte, womit er sie wieder anmachen konnte. Er fand die Türklinke und öffnete die Tür. Harry, der davor stand, sagte: »Willst du vielleicht so losgehen?«
Nicholas kam sich so in Unterhosen ziemlich dumm vor und meinte: »Ich habe vergessen, nach dem Anzünder zu gucken, ehe ich das Licht gelöscht habe.«
»Er liegt auf dem Tisch, hinter der Lampe, wo er hingehört. Ich mache dir Licht, und du ziehst dich an.«
Nicholas klappte den Deckel der Truhe hoch und fand dort ein einfaches braun-grünes Gewand und eine ebensolche Hose, offensichtlich die Uniform der Junker von Crydee, da Harry das gleiche trug. Er zog sie an, und wenigstens paßten die Sachen einigermaßen. Als er sich die Stiefel anzog, fragte er: »Warum sollen wir eigentlich schon vor der Morgendämmerung auf sein?«
Harry stellte die jetzt brennende Lampe ab, schloß die Tür und meinte: »Bauern, schätze ich.«
»Bauern?«
»Na, du weißt schon. Leute vom Land. Die stehen immer vor Sonnenaufgang auf und gehen mit den Hühnern zu Bett.«
Nicholas grunzte vage zustimmend, während er sich weiter mit seinen Stiefeln beschäftigte. Sein linker Fuß schien leicht geschwollen zu sein, weshalb es schwierig war, den speziell dafür angefertigten Stiefel darüber zu ziehen. »Verdammt«, sagte er, »hier muß es feuchter sein als zu Hause.«
Harry erwiderte: »Hast du das auch schon bemerkt? Den Schimmel auf den Wänden neben deinem Bett hast du wohl noch gar nicht gesehen?«
Nicholas schlug nach Harry, der seiner Hand jedoch mit Leichtigkeit auswich. »Los«, sagte er lachend, »ich will nicht an meinem ersten Tag zu spät kommen.«
Nicholas und Harry waren ganz allein auf dem Gang, und plötzlich meinte Harry: »Wo sind die Diener?«
»Wir sind die Diener, du Dummkopf«, erwiderte Nicholas. »Ich glaube, ich weiß, wo die Zimmer der Familie liegen.«
Nach einigen Fehlversuchen hatten die Jungen endlich den Weg zu den Gemächern der Familie gefunden. Obwohl die Einrichtung hier im Vergleich zu der in Krondor sehr bescheiden aussah, war es doch sehr viel angenehmer als in den beiden Zellen, in denen die Jungen die Nacht verbracht hatten. Nicholas fragte einen Diener, der aus einem Zimmer kam, und der zeigte ihnen die Räume von Lord Martin, Lady Briana und dem jungen Meister Marcus.
Sie nahmen ihre Posten vor den Türen
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