Midkemia Saga 06 - Des Königs Freibeuter
die fast zweihundert Menschen zuzubereiten, die innerhalb der Mauern von Burg Crydee lebten. Der Küchenmeister Megar, ein kräftiger alter Mann, stand in der Mitte der Küche und überwachte die Arbeit seiner Untergebenen. Seine alte Frau, Magya, hielt sich in der Nähe des Herds auf und beobachtete mit aufmerksamem Blick, was dort gekocht wurde. Nicholas verlangsamte seine Geschwindigkeit, ehe er eintrat und sagte: »Küchenmeister, der Herzog und seine Gemahlin reiten heute morgen aus.«
Megar schenkte Nicholas ein freundliches Lächeln. Die Küche hatte sich als der einzige Ort in der Burg herausgestellt, an dem Harry und Nicholas warmherzig begrüßt wurden, denn der alte Koch und seine Frau schienen die Jungen zu mögen. »Ich weiß, Junker, ich weiß.« Er zeigte auf eine Satteltasche, die gerade mit Essen gefüllt wurde. »Aber gut, daß Ihr daran gedacht habt«, fügte er grinsend hinzu. »Und jetzt ab zum Stall mit Euch!«
Freundliches Gelächter schallte Nicholas hinterher, als er aus der Küche eilte und zum Stall jagte. Dort war noch alles ruhig - offensichtlich schlief der alte Rulf, seines Zeichens oberster Stallknecht, noch. Wie der Mann zu seinem Rang gekommen war, blieb Nicholas ein Rätsel, obwohl er gehört hatte, daß schon Rulfs Vater diese Stellung innegehabt hatte. Als der Junge durch den dunklen Stall hetzte, wieherten die Pferde zur Begrüßung, und manche steckten neugierig ihre Köpfe durch die Stalltüren, um zu sehen, ob da vielleicht etwas zu essen kam.
Am gegenüberliegenden Ende des Ganges zwischen den Boxen stieß er fast mit jemandem zusammen, den er in der Dunkelheit übersehen hatte. Ein Gesicht wandte sich ihm zu, und eine leise Stimme sagte: »Still, Junker.«
Pferdemeister Faxon zeigte durch die Tür, und auf dem Stroh lag der stämmige Rulf und schnarchte, daß sich die Balken bogen.
»Solch einen friedlichen Schlaf möchte man gar nicht stören.«
Nicholas versuchte ein Grinsen. »Der Herzog und die Herzogin wollen heute morgen ausreiten, Pferdemeister.«
»Nun, in diesem Fall …« sagte Faxon, nahm einen Wassereimer, trat einen Schritt in den kleinen Raum und leerte den Inhalt auf die schlafende Gestalt. Rulf setzte sich keuchend auf und stieß einen verärgerten Schrei aus. »Grmpf! Was –«
»Du Hornochse!« schrie Faxon, und alle Freundlichkeit war aus seinem Benehmen verschwunden. »Der Tag ist schon halb vorbei, und du liegst noch immer im Bett und träumst von den Mädchen in der Stadt.«
Rulf setzte sich prustend auf, sah Nicholas und kniff für einen Moment die Augen zusammen, als wäre der Junge der Grund seines Elends. Dann wurde er richtig wach und erkannte den Pferdemeister.
»Tut mir leid, Meister Faxon.«
»Herzog Martin und Lady Briana brauchen ihre Tiere! Wenn die Pferde nicht gesattelt vor dem Eingang stehen, wenn sie auf der Treppe erscheinen, dann nagle ich deine Ohren an die Stalltüren.«
Der schwere Mann erhob sich mit verdrießlichem Gesicht, sagte jedoch nur: »Sofort, Meister Faxon.« Er wandte sich zum Heuboden hoch und schrie: »Tom! Sam! Ihr faulen Kerle! Raus aus den Federn!
Hier gibt es Arbeit, und ihr habt mich nicht geweckt, wie ich euch aufgetragen habe!«
Vom Heuboden hörte man als Antwort verschlafenes Grunzen, und einen Augenblick später kletterten die beiden jungen Männer die Leiter herunter. Sie waren nur ein Jahr auseinander, Mitte zwanzig, und beide waren Rulf unübersehbar ähnlich. Er fluchte und zeigte ihnen die Pferde, die sie satteln sollten. Zu Faxon sagte er: »Wird sofort erledigt sein, Meister Faxon.«
Nicholas wandte sich Faxon zu, der seinerseits die drei betrachtete. »Wenn ich es nicht besser wüßte, Junker, würde ich es nicht glauben, aber sie gehen ungewöhnlich gut mit Pferden um.
Rulfs Vater war der Stallknecht von Pferdemeister Algon, als ich noch ein Junge war.«
»Behaltet Ihr Rulf deswegen noch hier?« fragte Nicholas.
Faxon nickte. »Ihr werdet es Euch vielleicht nicht vorstellen können, doch er war ausgesprochen tapfer, als uns die Tsurani während des Spaltkriegs belagerten. Viele, viele Male hat er den Soldaten Wasser gebracht, mitten in die Schlacht hinein und mit nichts anderem als zwei Eimern bewaffnet.«
»Wirklich?«
Faxon grinste. »Wirklich.« Er sah in den Gang hinein, wo Rulf und seine Söhne die Pferde sattelten. »Rulf tut mir leid. Als seine Frau starb, starb mit ihr das einzige Schöne in seinem Leben. Er und seine Söhne haben nur sich und den Stall. Sie haben ihre
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