Midkemia Saga 06 - Des Königs Freibeuter
erreichte Samuels Arbeitszimmer und fragte: »Haushofmeister?«
Samuel bat ihn mit einer Geste herein. Nicholas war nur eine halbe Stunde zuvor bereits hier gewesen, und Samuel hatte ihm da schon mitgeteilt, daß es keine außergewöhnlichen Aufgaben zu erledigen gab. Der Haushofmeister sah sich um, als suche er nach etwas, dann sagte er: »Ich habe nichts für dich zu tun, Junker.
Warum gehst du nicht wieder auf dein Zimmer und gönnst deinem Fuß ein wenig Ruhe?«
Nicholas nickte und verließ das Arbeitszimmer, obwohl er kaum Lust verspürte, noch einen weiteren Tag im Bett zu liegen. Er kehrte in sein Zimmer zurück und warf sich auf seine Strohmatratze. Da er den ganzen gestrigen Tag fast nur geschlafen hatte, war er nicht müde, und außerdem piekste ihn das Stroh. Und er war hungrig.
Nach ein paar Minuten erhob er sich von seinem Lager und machte sich zur Küche auf. Als er dort ankam, ließ ihm der Geruch nach Essen das Wasser im Munde zusammenlaufen. Magya überwachte die Dienstboten der Küche. Sie lächelte Nicholas an und winkte ihn zu sich.
»Fühlt Ihr Euch heute besser, Junker?« fragte die alte Frau. Trotz ihres Körperumfangs bewegte sie sich hurtig durch die Küche.
»Ja, aber ich kann noch nicht wieder richtig arbeiten, meint der Herzog.«
Sie kicherte. »Aber Hunger habt Ihr schon wieder?«
Er lächelte. »So in der Art.«
Sie klopfte ihm auf die Schulter. »Wir werden schon etwas für Euch auftreiben.«
Sie zeigte auf ein Tablett, welches Nicholas nahm. Dann schaufelte sie aus einem brodelnden Topf Haferbrei in eine Schüssel, streute Zimt darüber, beträufelte das Ganze reichlich mit Honig und goß zum Schluß Milch darüber. Sie stellte die Schüssel auf das Tablett, schnitt eine Scheibe heißes Brot und eine dicke Scheibe Schinken ab und schickte Nicholas damit zu einem kleinen Tisch in einer Ecke.
Megar kam mit zwei Küchenjungen herein, von denen jeder einen Korb mit Eiern trug. Er gesellte sich zu seiner Frau und Nicholas an den Tisch. »Guten Morgen, Junker«, sagte Megar und lächelte freundlich.
Nicholas sagte: »Habt Ihr Ghuda und Nakor gesehen? Seit dem Spiel habe ich sie nicht mehr zu Gesicht bekommen.«
Megar und Magya wechselten einen Blick. »Wen?« fragte Megar.
Nicholas beschrieb sie. »Ach, die beiden«, meinte Magya.
»Den kleinen Kerl habe ich letzte Woche ein paar Mal mit Anthony reden sehen. Der große ist mit einer Patrouille unterwegs, nur so aus Spaß, hat er gesagt. Ist gestern morgen aufgebrochen.«
Nicholas seufzte. Sie waren zwar keine richtigen Freunde, doch er kannte sie, abgesehen von Harry, besser als alle anderen Leute hier in der Burg. Der Koch und seine Frau waren sehr nett, doch sie verbrachten nur aus Höflichkeit ein paar Augenblicke mit ihm und mußten danach wieder an ihre Arbeit gehen.
Während Nicholas aß, fragten sie ihn darüber aus, was er vom Leben in Crydee hielt, und wollten anschließend alles über die Reise wissen. Als der Pug erwähnte, lächelten sie versonnen, halb traurig und halb freudig. »Er war wie unser Sohn«, sagte Megar. »Er war unser Pflegekind.«
Nicholas schüttelte den Kopf. Das hatte er nicht gewußt. Megar erzählte ihm ein bißchen über Pug und über Tomas, ihren eigenen Sohn. Während sie die Geschichte ihres Lebens vor ihm ausbreiteten – wobei sie sich immer wieder stritten, wer sich richtig an die Dinge erinnerte –, entstand vor Nicholas’ innerem Auge ein Bild.
Er kannte Amos’ Geschichten über den Spaltkrieg, und manchmal hatte er auch seinen Vater überreden können, etwas zu erzählen, doch die Erinnerungen von Megar und Magya waren das Ergreifendste, was er je über diese Ereignisse gehört hatte. Die Art, wie das alles untrennbar mit ihrem eigenen Leben zusammenhing, die Anzahl der Eimer Wasser, die sie zur Mauer geschleppt hatten, die vielen zusätzlichen Essen, die zubereitet werden mußten, wie sie dies oder jenes bewerkstelligt hatten, wenn Mahlzeiten kalt geworden waren, weil sich das Küchenpersonal um die Verwundeten kümmern mußte – aus allen diesen Einzelheiten ergab sich für Nicholas ein weit lebendigeres Bild, als es selbst Amos heraufbeschwören konnte.
Nicholas fragte zwischendurch ein oder zweimal nach, und plötzlich sah der Junge auch Pug ganz anders. Nicholas mußte lächeln, als Megar erklärte, wie schwer es Pug als Kind gehabt hatte, weil er der kleinste gewesen war, und wie Tomas ihn beschützt hatte.
Magyas Augen leuchteten, als sie erzählte, wie Tomas an
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