Midkemia Saga 06 - Des Königs Freibeuter
die Grauen Türme erhoben; der Juwelenhändler würde es mit Dolgan, dem dortigen König der Zwerge, zu tun bekommen, wenn er nach Caldara kam, einer Ortschaft, die eine Wochenreise landeinwärts lag.
Der andere war ein Reisender aus Queg, ein Stoff- und Parfümhändler, der den Nachmittag über mit seinen feinen Seiden und Düften die Aufmerksamkeit der Mädchen auf sich gezogen hatte. Margaret gefielen Jagdleder und einfache Gewänder besser, obwohl sie bei Hofe angemessene Kleider und angemessenen Schmuck trug; doch Abigail und die meisten Töchter der reicheren Händler der Stadt hatten bei dem Händler eingekauft, wodurch sich seine Reise schon gelohnt hatte, noch ehe er Carse und Tulan auf seinem Rückweg besucht hatte.
Der Händler hieß Vasarius, und irgend etwas an ihm machte Nicholas stutzig. Vielleicht die lüsterne Art, wie er dauernd Margaret und Abigail anstarrte. Wenn Nicholas ihn dabei erwischte, wandte er rasch die Augen von den Mädchen ab und lächelte ihn an, als hätte er nur den Blick im Saal schweifen lassen.
Nach dem Essen versammelten sich die Händler vor dem Herzog und seiner Gemahlin, und es wurden noch einige Zeit belanglose Gespräche geführt, ehe die Gäste entlassen wurden. Vasarius hatte, wie Nicholas aufgefallen war, nur mit Charles und Faxon geredet, während die anderen Händler versucht hatten, die Aufmerksamkeit des Herzogs auf sich zu ziehen.
Nicholas wollte seine Beobachtung schon Harry mitteilen, als sich Marcus näherte. »Wir gehen morgen jagen«, sagte er. »Ihr beide werdet jetzt alles vorbereiten, was wir brauchen. Am besten nehmt Ihr Euch zwei Diener mit.«
Nicholas nickte, während Harry gerade noch ein Murren zurückhalten konnte. Sie eilten hinaus und winkten zwei Dienern zu, ihnen zu folgen. Nicholas sah über die Schulter zurück; Abigail hatte seinen Aufbruch bemerkt. Sie winkte ihm zu und wünschte ihm eine gute Nacht. Dann sah Nicholas das verdrießliche Gesicht von Marcus. Nicholas lächelte in sich hinein. So gut hatte er sich nicht gefühlt, seit er in Crydee eingetroffen war.
Es war spät, als Nicholas und Harry mit den Vorbereitungen für die Jagd fertig waren. Sie würden zwei, drei Tage unterwegs sein, doch die Gruppe würde aus wenigstens einem halben Dutzend Leute bestehen – Martin, Marcus, Nicholas, Harry, Ghuda und Nakor –, also mußte einiges an Ausrüstung zusammengestellt werden.
Nachdem sie eine Weile verwirrt herumgestanden hatten und nicht wußten, wo sie anfangen sollten, hatten die Jungen den erfahreneren Dienern die Arbeit überlassen und größtenteils nur zugesehen, außer als es um die Waffen ging. Die beiden Junker waren dafür verantwortlich, und inzwischen wußten sie, welche Waffen Martin und Marcus bevorzugten. Wie sein Vater war Marcus ein hervorragender Bogenschütze und mochte den Langbogen am liebsten.
Als alles fertig war, gingen Nicholas und Harry zurück in den großen Saal. Nicholas ließ seinen Freund allein und trat zum Herzog.
Martin unterbrach sein Gespräch mit einem der Händler aus dem Ort und fragte: »Ja, Junker?«
Nicholas antwortete: »Es ist alles für morgen vorbereitet, Euer Gnaden.«
»Gut. Ich brauche Euch heute abend nicht mehr, Junker. Wir brechen morgen beim ersten Licht auf.«
Nicholas verbeugte sich und ließ Martin mit seinen Gästen allein.
Harry stand einsam herum. Nicholas ging zu ihm. »Ich glaube, ich ziehe mich zurück. Morgen brechen wir früh auf.«
»Lady Margaret hat fallen lassen, daß sie noch ein wenig im Garten der Prinzessin Spazierengehen wollte.«
»Na, dann solltest du dich ihr vielleicht anschließen«, sagte Nicholas. »Das ist deine Chance.«
Harry grinste. »Abigail begleitet sie.«
Nicholas grinste ebenfalls. »Worauf warten wir noch?«
Mit einem deutlichen Mangel an Schicklichkeit verließen die Jungen den Saal des Herzogs. Sie rannten fast.
Als die Jungen die drei Stufen zum Garten der Prinzessin hinuntersprangen, blickten sich Margaret und Abigail an. Margaret lächelte zufrieden und belustigt; Abigail freute sich ebenfalls, lächelte jedoch nur schüchtern.
Beide Jungen blieben abrupt stehen und verneigten sich mit einem hohen Maß höfischer Würde. Nicholas grinste unsicher und sagte: »Guten Abend, meine Damen.«
»Guten Abend, Junker«, erwiderte Margaret.
»Guten Abend, Hoheit«, sagte Abigail leise.
Die beiden Jungen gesellten sich zu den Mädchen, Nicholas zu Abigail und Harry zu Margaret. Beide schwiegen einen Augenblick lang, dann
Weitere Kostenlose Bücher