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Midleifcrisis

Midleifcrisis

Titel: Midleifcrisis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif Lasse Andersson
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Erfordernissen der feindlichen Umwelt an. Wir täuschen überbordende Zuneigung zu vaterlosen Scheidungswaisen vor, deuten gewaltige romantische Goldadern in unseren verschütteten Seelen an und prahlen mit einem Einfühlungsvermögen, das keiner von uns in den Genen hat, seit wir damals das erste Mammut mit der Keule erschlugen. Wir schwatzen und schwadronieren uns in jedes erreichbare Bett und lassen die Maskerade erst nach getanem Beischlaf fallen. Dies führt in den Foren rund um die Flirtbörsen zu einer erbitterten Klageflut enttäuschter Mädels. »Warum sagt ihr nicht einfach«, beschweren sich diese, »dass ihr bloß ficken wollt, warum müsst ihr uns vorher auch noch unsere Herzen brechen?« Die Antwort ist unpopulär und liegt dennoch auf der Hand: weil wir sonst gar nicht mehr zum Vögeln kommen würden!
    Dies alles führt im Verhältnis von Internettyp und digitaler Tussi zu einem sich immer schneller drehenden Kreisverkehr aus Halbwahrheiten und Unaufrichtigkeiten. Die so oft enttäuschten Frauen konkurrieren mit immer stärker getunten Fotos und absurd geflunkerten Altersangaben um die wenigen männlichen Exemplare, die den finalen Bindungsbeischlaf wirklich lohnen. Wir Kerle wehren uns mit immer neuen Varianten des immer gleichen Täuschungsmanövers. Und wir sehen uns durch die lausige Erfolgsquote gezwungen, es bei immer mehr Frauen gleichzeitig zu probieren.
    Auch ich habe zunächst meine Probleme, regelmäßig zum Sex zu kommen, aber ich bin ein systematischer Mann und obendrein Werbeprofi, ich beschließe daher, zunächst eine vernünftige Marktanalyse zu erstellen, auf dass ich, darauf basierend, eine passende Marketingstrategie entwickeln kann.
    Ich erschaffe gleich drei unterschiedliche Männerprofile, klaue mir die Fotos auf amerikanischen Websites zusammen und stelle den biederen Normalo Fred, Muckimann Torben und einen recht lässigen Dreitagebärtler namens John ins Netz und verändere im 3-Tages-Rhythmus die Texte.
    Mich überrascht, dass mein kahlköpfiges Türsteherdouble trotz seiner gewaltigen Oberarme überhaupt keinen Schlag bei den Mädels hat. Ich kann texten, was ich will, Torben kriegt keine Frau an den Start und nach Abschluss meiner Studien fürchte ich, dass die Muckibuden dieser Welt von einem Haufen ernsthaft untervögelter Muskelberge bevölkert werden.
    Was funktioniert, ist erwartungsgemäß die romantische Wildheit meines Dreitagebärtlers John. Bei ihm herrscht reger Zulauf aus meiner zentralen Zielgruppe der 25- bis 30-Jährigen. Ungerechterweise ist es total egal, was für Texte bei ihm im Profil stehen, selbst als ich Johns Selbstdarstellung auf ein abschreckendes »Ich will definitiv nur das Eine« reduziere, gehen die Mädels noch dutzendweise steil. Allerdings eröffnet mir diese Erkenntnis keinerlei Handlungsoptionen: Ich sehe halt nicht aus wie eine Mischung aus Kevin Kostner und Kurt Cobain und mit Dreitagebart wirke ich lediglich ungepflegt.
    Bei den zumeist in Existenznöten schwebenden Singlemamas funktioniert dafür die behäbig zur Schau gestellte Bürgerlichkeit meines Durchschnitts-Freds, der wirklich nicht besonders hübsch aussieht, aber als ich im Text immer mehr dezente Hinweise auf die Eigenimmobilie gebe, die schönen Floridaurlaube erwähne, ohne die Fred nicht mehr leben möchte, und das Ganze noch mit triefender Romantik und brennendem Kinderwunsch verbräme, kann sich Fred vor alleinerziehenden Mamas schlicht nicht mehr retten. Das ist doch wenigstens mal ein vielversprechender Ansatz.
    Weil aber Marktanalysen nichts taugen, in denen nicht auch das Potenzial der Konkurrenz untersucht wird, beerdige ich meine drei Herren nach zwei Wochen und erschaffe drei unterschiedliche Frauenprofile. Nach wenigen Tagen entwickele ich großes Verständnis für alle Mädels, die mir in meinem Leben nicht geantwortet haben. Ich erhalte pro Frauen-Dummy zwischen 30 und 50 Anschreiben pro Tag, das kann kein Mensch lesen, also gewöhne ich mir an, alles zu müllen, was mich nicht in den ersten zwei Sätzen irgendwie verblüfft, erheitert oder gerührt hat.
    Etwa 30 Prozent aller Herren fragen ohne größeren Anlauf in der ersten Mail: »Ficken?« oder »Hast du nicht auch mal wieder Bock, so richtig geleckt zu werden?« Manche werben gar mit einem klar formulierten »Dauerständer sucht Betätigungsfeld!«.
    Dies alles wirft kein allzu gutes Licht auf meine Geschlechtsgenossen, erklärt andererseits aber auch, warum ich doch wenigstens sporadisch erfolgreich

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