Midnight Breed 02 - Gefangene des Blutes-neu-ok-10.11.11
nun folgte, ballte sich in ihrem Magen die Angst
zu einem harten Knoten zusammen.
„Wir haben da ein ernstes
Problem. Tess .“
O Gott.
Der war jetzt stinksauer, und er wusste ihren Namen.
Im Hinterkopf registrierte Tess,
dass der Mann nicht nur bei Bewusstsein war, an sich schon ein Ding der
Unmöglichkeit, sondern sich außerdem auf geradezu wundersame Weise von seinen
Verletzungen erholt hatte. Unter dem Dreck und der verschmierten Asche, die
seine Haut bedeckten, waren die schrecklichen Kratzer und Schnitte verheilt.
Seine schwarze Drillichhose war an der Wunde am Bein zerrissen und
blutgetränkt, aber er blutete nicht mehr. Genauso verhielt es sich mit der
Schusswunde in seinem Unterbauch. Durch den zerfetzten Stoff seines schwarzen
T-Shirts hindurch sah Tess nur die glatten Wölbungen seiner Muskeln und
makellose, hellbraune Haut.
War das Ganze etwa irgend so ein
kranker Halloweenstreich?
Das glaubte sie nicht, und sie
wusste, sie tat gut daran, sich diesem Typen gegenüber nach wie vor in Acht zu
nehmen.
„Mein Freund weiß, dass ich hier
bin. Er ist wahrscheinlich schon unterwegs hierher. Wahrscheinlich hat er sogar
schon die Polizei angerufen …“
„Du trägst da ein Mal an der
Hand.“
„Wwas?“
Seine Stimme klang anklagend,
und jetzt zeigte er auf sie, auf ihre rechte Hand, die zitternd auf ihrem Hals
lag.
„Du bist eine Stammesgefährtin.
Von heute Nacht an gehörst du mir.“
Seine Mundwinkel kräuselten sich
beim Sprechen, als seien seine Worte ganz und gar nicht nach seinem Geschmack.
Tess gefielen sie auch nicht unbedingt. Sie zog sich einige Schritte zurück und
spürte, wie ihr das Blut aus den Wangen wich. Er ließ sie keine Sekunde aus den
Augen.
„Hören Sie, ich weiß nicht, was
hier los ist. Ich weiß nicht, was heute Nacht mit Ihnen passiert ist oder wie
Sie in meine Klinik gekommen sind. Ich weiß nicht, wie es sein kann, dass Sie
jetzt so vor mir stehen können, nachdem ich Ihnen genug Betäubungsmittel
verpasst habe, um zehn Männer …“
„Ich bin kein Mensch, Tess. Ich
bin … etwas anderes.“
Darüber hätte sie verächtlich
gelacht, wenn er nicht so todernst geklungen hätte. So tödlich ruhig.
Er war verrückt.
Klar. Natürlich war er das.
Ein entlaufener, psychotischer,
rasender Irrer.
Das war die einzige Erklärung,
die sie finden konnte, als sie ihn voller Schrecken anstarrte, wie er Schritt
für Schritt näher kam, seine schiere Macht und Größe sie mit dem Rücken an die
Wand zwangen.
„Du hast mich gerettet, Tess.
Ich habe dir keine Wahl gelassen, aber dein Blut hat mich geheilt.“
Tess schüttelte den Kopf. „Ich
habe Sie gar nicht geheilt. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob Ihre
Verletzungen überhaupt real waren. Vielleicht dachten Sie nur, dass sie es
wären …“
„Sie waren real“, sagte er,
einen schwachen, rollenden Akzent in seiner tiefen Stimme. „Ohne dein Blut wäre
ich krepiert. Aber als ich eben von dir getrunken habe, habe ich etwas mit dir
getan. Etwas, das ich nicht rückgängig machen kann.“
„O mein Gott.“ Tess überkam eine
Welle von Schwindel, plötzlich war ihr schlecht. „Reden Sie von HIV? Bitte
sagen Sie mir nicht, dass Sie AIDS haben …“
Er winkte ab. „Das sind
menschliche Krankheiten“, sagte er.
„Dagegen bin ich immun. Und du
auch, Tess.“
Irgendwie wurde ihr durch diese
absurde Aussage nicht besser. „Hören Sie auf, mich so zu nennen. Hören Sie auf,
so zu tun, als wüssten Sie irgendetwas über mich …“
„Ich erwarte nicht, dass es dir
leicht fällt, das zu verstehen.
Ich werde versuchen, es dir so
gut zu erklären, wie ich kann.
Weißt du, du bist eine
Stammesgefährtin, Tess. Das ist für meine Spezies etwas sehr Besonderes.“
„Für Ihre Spezies?“, fragte sie
missmutig. Allmählich hatte sie genug von diesem Spiel. „Also schön, ich gebe
auf. Was genau ist Ihre Spezies?“
„Ich bin ein Krieger. Ein
Angehöriger des Mitternachtsstammes.“
„Ein Krieger. Na gut. Und Stamm,
so wie … was für ein Stamm?“
Einen langen Augenblick lang sah
er sie nur an, als wollte er seine Antwort abwägen. „Ich bin ein Vampir, Tess.“
Heilige Muttergottes auf
Rollschuhen, der war ja wirklich komplett durchgeknallt.
Oder liefen geistig Gesunde
vielleicht herum und gaben sich als blutsaugende Ungeheuer aus? - Oder noch
schlimmer, führten sie ihre perversen Fantasien in der Realität aus, so wie der
Typ es mit ihr gemacht hatte?
Allerdings blieb die Tatsache
bestehen, dass
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