Midnight Breed 02 - Gefangene des Blutes-neu-ok-10.11.11
stille Straße
fuhr.
Als sie fort waren, schloss Ben
die Eingangstür und wandte sich Tess zu. „Und dir geht’s wirklich gut, bist du
sicher?“
Sie nickte und seufzte tief.
„Ja, alles in Ordnung. Tut mir leid, dass du dir Sorgen gemacht hast. Ich muss
am Schreibtisch eingeschlafen sein und das Telefon runtergeworfen haben.“
„Nun, ich kann’s nur
wiederholen, es ist nicht gut, dass du so spät nachts noch arbeitest. Das ist
hier nicht die sicherste Gegend, das weißt du.“
„Ich hatte hier noch nie
Probleme.“
„Es gibt immer ein erstes Mal“,
sagte Ben grimmig. „Komm, ich bring dich nach Hause.“
„Bis ganz raus nach North End?
Das musst du doch nicht machen. Ich nehme mir einfach ein Taxi.“
„Heute Nacht nicht.“ Ben hob
ihre Handtasche auf und hielt sie ihr hin. „Ich bin hellwach, und draußen steht
mein Kleinbus.
Na komm schon, Dornröschen.“
6
Dante stieg im Hauptquartier der
Stammeskrieger aus dem Fahrstuhl. Er roch und sah genauso mies aus, wie er sich
fühlte.
Er befand sich jetzt etwa
zweihundert Meter unter einer der reichsten Adressen von Boston: dem von
Sicherheitszäunen umgebenen Anwesen auf Straßenniveau, das dem Orden gehörte.
Die ganze Fahrt nach unten hatte er sich nichts als Vorwürfe gemacht. Gerade
noch hatte er es nach drinnen geschafft, nur Minuten, bevor die Morgendämmerung
ihre bleichen Finger über die Stadt ausstreckte und begann, seine
UV-allergische Haut zu rösten wie ein nettes Grillsteak.
Was zugegebenermaßen der
perfekte Abschluss einer Nacht gewesen wäre, über der in Neonbuchstaben SCHIMPF
UND SCHANDE geschrieben stand.
Dante ging eilig den grellweißen
Korridor entlang, der sich wie ein unterirdisches Labyrinth durch das Herz des
Hauptquartiers wand. Er brauchte jetzt eine heiße Dusche und eine Mütze Schlaf.
Er wollte nichts, als die Tagesstunden allein in seinem Privatquartier zu
verschlafen. Vielleicht konnte er die nächsten zwanzig Jahre schlafen, lange
genug, um sich nicht mit dem Chaos beschäftigen zu müssen, das er heute Nacht
an der Oberfläche angerichtet hatte. Rettungslos verfahrene Scheiße.
„Morgen, D.“
Dante murmelte einen
unterdrückten Fluch, als er die Stimme hörte, die ihn vom anderen Ende des
Ganges rief. Es war Gideon, Computergenie und rechte Hand von Lucan, dem
ehrwürdigen Anführer des Ordens. Gideon hatte das Hauptquartier komplett
verkabelt; vermutlich hatte er Dantes Ankunft schon von dem Moment an
mitverfolgt, als er das Gelände betreten hatte.
„Wo warst du, Mann? Du hättest
schon vor Stunden deinen Status durchgeben sollen.“
Dante drehte sich langsam in dem
langen Korridor um.
„Mein Status ist ein wenig
aufgemischt worden, sozusagen.“
„Was du nicht sagst“, antwortete
der andere Vampir, während er ihn über den Rand seiner eckigen, hellblau
getönten Sonnenbrille schräg ansah. Er lachte in sich hinein, schüttelte seinen
stacheligen, blonden Haarschopf. „Mann, siehst du vielleicht scheiße aus. Und du
stinkst wie eine Giftmülldeponie.
Was zum Henker ist denn mit dir
passiert?“
„Lange Geschichte.“ Dante wies
auf seine zerfetzten, blutbesudelten, völlig durchweichten Sachen, nach seinem
Trip flussabwärts im Mystic River starrten sie vor Dreck, Schlamm und weiß Gott
was sonst noch allem. „Ich erzähl’s dir später. Jetzt brauch ich erst mal ’ne
Dusche.“
„Schon eher ’ne
Autowaschanlage“, pflichtete ihm Gideon bei. „Aber das muss noch etwas warten.
Wir haben Gäste im Techniklabor.“
Dante spürte Unmut in sich
aufsteigen. „Was für Gäste?“
„Oh, das wird dir gefallen.“
Gideon zeigte mit dem Kopf in Richtung Labor. „Komm schon. Lucan will, dass du
dabei bist und deinen Senf dazugibst.“
Dante stieß einen tiefen Seufzer
aus und ging neben Gideon her. Das Techniklabor, die Überwachungs- und
Logistikzentrale, wo die Vampire meistens ihre Versammlungen abhielten, lag
einige Korridorwindungen entfernt. Als die Glaswand in Sicht kam, sah Dante
schon von Weitem, dass auch die drei anderen Krieger dort waren, seine Ersatzfamilie:
Lucan, der dunkle Anführer des Ordens; Nikolai, ihr ungestümer Experte für
Schusswaffen und technische Geräte; und Tegan, nach Lucan der Älteste und das
tödlichste Individuum, das Dante je getroffen hatte.
Zwei Mitglieder des Ordens
fehlten seit Kurzem. Rio, der vor ein paar Monaten bei einem Hinterhalt der
Rogues schwer verletzt worden war und noch auf der Krankenstation lag, und
Conlan, der um die gleiche
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