Midnight Fever: Verhängnisvolle Nähe (German Edition)
bestimmt. »Stark und engagiert. Die russische Mafia beobachtet uns derzeit. Sie überlegen, aus Portland ein neues Wladiwostok zu machen. Geld und Leute strömen in die Stadt. Die Zeichen sind eindeutig. Stünde Sanchez an der Spitze, würden sie sich das anders überlegen. Dem entgeht nichts.«
Parks nickte.
»Außerdem ist Mansfield ein geiler alter Bock«, warf Claire unerwartet ein, und beide drehten überrascht den Kopf. »Bei einer Spendengala hat er mich in den Po gekniffen, und als ich ihm das auf den Kopf zusagte, behauptete er, der Kellner sei es gewesen, ein armer pakistanischer Junge, und wollte ihn sogar rauswerfen lassen. Er hat mich so fest gekniffen, dass ich eine Woche lang grün und blau war.«
Bud rauschte es in den Ohren. Es dauerte einen Moment, bis er die Sprache wiedergefunden hatte. Dann klang seine Stimme belegt vor Zorn. »Verdammt noch mal. Er hat dich gekniffen? Robert Mansfield hat dich in den Hintern gekniffen?« Mansfield war ein toter Mann. Bud erhob sich halb vom Stuhl, bereit, loszulaufen und den Kerl zu Brei zu schlagen. »Dieser verdammte Schw…«
»Ich denke, wir ziehen uns jetzt in die Bibliothek zurück, meine Liebe«, unterbrach Parks mit zittriger Stimme. Er war alt, aber ein kluger Kopf mit einem guten Gespür für die Situation. Er hatte soeben eine Szene verhindert. Bud brauchte eine volle Minute, um sich zu beruhigen und die Fäuste zu lösen.
Im vornehmsten Haus von Portland benutzte man keine Schimpfwörter, man hatte sich stets in der Gewalt. Bud hätte sich geschämt, doch der Gedanke, dass dieses Arschloch von Mansfield Claire gekniffen hatte, brachte ihn auf hundertachtzig. Er konnte kaum still sitzen bleiben.
»Keine Zigarre, Daddy«, sagte Claire ernst und wackelte mit dem erhobenen Zeigefinger. »Und keinen Brandy. Du darfst einen Sherry trinken. Einen.«
Der alte Mann seufzte tief und mitleiderregend. »Ja, meine Liebe.« Er wandte sich Bud zu und öffnete die schmalen, altersfleckigen Hände zu einer vielsagenden Geste:
Sehen Sie, was ich durchmache?
»Da haben Sie es, Lieutenant. Ich habe keine Freiheiten mehr. Meine Tochter, mein eigen Fleisch und Blut, nimmt mir nach und nach jeden Genuss.« Schwer seufzend blickte er auf den orientalischen Teppich und schien über die Ungerechtigkeiten des Lebens zu sinnieren.
In Wirklichkeit gab er Bud eine Minute Zeit, um sich zu fassen. Wutausbrüche kamen im Speisezimmer der Parks wahrscheinlich selten vor.
Claire ging um den Tisch herum – bei dem langen Möbelstück dauerte es eine Ewigkeit – und reichte ihrem Vater die Hand, half ihm aus dem Stuhl und legte einen Arm um seinen Rücken. So standen sie einen Moment lang da und lächelten sich an. Dann gab sie ihm einen Kuss auf die runzlige Wange.
Sie gaben ein hübsches Bild ab, die schöne, junge Tochter und der alte, distinguierte Vater in dem von Kerzenschein erhellten eleganten Esszimmer, wo alles von Vornehmheit und Kultiviertheit sprach. Jetzt entdeckte Bud die Ähnlichkeit der beiden. Weniger in den Gesichtszügen als in der Ausstrahlung und Haltung. Sie besaßen die gleiche heitere Anmut.
Was zum Teufel tat er hier? Zwischen den antiken Möbeln und Kunstwerken, in dieser Atmosphäre zeitloser Eleganz hatte er überhaupt nichts zu suchen.
Er wusste genau, warum der alte Knabe ihn in die Bibliothek mitnehmen wollte. Er könnte ihm seine Rede schreiben.
Ich bin Ihnen äußerst dankbar, Lieutenant, weil Sie meiner Tochter das Leben gerettet haben. Wenn ich Ihnen einen Wunsch erfüllen kann, ganz gleich welchen, Sie brauchen es nur zu sagen. Aber Sie werden sicher verstehen, dass eine Beziehung zwischen Ihnen und meiner Tochter unmöglich ist …
Blablabla.
Das Gemeine war, dass Parks recht hatte. Sie waren ein unmögliches Paar.
»Lass es nicht so lang werden, Daddy. Ich möchte heute früh zu Bett gehen.« Hinter dem Rücken ihres Vaters zwinkerte Claire Bud zu und lächelte warm. In dem Moment wurde Bud etwas klar.
Eigentlich hatte er es schon gewusst. Diese starke Anziehung auf den ersten Blick, dann der intensive Sex, bei dem er sich selbst kaum wiedererkannte. Wenn sie nur im selben Raum mit ihm war, hatte er dieses komische Gefühl in der Brust. Das war ihm so neu, dass er volle zwei Tage gebraucht hatte, um zu kapieren, dass er glücklich war. Er liebte Claire Parks. Trotzdem hatte er sich dafür gewappnet, sie gehen zu lassen.
Doch jetzt lächelte sie ihn an, und plötzlich stand es für ihn felsenfest.
Auf gar keinen Fall würde er
Weitere Kostenlose Bücher