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Midnight Fever: Verhängnisvolle Nähe (German Edition)

Midnight Fever: Verhängnisvolle Nähe (German Edition)

Titel: Midnight Fever: Verhängnisvolle Nähe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Marie Rice
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saugte sie grobschlächtige Unterschichttypen wie ihn ein, die in ihrem Leben noch von keinem Tischtuch gespeist, sondern oft direkt aus der Konservendose gegessen hatten, und spuckte sie am anderen Ende als Kampfroboter mit Manieren aus.
    Daher wusste er, wie man das viele Besteck benutzte, und sogar, in welcher Reihenfolge, obwohl er außerhalb der Offiziersmesse und abgesehen von dem jährlichen Dinner mit dem Police Commissioner keine Gelegenheit hatte, das Wissen anzuwenden. Jedenfalls würde er sich nicht blamieren. Er würde weder den Rotwein aus dem Wasserglas trinken noch mit dem Fleischmesser Butter verstreichen oder das Wasser aus der Fingerschale trinken. Trotzdem war ihm zutiefst unbehaglich.
    Warum war er eigentlich hier?
    Weil Claire und ihr Vater darauf bestanden hatten. Der alte Parks hatte sich ihm gegenüber immer sehr dankbar gezeigt, was Bud verlegen machte. Als er damals mit der Schusswunde im Krankenhaus lag, hatte Parks ihm einen Scheck über eine unanständig hohe Summe gesandt, den Bud postwendend zurückgeschickt hatte.
    »Noch etwas Roastbeef, Lieutenant?« Köchin Rosa strahlte ihn an und hielt ihm eine Servierplatte hin, die so groß war wie seine Schreibtischunterlage. Rosa war auch so ein Fall.
    Als er argwöhnisch und auf alles gefasst das Haus betreten hatte, war eine grauhaarige Kugel gegen ihn geprallt, die ihm bis ans Brustbein reichte. Sie zog ihn ungestüm in eine weiche Umarmung und rief: »Sie haben sie gerettet! Sie haben sie gerettet,
la mia bambina
!« Mit einem starken italienischen Akzent. Zwei Sekunden später brach sie zusammen und heulte Rotz und Wasser.
    Das machte ihn restlos verlegen. Claire und ihr Vater rührten keinen Finger, um ihn zu befreien. Sie standen nur dabei und schauten nachsichtig zu, wie Rosa ihm das nagelneue Anzughemd nass weinte und er ihr unbeholfen auf den Rücken klopfte.
    Seit er nun am Tisch saß, tat Rosa nichts anderes, als ihn mit Essen zu versorgen. Sie häufte ihm den Teller voll, nein,
die
Teller – es war bereits der fünfte. Es schmeckte fantastisch, und er ließ keinen Bissen liegen, weil Rosas Unterlippe zu zittern anfing, wenn er einen Nachschlag ablehnen wollte, selbst noch bei der dritten Portion. Allmählich fühlte er sich wie ein gestrandeter Wal.
    »Tyler, mein Junge«, sagte Horace Parks lächelnd, »Sie müssen das Kartoffelgratin probieren. Das ist Rosas Spezialität.« Ausgerechnet er musste ihn dazu auffordern. Er hatte in seinem Essen nur herumgestochert. Er war ein sehr alter Mann, gebrechlich und dünn, aß wie ein Vögelchen. Er strahlte Bud an. »Sie müssen bei Kräften bleiben.«
    Eigentlich hätte Bud jetzt knallrot werden müssen. Der alte Parks ahnte wohl, wie er an dem Wochenende Kalorien verbrannt hatte.
    Rosa himmelte Bud an und legte ihm noch eine Scheibe von dem rosa Roastbeef auf den Teller. Die vierte. Dann bekam er eine Portion Kartoffelgratin, die für ein Pferd gereicht hätte. Bud wurde es immer unbehaglicher. Er kam sich vor wie ein Opfertier, das gemästet wurde. Warum wurde er dermaßen mit Essen vollgestopft?
    »So ist’s recht, Tyler, mein Junge.« Der alte Parks strahlte. »Wir wollen doch Rosa nicht enttäuschen, nicht wahr? Sie hat für Sie den ganzen Tag gekocht.«
    »Ja, Lieutenant Tyler«, flötete Claire mit leiser Ironie. »Nehmen Sie noch etwas vom Fleisch. Machen Sie Rosa glücklich.«
    Seit sie seinen wirklichen Namen und seinen Beruf kannte, hatte sie diesen Ton. Ja, er hieß Tyler Morrison, war aber sein Leben lang Bud gerufen worden. Gut, er hatte ihr nicht erzählt, dass er Polizist war, aber hauptsächlich, weil er vor lauter Sex nicht dazu gekommen war. Und überhaupt, sie sollte sich melden!
    Er drehte den Kopf und sah sie mit schmalen Augen an. »Sehr gern, Ms Schuyler.« Wenigstens hatte sie den Anstand, ein bisschen rot zu werden. Er hatte nur ein paar Fakten weggelassen, während sie ihn permanent belogen hatte. Claire Schuyler, ha!
    Parks räusperte sich. »Nun, Lieutenant«, sagte er. »Was meinen Sie, wer der neue Police Commissioner wird, wenn Longman in den Ruhestand geht?«
    Auch das noch, jetzt wollte der alte Knabe über Politik reden. Bud stand vor einem Minenfeld, eingedenk des Einflusses, den Parks besaß.
    Seine politischen Ansichten vor einem der mächtigsten Männer Portlands auszubreiten konnte so schmerzhaft werden wie eine Zahnwurzelbehandlung. Bud war keiner von den Schreibtischhengsten, die bei allem eine aalglatte Zunge bewiesen. Wenn er den Mund

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