Midnight Fever: Verhängnisvolle Nähe (German Edition)
sie anzufassen, mit ihr zu schlafen. Sosehr sie Bud liebte, sie wusste genau, sie könnte nicht ein Leben lang ertragen, wie eine Porzellanpuppe behandelt zu werden, die zerbricht, wenn man zu grob mit ihr umgeht. Claire war nicht zerbrechlich. Überhaupt nicht. Dazu hatte sie zu viel überstanden, zu viele Schmerzen und Verzweiflung ausgehalten. Ganz gleich, wie hart der Sex war, Bud konnte ihr damit nicht wehtun. Dagegen verletzte es sie, wie er sie neuerdings behandelte.
Für sie beide gab es nur eine Zukunft, wenn er sie als erwachsene Frau behandelte. Als leidenschaftliche, starke Frau, die nehmen konnte, was er zu bieten hatte. Auch den vielen, harten Sex.
Darum würde sie gleich etwas äußerst Beängstigendes tun, um das Podest zu verlassen, auf das Bud sie gestellt hatte.
Sie war es gewohnt, ihre Gefühle zu verbergen. Niemand konnte ihr ansehen, dass sie innerlich zitterte, dass ihr vor Angst fast schlecht war.
Sie wusste genau, welche Fassade sie der Welt präsentierte, dem dreizehnten Stock zumindest, dachte sie, als sich die Aufzugtüren öffneten. Eine elegant gekleidete Dame mit selbstbewusster Miene und Haltung.
Verwirrt schaute sie durch das Großraumbüro, über viele Schreibtische mit klingelnden Telefonen und gestressten Polizisten, männlichen wie weiblichen, die alle fleißig, tüchtig und bewaffnet waren.
Das war also Buds Welt. In der es hart zuging, alles dringend und wichtig war.
Er redete nie über seine Arbeit. Es war, als wollte er sie in einer Seifenblase voll hübscher, zerbrechlicher Dinge halten. In derselben Seifenblase, in der sie aufgewachsen war. Doch die zwölf Jahre an der Schwelle des Todes hatten sie gestählt. Es hätte ihr gefallen, wenn er ihr von seinem Arbeitstag erzählte, auch von den entsetzlichen, grausamen Dingen, die er sah. Schließlich trug er dazu bei, die Welt sicherer zu machen.
Claire wusste durchaus, dass die Welt schrecklich und grausam war.
Es mussten hundert Menschen sein, die hier arbeiteten. Der Lärmpegel war hoch. Leute telefonierten laut, riefen sich quer durch den Raum etwas zu, unterhielten sich über die Trennwände hinweg, Telefone klingelten, Computer gaben Meldetöne von sich. Es roch auch stark, nach Leder, Papier, Schweiß und schlechtem Kaffee.
Claire schwankte. Vielleicht war das doch keine so gute Idee. Und wenn Bud kein Büro für sich allein hatte, war sie sogar ganz unmöglich.
»Entschuldigen Sie.« Der Mann, den sie ansprach, blickte nicht einmal auf. Sie räusperte sich und redete lauter. »Entschuldigen Sie.«
Überrascht drehte er den Kopf. Er war klein, hatte einen dunklen Bart, und aus dem offenen Hemdkragen lugten dunkle Brusthaare. »Ja?« Er sah sie von oben bis unten an. Sie trug den dunkelroten Kaschmirmantel, lange schwarze Handschuhe und High Heels. Wahrscheinlich dachte er, sie hätte sich verlaufen. »Sie sollten wieder nach unten fahren. Da ist ein Informationsschalter auf –«
»Ist das hier die Abteilung für Mord?«, unterbrach sie ihn.
»Das Morddezernat, ja.«
Claire widerstand dem Drang, sich die trockenen Lippen zu lecken. »Ist Lieutenant Morrison da?«
»Bud? Ja.« Der Mann zeigte zur Hinterwand des Raumes, wo zwei mit Milchglasscheiben abgetrennte Büros zu sehen waren. Mit Türen, wie Claire erleichtert feststellte. »Linke Tür. Wollen Sie Anzeige erstatten, Lady? Einen Mord melden?«
»Nein«, antwortete Claire freundlich und dachte an ihre Frustration. »Ich bin hier, um einen zu verhindern.«
Sie ging durch das laute Großraumbüro. Niemand beachtete sie. Man hätte meinen können, hier herrschte das Chaos, aber das Gegenteil war der Fall, wie ihr im Vorbeigehen klar wurde. Die Leute wussten, was sie taten.
Claire auch.
Von diesem Gedanken gestärkt, klopfte sie an die bezeichnete Tür. Ihr Herz schlug schneller, als sie den vertrauten Bass hörte. »Ja? Was ist denn?«
Sie öffnete die Tür und ging hinein. Zum ersten Mal sah sie Bud verblüfft. Es dauerte eine Sekunde, bis er sich gefasst hatte. »Claire?« Er starrte sie ausdruckslos an, dann wirkte er plötzlich alarmiert. »Was ist los? Was tust du hier? Ist dir etwas passiert?« Er stützte sich auf den Schreibtisch, um aufzustehen.
»Bleib sitzen, Bud.« Verwirrt sank er auf den Stuhl zurück. Sie hatte den richtigen Ton getroffen. Einen nüchternen Befehlston.
Claire griff hinter sich und verriegelte die Tür, dann schritt sie langsam in den Raum.
Sie sah Bud an, schaute ihn sich genau an.
In letzter Zeit war sie so
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