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Mika, Bascha

Mika, Bascha

Titel: Mika, Bascha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Feigheit der Frauen
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Über einundzwanzigtausend waren es 2010 bei
der fünften Staffel, noch einmal über zweitausend kamen zusätzlich zum
Casting. Und winkten in Köln in die Kameras, als wären sie für den Nobelpreis
nominiert.
    Auch die
Glücklichen, die bei Klums Model-Schlacht in die engere Auswahl kommen, haben
dieses Gefühl von Erwähltsein - bis sie zur Freude des Publikums so lange
gepeinigt werden, dass sie zusammenbrechen und Rotz und Wasser heulen. Im
Märchen müssen Mädchen, denen eine Prüfung auferlegt wird, mit nackten Füßen
über Glasscherben laufen. In der Realität werden sie halb nackt über eine
Fernsehbühne gejagt. Und wenn dann eine nach der anderen rausfliegt aus dem
Wettbewerb - was für eine Gaudi für die ganze Familie! 5 Denn nicht
nur viele Mütter ergötzen sich mit ihren Töchtern an diesen Auftritten. Auch
die Väter genießen gern so viel frisches Jungfleisch.

 
    Als die
öffentliche Debatte über das Model-Quälen hochkochte, schrieb Der Spiegel: Sicher, Millionen von jungen Frauen würden sich
diesen ganzen Quatsch ansehen. Aber die seien doch viel zu intelligent, um das
Zeug tatsächlich ernst zu nehmen.
    Da hat das
Blatt sicher Recht. Intelligent sind die meisten Zuschauerinnen wahrscheinlich,
gebildet wie auch viele der Models. Durchschnittlich die Hälfte von ihnen hat
Abitur, einige studieren bereits. Aber macht es das besser? Sie haben ja noch
nicht mal den Bonus der Zu-kurz-Gekommenen auf ihrer Seite.
    Außerdem
bezweifelt Der Spiegel, dass mit
diesem Theater überhaupt irgendeine Bedeutung transportiert wird: »Klums
allwöchentlicher Zickenzirkus ist auf faszinierende Weise spießig«, heißt es
da. »Denn was ist die Botschaft? Mädels, seid artig und hübsch, gut geschminkt
und ein bisschen unterwürfig, und ihr werdet reich und berühmt!« 6 Das sei doch Unsinn; schließlich handele es sich um Unterhaltung und nicht um
Mission.
     
    Geht's
vielleicht noch ein bisschen schlichter?
    Denn was
macht die Faszination der Model-Show aus, wenn sie nicht auf irgendeine
verquaste Art an die Wünsche und Fantasien von Mädchen und Frauen andocken und
sie verstärken könnte? Wenn die in GNTM präsentierten
Bilder von Weiblichkeit völlig quer zur Gefühlswelt der Frauen liegen, was
amüsiert die Zuschauerinnen dann so daran, dass sie der Einpeitscherin Klum
derart traumhafte Quoten bescheren? Zu gehorchen, sich zu unterwerfen, sich
ausbeuten zu lassen - freiwillig —, warum sollte es Mädchen und Frauen
gefallen, dabei zuzuschauen, wenn sie sich in den Models nicht auch wiedererkennen
würden?
     
    Und dann
ist da noch ein weiterer Punkt: Während sie aufwachsen, lernen Mädchen selten,
auf faire Art miteinander zu konkurrieren. Doch bei der Model-Show wird allen
Mädchen — ob vor der Kamera oder vor dem Bildschirm — Konkurrenz sehr schnell
beigebracht. Allerdings in pervertierter und brutaler Form. Das
Model-Lernprogramm: Mach die anderen fertig, sonst wirst du fertiggemacht. Das
Lernprogramm für die Zuschauerinnen: Stell dich bloß keinem offenen Wettbewerb,
sonst ergeht es dir schlecht. Und während Lena am Strand erotisch posiert und
friert, können ihr die Mädchen zu Hause gemütlich zusehen und spüren, wie
herrlich es ist, unterdrückte Konkurrenzbedürfnisse heimlich und im Warmen
auszuleben.
    Im Märchen
muss die Prinzessin den ekligen Frosch nur küssen, damit er zum Prinzen wird.
So weit der uralte Mädchentraum. Bei Heidi Klum müssen die Models mit einer ekligen
Kröte posieren, die nichts ist als eine Kröte, eine Kröte, eine Kröte.
     
    Der Code
    Was für
ein Programm läuft da ab? Hier geht es doch nicht nur um Models. Die wären
vernachlässigbar. Hier geht es darum, wie Weiblichkeit modelliert wird. Model
- das ist nur das Codewort für ein System, das Mädchen zu Hochleistungsweibchen
heranzüchtet. Das sie in die Selbstentwertung treibt. Das sie daran hindert,
ein unabhängiges weibliches Ich zu entwickeln.
    Noch nie
waren sich Mädchen so sicher wie heute, noch nie fühlten sie sich stärker als
jetzt, so frei und gleich. Und ausgerechnet sie haben dann nichts Besseres im
Kopf als ein Modelzucht-Programm — das mal mehr, mal weniger offensichtlich
abläuft.
    Wie
hirngewaschen bedienen Vertreterinnen dieser jungen Generation
hypersexualisierte Fantasien und Blödigkeitsbilder von Weiblichkeit. Ganz
ungezwungen. Richten sich ein im Gegenentwurf zu weiblicher Autonomie:
Reduzieren sich selbst auf den Körper und lassen sich darüber definieren. Diese
Mädchen und

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