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Mika, Bascha

Mika, Bascha

Titel: Mika, Bascha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Feigheit der Frauen
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Farbe derart
gequält. Es ist, als konzentriere sich in diesem Ton der ganze Jammer
dümmlicher Bilder von Weiblichkeit.
    Agatha
Christie, die englische Krimiautorin, ließ Miss Marple immer dann rosa
Bettjäckchen stricken, wenn die ältliche Detektivin betont naiv und
ungefährlich daherkommen wollte. Sehr viel anders ist der massenhafte Einsatz
der Farbe heute auch nicht zu verstehen.
     
    Eltern,
die ihre Kinder unvoreingenommen erziehen wollen, haben gelernt, die Farbe zu
hassen. Nehmen wir einen ehemaligen Kollegen von mir. Völlig entgeistert
erzählte er eines Tages, dass seine fünfjährige Tochter der Rosa-Wut verfallen
sei. Ihr ganzes Zimmer leuchte wie ein Bonbon, ihre Lieblingsklamotten wären
alle irgendwie pink, und letztens habe sie ein Riesentheater veranstaltet, weil
sie dazu passende Sandalen haben wollte.
    Vom Vater
schien diese Vorliebe kaum zu kommen, dem ist als hartem Sportler alles
Süßliche fremd. Und auch die Mutter der Kleinen gehört nicht zum Rosarot-Typ.
Im Kindergarten säßen nur noch rosa Püppchen rum, berichtete der Kollege, und
die meisten Eltern reagierten ähnlich fassungslos wie er. Keiner seiner beiden
Söhne habe je einen ähnlichen Farbtick entwickelt. Ob es wohl, spekulierte er,
bei Mädchen nicht vielleicht doch ein Rosa-Gen gibt?
    Damit lag
der Kollege gar nicht so falsch, betrachtet man manche Debatte über biologische
Prägung. Die wird immer abstruser. Inzwischen geht es dabei nicht nur um Autos
und Puppen, sondern auch um Farben. Es soll Menschen geben, die tatsächlich
davon überzeugt sind, dass Mädchen und Jungs auf Rosa und Blau programmiert
sind. Nur weil kleine Mädchen heute genauso früh am Computer sitzen wie Jungs,
heißt es nicht, dass sie dieser Zurichtung entgehen. Schon der Rechner strahlt
häufig in typischem Mädchenrosa.
     
    Eigentlich
war Blau einmal die weibliche Farbe und Rot, wegen des aggressiven Anteils,
die männliche. Wer in einer katholischen Kirche nach der Mutter Maria Ausschau
hält, wird sie ziemlich sicher in ein blaues Gewand gehüllt finden. Die
Farbsymbolik änderte sich nach dem Ersten Weltkrieg. Blau wurde zur
Männerfarbe: wegen des Blaumanns, wegen blauer Matrosenanzüge und anderer
blauer Arbeitskluft. Doch nicht etwa Rot definierte künftig das
Kontrastprogramm für Frauen, sondern das abgefälscht liebliche Rosa.
     
    Rosa - das
ist eine niedlich herausgeputzte Folterkammer, die nach dem alten Inventar
riecht: Mädchen, sei zart, süß, zurückhaltend, unaggressiv und
mitleiderregend! Und in diese Folterkammer laufen die Kleinen dann lustig
quietschend hinein. Jahrzehntelang war die Farbe meist auf weibliche Babykleidung
beschränkt. Vielleicht gab's noch den einen oder anderen Kindergarten, der sein
Mädchenklo rosa und das Jungenklo blau strich. Doch inzwischen schimmert der
gesamte Mädchenkosmos rosarot.
    Für
Männer, so haben Tests herausgefunden, signalisiert Rosa Hilflosigkeit,
Naivität und Schwäche. Wohl deshalb wird Frauen von einer Kleiderberatung im
Internet empfohlen: Wenn Sie als Klägerin in einem Scheidungsprozess auftreten,
tragen Sie Rosa! Sie werden das Mitleid aller Anwesenden erregen,
einschließlich des Rechtsanwaltes Ihres Mannes.
    Wie eine
Pest in Pink herrscht diese Farbe über die Mädchen-Warenwelt. Da haben wir zum
Beispiel die Ausstattung für die kleine Hausfrau: rosa Küchenschrank, rosa
Staubsauger, rosa Bügeleisen, rosa Toaster und Mixer... Hausarbeit ist doch süß
und gar nicht bedrohlich!
    »Mach dich
hübsch!« Wie bringt man kleine Mädchen auf die Idee, nach Mode zu gieren und
dem Schönheitsdiktat zu folgen? Man macht es rosa. Deshalb gibt es für die
Kleinen ein Prinzessinnenspiel mit rosa Schatztruhe, in der rosa Stoffkrönchen
liegen. Für die Älteren das rosa Monopoly-Spiel, bei dem die Häuser durch
Boutiquen ersetzt sind. Spiele rosa, gewinne, und die Tür zur Schönheits- und
Modewelt steht dir offen.
     
    Die
Marketingstrategie hinter diesen Produkten ist so schlicht wie wirksam. Der
Werbeetat, der auf Kinder zielt, hat sich in den vergangenen Jahren
vervielfacht. Je größer der Markt, desto wichtiger, ihn auf Jungen und Mädchen
unterschiedlich zuzuschneiden: Teile und mache doppelt Profit. Das ist das
Geheimnis hinter dem Farb-Tsunami der letzten Jahre.
    Wir alle
wissen, wie diese Konsummechanismen funktionieren, wie Produkte in den Markt
gedrückt werden und wie stark Kinder unter Gruppenzwang stehen. Erinnert sich
noch jemand an das japanische Tamagotchi, dieses

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