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Milano Criminale: Roman (German Edition)

Milano Criminale: Roman (German Edition)

Titel: Milano Criminale: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paolo Roversi
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hatte.«
    »Wenn man von der These des Verbrechens aus Leidenschaft absieht, was bleibt dann? Ein verpatzter Raubüberfall?«
    »Ach was, man hat ihre Geldbörse mitsamt Geld in ihrer Tasche neben der Leiche gefunden: fünftausend Lire und ein paar Francs, die sie am Tag zuvor bei der Bank für den Urlaub getauscht hatte.« Er seufzt und fährt fort: »Dieser Fall wird von Tag zu Tag rätselhafter.«
    4
    Aus dem Atem des Mannes spricht der Fernet. Antonio bemerkt den Geruch, noch bevor er den Tisch erreicht und ihm die Hand schüttelt. Der Mann sieht ihn an, und sie verstehen sich wortlos.
    »Wenn du mein Leben führen müsstest, würdest du auch saufen wie ein Loch«, sagt Basile und bietet ihm einen Stuhl an.
    Sie sind in einer Bar auf der Piazza Cavour, genau unter der Redaktion von ›La Notte‹ und etwa zehn Laufminuten von der Questura entfernt.
    »Was verschafft mir die Ehre?«, fragt der Journalist.
    Ohne Erwiderung bestellt Santi beim Kellner einen Espresso.
    »Ist ja schon eine Weile her, seit ich dich 1958 zum ersten Mal interviewt habe, weißt du noch? Schon damals hattest du ein echtes Bullengedächtnis. Einzelheiten, zeitlicher Ablauf, eine gewisse mentale Ordnung. Bist du immer noch so?«
    »Ich bemühe mich.«
    »Was willst du, verrätst du mir das? Raubüberfälle sind nicht mehr mein Thema.«
    »Ich weiß.«
    »Also?«
    »Ich will alles hören, was du über den Mord an der Cattolica weißt.«
    Basile bricht in lautes Gelächter aus.
    »Dann vertraust du deinem Kollegen Piazza nicht? Na, da tust du ganz gut dran, der fischt wirklich völlig im Trüben.«
    Antonio rutscht pikiert auf seinem Stuhl hin und her.
    »Deshalb wollte ich dich treffen. Ich habe heute Morgen deinen Artikel gelesen. Eine Stelle habe ich mir sogar unterstrichen. Darf ich sie dir vorlesen?«
    Der alte Reporter nickt; er ist sich durchaus bewusst, dass er die Madama nicht gerade mit Samthandschuhen angefasst hat. Und als der Bulle die Stelle vorliest, gluckst er zufrieden.
    »Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die polizeilichen Ermittlungen in die falsche Richtung gelaufen sind. Der Grund dafür ist einfach; diese blutverschmierte sanitäre Anlage strotzt nur so vor Indizien: Spuren auf dem Fußboden, blutige Abdrücke einer Hand an den Wänden, Fingerabdrücke überall, einer sogar überdeutlich an der Badezimmertür. Warum also kommen die Ermittler nicht weiter? Über den Mord an der Cattolica scheint sich augenblicklich tiefste Finsternis gebreitet zu haben. Warum? Warum wird nicht mehr getan, um den Mörder des armen Mädchens zu finden? Soll vielleicht jemand gedeckt werden? Zumindest müsste es doch Verdächtige geben. Außer den Spuren kennt man mit großer Sicherheit das Motiv (versuchte Vergewaltigung) sowie die Tatwaffe (verschwunden), bei der es sich mit Sicherheit um ein Messer handelt, und trotzdem gibt es kein Profil des Mörders, das zu einem der wenigen Männer passen könnte, die sich an diesem Samstag Ende Juli an dem Institut aufhielten.«
    »Nicht schlecht, da kann man nichts sagen«, meint Santi und blickt von der Zeitung auf. »Du stellst uns wirklich als komplette Idioten dar.«
    »Seit wann fühlst du dich Piazza derart verbunden?«
    »Seit wann stehst du auf der Seite des Mörders?«
    »Hör auf, Antonio, du weißt genau, warum ich das geschrieben habe.«
    »Nein, weiß ich nicht, Mario. Erklär es mir.«
    »Du bist Bulle, aber kein Idiot. Wenn der Mörder nicht von außen gekommen ist, kann das nur heißen …«
    »… dass er einer von drinnen ist.«
    »Siehst du, dass du nicht so dumm bist wie dieser Piazza? Der kommt demnächst sicher damit, Außerirdische hätten das Mädchen ermordet, nur damit er nicht in den Geheimnissen der Cattolica graben muss.«
    »Das stimmt nicht. Du siehst überall Verschwörungen.«
    »Ich? Weißt du denn nicht, dass die Regenten dieser Universität Castelli nicht erlauben, sich an ihrem Institut einzuschreiben, aus Angst, ihren guten Ruf zu schädigen?«
    Santi winkt ab.
    »Sag mir, warum es einer von drinnen sein soll.«
    Basile leert sein Glas Magenbitter und bedeutet dem Kellner, ihm nachzuschenken.
    »Auch ich habe Sandras letzte Stunden rekonstruiert. Schritt für Schritt, genau wie ihr wahrscheinlich. Nun ja, sie hat Samstagmorgen das Haus verlassen, um vor der Abreise nach Frankreich noch ein paar Erledigungen zu machen.«
    »Das weiß ich, komm auf den Punkt.«
    »Der Punkt ist der Weg, den sie genommen hat. Als sie um etwa halb elf das Haus

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