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Milano Criminale: Roman (German Edition)

Milano Criminale: Roman (German Edition)

Titel: Milano Criminale: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paolo Roversi
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aufgegriffen hat, weil er junge, allein fahrende Frauen belästigt hat. Wir haben seine Wohnung durchsucht, doch das Einzige, was zu finden war, waren ein paar Tagebücher irrwitzigen Inhalts; keine Spur, die auf eine Verbindung zum Mordfall hindeutet. Abgesehen davon, dass er mental nicht ganz sauber ist: Wir haben ihn für medizinische Untersuchungen einliefern lassen. Den anderen wiederum haben wir geschnappt, als er auf dem Largo Gemelli herumstreunte, in der größten Mittagshitze bei fünfunddreißig Grad mit einem Madonnenbild in der Hand und alle Heiligen des Paradieses anrief. Der Klapsdoktor hat ihn als ›Psychopath mit religiösem Wahn‹ eingestuft, und wir haben ihn sausen lassen.«
    Am nächsten Morgen fasst Basile das jüngste Debakel zusammen, unter dem Titel: Erneuter Schlag ins Wasser .
    Als Santi das liest, kann er sich ein Lächeln nicht verkneifen. Sie sitzen beim Frühstück, er würde zu gerne ernst bleiben, hält aber nicht durch.
    »Was ist so komisch?«
    »Tja, du weißt doch, wie ich Piazza früher gehasst habe.«
    Carla, die gerade Butter auf ein Brot schmiert, schüttelt den Kopf.
    »Über solche Tragödien macht man keine Witze.«
    »Ich weiß, entschuldige«, erwidert er nun wieder ernst, »aber letztlich hatte er Schuld an den Schlägen, die ich immer wieder von den Katangesen kassiert habe, oder?«
    Nun muss auch seine Frau lächeln.
    In Mailand beschließt Piazza inzwischen, sich die Vorbestraften noch einmal vorzuknöpfen und noch tiefer in die Welt der Geisteskranken einzusteigen, die etwas zu oft Frauen an der Universität oder in den umliegenden Straßen belästigt haben.
    »Selbst wenn wir den Mörder nicht fassen«, sagt er, nachdem er seinen Leuten das Vorgehen erklärt hat, »schrecken wir wenigstens die anderen davon ab, ihm nachzueifern.«
    Scheinbar die richtige Entscheidung, denn schon am Folgetag titelt der ›Corriere‹: Jagd auf das Monster. Zwei Angestellte bestätigen, eine zwielichtige Gestalt gesehen zu haben .
    Und auf diese richtet sich nun die Aufmerksamkeit der Ermittler. Ausgangspunkt sind die Aussagen einiger Frauen, die in einem Interview mit dem Reporter einer Mailänder Zeitung erzählen, sie seien ein paar Tage vor der Tat in der Galeria Borrella von einer Person angegangen worden, nicht weit von der Hochschule. Der ungefähr fünfundzwanzigjährige Mann habe »bedrohlich« gewirkt und sie unter unmissverständlichen Zurufen verfolgt, als sie nach dem Mittagessen aus einer Bar traten.
    »Der Psychopath«, so berichten sie im Interview, »hatte eine erregte, raue Stimme und gab Obszönitäten von sich. Er folgte uns bis zum Eingangstor unseres Büros und verschwand dann, als wir drinnen waren.«
    An diesem Abend am Telefon ist Piazza in Hochstimmung. Er glaubt daran.
    »Dieses Mal ist es ernst, Santi, wir haben eine heiße Spur. Vielleicht hat der Verdächtige sich vorgewagt und Sandra bis zum Aufgang G verfolgt.«
    Von dem Mann aber fehlt jede Spur. Drei Tage vergehen, dann erkaltet auch diese Spur, bis die Hoffnung wieder neu aufflammt, als eine Parfümerieverkäuferin vom Corso Vercelli, wo Sandra am Morgen der Tat einen Lippenstift gekauft hat, von einem Fiat 500 berichtet, der vor dem Geschäft gehalten hat. Am Steuer saß ein Mann, doch die Verkäuferin kann nicht sagen, ob er wirklich auf das Opfer gewartet hat.
    »Vielleicht ist das Mädchen in den Kleinwagen gestiegen, oder der Mann ist ihr bis zur Cattolica gefolgt«, spekuliert Piazza.
    »Klar«, gibt Santi ironisch zurück, »vielleicht waren es aber auch die Spieler von Milan, die gerade zufällig beim Training vorbeikamen und sie mitgenommen haben. Komm schon, Achille, das ist doch alles ziemlich haltlos.«
    »Ich weiß, aber was anderes haben wir nicht.«
    Doch auch über den geheimnisvollen Autofahrer lässt sich nichts herausfinden. Die Spur versickert schnell.
    Anfang August verliert die Presse das Interesse an dem Fall und wendet sich dem sommerlichen Urlauberexodus zu. Die Schlagzeilen wandeln sich: Tausende an Mautstationen; Ansturm auf Bahnhöfe, Rekordstaus auf den Straßen zum Meer .
    Die Psychopathen sind wie vom Erdboden verschluckt, und Piazzas Gewissheiten, sollte es sie jemals gegeben haben, schnurren zu schwachen Hoffnungen zusammen. Schließlich verkünden die Zeitungen Mitte des Monats ein neues Verbrechen: Massaker im Bahnwärterhäuschen . Es geht um einen grausamen Mord auf dem Güterbahnhof Porta Romana. Ein unkomplizierter Fall, den Piazza und seine Leute innerhalb

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