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Milchfieber

Milchfieber

Titel: Milchfieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas B. Morgenstern
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gesehen. Während Ninas Urlaub wollte er Wiebke nicht einladen, bei ihm zu übernachten, und nun fehlte ihm der Mut, sie für diese Nacht einzuladen, obwohl er ihren Zuspruch dringend hätte gebrauchen können.
    Schließlich setzte er sich in seinen Wagen und fuhr nach Stade zu seinem Bruder. Als er in dessen Büro eintrat, fiel ihm plötzlich auf, dass es noch nie passiert war, dass Werner Allmers nicht in seinem Büro war, wenn er ihn besuchen wollte, aber dieses Thema wollte er diesmal lieber nicht anschneiden.
    Werner Allmers konnte seine Trauer nicht nachvollziehen, eigentlich war Hans-Georg das von vorneherein klar gewesen, aber er war der einzige Mensch, der ihm noch nahe stand. Von seinen früheren Freunden hatte sich Allmers im Laufe der Jahre entweder selbst abgesetzt oder verlassen gefühlt. Viele hatten geheiratet, andere waren weggezogen, bei einigen war die Entwicklung so anders und unerwartet, dass es keine Berührungspunkte mehr gab.
    „Hört Friedel mit dem Melken auf?“, fragte der Staatsanwalt und Allmers nickte: „Sicher. Er hatte sowieso praktisch keinen Elan mehr, jetzt ist wahrscheinlich das letzte bisschen davon weg.“
    „Auch aus staatsanwaltschaftlicher Sicht“, sagte Werner Allmers „ist der Tod von Hella nicht zu unterschätzen.“
    „Ach?“, sagte Allmers nur.
    „Wieso tust du so erstaunt? Sie war eine gute Quelle, sozusagen eine IM“, lachte der Staatsanwalt.
    „Dein Humor ist gerade schwierig zu ertragen“, sagte Allmers und stand auf. „Ich dachte, du könntest mich ein bisschen trösten.“
    „Wann ist die Beerdigung?“
    „Keine Ahnung, soweit ist Friedel noch nicht.“ Allmers öffnete die Tür. „Ich habe noch etwas vergessen. Hella sagte, kurz bevor sie zusammenbrach, etwas Merkwürdiges. Wir haben uns über Horst und deinen Verdacht unterhalten und sie meinte wörtlich, es wäre noch jemand im Haus gewesen, als Horst Besuch hatte.“
    „Noch mal“, sagte Werner Allmers. „Ich verstehe nur Bahnhof. Was hat sie über wen gesagt?“
    „Kurz bevor sie zusammenbrach“, Allmers setzte sich wieder, „hat sie folgendes gesagt: Es war noch jemand im Haus, als Peter zu Horst gekommen ist.“
    Der Staatsanwalt riss die Augen auf: „Und weiter? Was hat sie dann gesagt? Wer war dort?“
    „Danach sagte sie nur noch, dass sie noch einmal petits fours machen wollte. Dann brach sie zusammen.“
    „Petits Fours. Petits Fours“, Werner Almers grübelte. „Vielleicht ist das der Name des Besuchers, ein Franzose oder Schweizer vielleicht, klingt jedenfalls Französisch. Weißt du, was sie damit gemeint haben könnte?“
    Allmers sah seinen Bruder überrascht an und dachte zuerst, Werner wolle ihn auf den Arm nehmen. „Petit Four ist ein klassisches Kleingebäck der französischen Küche. Das hilft dir wohl nicht weiter.“
    Werner Allmers war ungerührt: „Sie hat also gesagt, dass Peter Gerlach bei Horst war. Das haben wir noch nicht gewusst. Die erste Frage lautet: Was hat er dort gewollt? Und die zweite: Wann war das und kam er lebend wieder aus dem Hof raus?“
    „Und“, ergänzte Allmers: „Wer war noch auf dem Hof und was hat er oder sie gesehen?“

Kapitel 31
    Allmers sagte alle Kontrollen der nächsten Woche ab und verkroch sich in sein Haus. Er wusste, dass es besser für ihn wäre, zu arbeiten, aber ihm fehlte jeglicher Antrieb. Er stand morgens spät auf, trank lustlos ein paar Tassen Kaffee, holte die Zeitung ins Haus und studierte sie ohne großen Ehrgeiz. Auf das Mittagessen verzichtete er meistens, legte sich am frühen Nachmittag in die Hängematte oder bei Regen ins Bett und wachte manchmal erst wieder auf, wenn es dunkel war. Nach ein paar Tagen der Trauer begann ihn sein Selbstmitleid anzuöden, aber er hatte keine Kraft, sich daraus zu befreien. Wiebke fiel ihm ein, er musste umständlich ihre Telefonnummer suchen und ärgerte sich, dass es so weit gekommen war. Früher hatte er sie im Kopf, aber irgendwann hatte er die Nummer wütend aus seinem Handy gelöscht, als sie ihn immer wieder abgewiesen hatte. Wiebke nahm nicht ab. Sie kennt meine Nummer, dachte er resigniert und legte sich deprimiert auf sein Bett. Er nahm das Buch, das ihm Nina mitgebracht hatte, vom Nachttisch und begann zu lesen. Diesmal, beschloss er, lese ich mindestens eine Geschichte und lasse mich durch nichts stören.
    Raffaelitas Rache
    Es war ein schöner Tag gewesen für Raffaelita Segundo. Nachdem sie morgens auf dem Markt Zuckerrohr und Salat verkauft hatte, war sie in

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