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Milchfieber

Milchfieber

Titel: Milchfieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas B. Morgenstern
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etwas Neues hinzu. Die Erinnerung an Rauls Hand unter ihrem Hemd auf ihrer Haut ließ sie noch jetzt, im Bett, unruhig werden.
    Sie sah verliebt an die Decke und dachte an ihn. Schließlich schlief sie darüber ein. Aber es dauerte nicht lange, bis sie aufwachte. Die Schweine begannen lauter als sonst zu toben, so laut, dass Raffaelita hoch schreckte. Seit Tagen waren die Tiere nur mit ein paar Gemüseabfällen gefüttert worden und sie waren durch den Hunger so angriffslustig geworden, dass sie manchmal scheinbar grundlos aufeinander losgingen. Raffaelita wäre nicht überrascht gewesen, wenn sie begonnen hätten, sich gegenseitig aufzufressen.
    Gestern hatte sie den Tieren ein paar Salatblätter gebracht und dabei vergessen, die Stalltür hinter sich zu schließen. Ein Hahn aus der Nachbarschaft war ihr gefolgt, hatte hier und dort nach ein paar Krümeln gepickt und war unvorsichtigerweise auf das Gatter des Schweinepferches geflogen. Raffaelita hatte ihn verscheuchen wollen, aber da war es schon zu spät gewesen. Ein Schwein hatte blitzschnell zugeschnappt und den Hahn zwischen den Zähnen. Von dem stolzen Vogel waren nur ein paar Federn auf dem nackten Betonboden geblieben. Raffaelita hatte sich vor Ekel geschüttelt und geschworen, niemals mehr zu den Schweinen zu gehen, obwohl sie natürlich genau wusste, dass sie diesen Schwur nur einen Tag würde durchhalten können.
    Das Klopfen am Fenster war so leise, dass sie es zuerst nicht hören konnte, der Lärm der Schweine war lauter. Erst als sie zufällig zum Fenster sah, bemerkte sie eine Bewegung und hörte das nochmalige Klopfen.
    Sie sprang aus dem Bett und lief ans Fenster.
    „Raul!“, zischte sie. „Du bist verrückt! Mein Vater bringt dich um, wenn er dich hier erwischt.“
    Der Junge ließ sich nicht beirren. Er stand auf einem winzigen Sockel vor dem halb geöffneten Fenster und hielt sich am Fensterbrett fest.
    „Hilf mir“, flüsterte er, aber Raffaelita schüttelte den Kopf: „Du kannst jetzt nicht hier reinklettern.“
    „Bitte“, drängte Raul. „Sonst falle ich hier runter und bin tot.“
    Raffaelita blieb hart: „Nein. Du musst wieder runterklettern.“
    „Liebste, bitte, lass mich rein“, bettelte der Junge noch eindringlicher.
    „Niemals!“, sagte Raffaelita bestimmt und versuchte, alles an Ablehnung in dieses Wort zu legen, was möglich war, aber an ihrem Lächeln erkannte Raul, dass er gewonnen hatte.
    „Du darfst dich aber nur aufs Bett setzen!“, verlangte sie, nachdem sie lautlos das Fenster geöffnet hatte. „Versprichst du mir das?“
    Raul nickte. Er hätte jede Bedingung erfüllt.
    Der alte Holzboden knarrte, als sich die beiden barfuß und auf Zehenspitzen zu Raffaelitas Bett schlichen. Sie schlüpfte unter die Decke.
    „Sitzen bleiben!“, fauchte sie, als er sich über sie beugen wollte.
    Er seufzte. „Aber Raffaelita, wenn ich dich nicht küssen darf, wie soll ich dann merken, ob du mich liebst?“
    Sie lachte leise und zog seinen Kopf herunter.
    „Ruhig!“, sagte sie plötzlich, bevor er ihren Mund berühren konnte. „Der Schaukelstuhl!“ Sie legte ihren Finger auf seinen Mund. „Der Schaukelstuhl hat aufgehört. Das Knarzen. Hörst du nicht?“
    Sie stieß ihn weg und zischte voller Schrecken: „Papas Schritte. Mein Vater kommt. Er kommt die Treppe hoch! Schnell weg hier, um Gottes Willen, Raul, schnell!“
    Der Junge sprang auf, war mit zwei großen Schritten am Fenster und verschwand in der Nacht.
    „Was war hier los?“, brüllte Ruben Segundo in das dunkle Zimmer. Er war zu betrunken, den Lichtschalter zu finden.
    Raffaelita stellte sich schlafend. Sie hielt die Augen fest geschlossen, ihr Herz pochte wie rasend und sie schickte Stoßgebete zu allen Heiligen, die ihr einfielen, dass ihr Vater nichts bemerkt hatte.
    „Raffaelita!“ schrie Segundo. „War er hier? Dieser Nichtsnutz? Dieser kleine widerliche Sohn einer Hure?“
    „Was ist? Warum schreist du so?“, fragte sie mit verschlafener Stimme.
    „Wenn ich ihn hier treffe“, drohte Ruben Segundo und schüttelte die erhobene Faust, „in meinem Haus! In deinem Zimmer! Und womöglich noch in deinem Bett! Ich breche ihm alle Knochen. Ich bringe ihn um. Und dich auch!“ Er knallte die Tür zu und polterte betrunken die Treppe hinunter, auf der Suche nach einer neuen Flasche Rum.
    Raffaelita sprang erleichtert aus dem Bett, lief ans Fenster und spähte in die Nacht. Es war fast Vollmond und die Nacht wurde nicht richtig finster. Von Raul war

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