Milchgeld: Kluftingers erster Fall
Kemptener-Wald-Straße. Das ist im neuen Wohngebiet. Die zweite Straße rechts rein, wenn Sie von Kaisersmad kommen. Das letzte von den Reihenhäusern. Die Traktoren stehen im Garten, der Ladewagen vor der Garage. Das kann man nicht übersehen.«
Kluftinger strich die Annonce auf seinem Fax durch und sagte, er würde sich dann wieder melden. Dabei fragte er sich, was die Nachbarn dieses Herrn wohl zu seinem außergewöhnlichen Hobby sagten.
Am Ende blieben zwei Adressen übrig, die in Frage kamen: einmal ein Duracher Landmaschinenhändler, der mehrere alte Geräte in einem Weiler bei Betzigau stehen hatte. Zum anderen ein Privatmann, der in der Nähe von Wildpoldsried wohnte und Kluftinger versicherte, er könne ihm an alten Maschinen besorgen, was er wolle, zudem habe er einiges »umanandstehen«. Er solle halt kommen und sich alles einmal ansehen, man würde dann schon ins Geschäft kommen.
»Kommat halt it grad zur Stallzeit. Sonst bin i heut’ am Holz spalten, da kannscht scho kommen!«, hatte der Anbieter Kluftinger mit vertraulichem »Du« empfohlen.
Der Kommissar rief Maier zu sich und erklärte ihm, dass sie beide Adressen sofort überprüfen müssten. Sie würden sich dabei als Interessenten für alte Landmaschinen ausgeben, man könne ja nie wissen.
»Kennst du dich da ein bisschen aus, Richard, bei Landmaschinen?«, fragte Kluftinger seinen verdutzten Mitarbeiter, der mit einer Antwort zögerte.
»Gut, dann lass’ vorwiegend mich reden. Nicht dass die gleich merken, wer wir sind.«
»In Ordnung«, sagte Maier kleinlaut. Ihm war nicht recht wohl bei dem Gedanken, den Landmaschinenkunden zu geben und dabei vielleicht in verdreckten Pfützen unter alten Traktoren zu liegen oder möglicherweise sogar auf Misthaufen herumzulaufen.
»Also, pack’ mer’s«, sagte Kluftinger zu Maier, nicht ohne ihn noch einmal von oben bis unten zu mustern. Maier hatte einen gelb-weißen Pullunder mit Rautenmuster an, darunter ein gelbliches Hemd. Wortlos ging Kluftinger zum Kleiderhaken, nahm seinen gestrickten braunen Trachtenjanker, den er seit seinem »Anzugerlebnis« dort hängen hatte und hielt ihn Maier hin. Ebenfalls wortlos zog der seinen Pullunder aus und streifte sich die Trachtenjacke über. »Besser so«, sagte Kluftinger mit einem Lächeln. Maier sagte nichts, holte aus seinem Schreibtisch noch das Diktiergerät, ließ es in die rechte Jankertasche gleiten und machte sich mit seinem Vorgesetzten auf den Weg.
***
»Betzigau oder Wildpoldsried?« Maier wusste nicht recht, was er auf die Frage des Kommissars antworten sollte, und bevor er begriffen hatte, was er von ihm wollte, war Kluftingers Entscheidung bereits gefallen: Sie würden zuerst nach Wildpoldsried fahren. Auf der Fahrt wurde nicht viel gesprochen, Kluftinger hatte das nachmittägliche Wunschkonzert auf Bayern 1 eingestellt und beide lauschten dem Radio.
In Wildpoldsried zog Kluftinger einen Packen Brauerei-Notizzettel aus seiner Hemdtasche und gab sie Maier. »Such mal das Blatt, auf dem Botzenhard draufsteht.«
Gegenüber des Sportplatzes bogen sie links auf eine kleine Straße, die zunächst an einem Gartenbaubetrieb vorbeiführte dann durch einen kleinen Durchlass unter der Bahnlinie entlang ging und mit zunehmender Steigung immer enger wurde.
Nach einer Linkskurve ging es noch ein paar hundert Meter in Biegungen weiter, dann wurde ein Hohlweg daraus, der durch ein kleines Waldstück führte.
»Die Straße haben sie auch gebaut, wie die Ochsen gelaufen sind«, merkte Kluftinger an, der auf diesem steilen Stück sogar in den ersten Gang herunterschalten musste. »Ein LKW kommt da doch gar nicht erst durch, ich glaube hier sind wir falsch«, mutmaßte er.
»Abwarten, Chef, man weiß ja nie«, antwortete Maier.
Nach dem Hohlweg öffnete sich eine Art Hochebene, die zunächst den Blick auf einen einzeln stehenden Hof freigab: Es war nicht der, den sie vom Foto her kannten.
»War wohl nix, wir drehen besser um. Vielleicht haben wir uns auch verfahren. Stimmt die Wegbeschreibung denn noch, Richard?«
»Normalerweise schon. Unten stand der Wegweiser nach Fronschwenden, das sollte hier sein. Du hast aufgeschrieben, es sei der zweite Hof. Aber da ist nur der eine. Vielleicht dahinter. Könnte doch sein.«
Am ersten Bauernhof bog Kluftinger ein um umzudrehen. Also doch nach Betzigau.
»Da, das ist es«, rief Maier plötzlich aufgeregt.
»Wo denn?«
»Da sind unsere beiden Höfe. Die vom Foto. Da unten.«
Tatsächlich: Hinter
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