Milchgeld: Kluftingers erster Fall
Fotoexperte.
»Nein. Ich meine nicht den LKW. Da, am Rand ist doch der Nachbarhof. Oder halt Teile davon. Können wir diesen Ausschnitt größer machen? Da sind doch irgendwelche Maschinen rund um das Haus aufgestellt.«
»Wir können es versuchen. Worauf genau haben Sie es denn abgesehen?«, fragte Porscht, dessen Name so gut zu seinem Beruf passte, weil er an eine Fotogeschäft-Kette erinnerte.
Einige Mausklicks später war auf dem Computerbildschirm der von Kluftinger gewünschte Bildausschnitt zu sehen.
»Lauter Landmaschinen, was meinen Sie?«
»Würde ich auch sagen«, pflichtete Porscht bei.
»Da, ein Ladewagen, mehrere Güllefässer, Heubreiter und Schwadenrechen. Und … Moment … mindestens acht alte Schlepper«, sagte Kluftinger und Porscht fügte an: »Eicher und Porsche. Nur Eicher und Porsche-Traktoren. Baujahr bis maximal 1970, würde ich sagen.«
Kluftinger sah ihn bewundernd an.
»Woran können Sie das erkennen?«
»An der Farbe, Herr Kluftinger. Eicher waren immer blau, Porsche waren immer rot. Ich bin auf einem Hof groß geworden und da kennt man sich bei Landmaschinen ein bisschen aus. Beide Firmen gibt es nicht mehr, die sind also nicht mehr die Jüngsten. Nach 1970 haben sie die sicher nicht mehr gebaut. Und die runde Form ist auch typisch für die alten Karren.«
»Stimmt, Eicher sind immer hellblau. Als Kind bin ich bei der Heuernte sogar selber ab und zu mit dem kleinen Eichertraktor unseres damaligen Nachbarn gefahren«, erinnerte sich Kluftinger. »Was macht der bloß mit so vielen alten Maschinen?«, dachte er laut und legte die Stirn in Falten. Plötzlich hellte sich seine Mine auf. »Meinen Sie, der handelt vielleicht damit?«
»Na ja, es gibt da irre Sammler, soweit ich weiß, aber der hier scheint so viel davon zu haben, dass er sie vielleicht verkaufen könnte. Man müsste halt mal in den Anzeigen in der Zeitung schauen, wer alte Porsche- und Eicher-Traktoren anbietet.«
Kluftinger war begeistert. »Klar! So kommen wir vielleicht weiter. Vielen Dank, Sie haben mir sehr geholfen«, sagte Kluftinger bereits im Gehen. Dass Porscht ihm noch nachrief, er solle auch bei den Anzeigen im Bauernblatt nachsehen und vor allem sein Foto nicht vergessen, hörte der Kommissar bereits nicht mehr.
***
Sandy Henske war gerade dabei, sich telefonisch bei der Anzeigenabteilung der Allgäuer Zeitung die Kleinanzeigen der letzten Monate zu besorgen, in denen alte Landmaschinen zum Kauf angeboten wurden, als Porscht nach oben kam, um das Foto, samt den Detailausdrucken in Kluftingers Abteilung abzugeben. Auf einem gelben Klebezettel waren mit Bleistift die Worte »Bauernblatt vielleicht. Gruß Porscht« vermerkt. Mit einem Nicken und einem Lächeln nahm Sandy die Unterlagen entgegen.
»Kleiner Tipp noch«, flüsterte Porscht stolz und tippte mit dem Finger auf den gelben Zettel.
Sandy Henske nahm den Hörer in die Hand, hielt die Sprechmuschel zu und antwortete leise: »Macht der Chef schon, aber danke trotzdem. Bist ein helles Köpfschn, Porschti, aber unser Gluftinger ooch. Isser selber draufgekommn, auf das Bauernblatt«, grinste sie. Sie war dem Fotolaboranten mal bei einem Betriebsfest näher gekommen und seitdem mit ihm per Du. »Tschuldschung. Nu bin isch wieder Ohr«, führte sie das Telefongespräch mit der Zeitung weiter.
***
Zwanzig Minuten später hatte Kluftinger zwei Faxe mit etwa 15 Annoncen auf seinem Schreibtisch liegen, in denen alte Landmaschinen angeboten wurden. Er war beruhigt, denn er hatte mit einer größeren Anzahl und damit mit mehr Arbeit gerechnet. Interessanterweise fand sich im Anzeigenteil der Zeitung weitaus mehr als im wöchentlich erscheinenden Bauernblatt. Hier wurden eher neue, große Maschinen angeboten, wurden Milchkontingente gehandelt und nicht zuletzt »fleißige junge Frauen zwecks gemeinsamer Bewirtschaftung eines Bauernhofes und Lebenspartnerschaft« gesucht.
Kluftinger rief die Nummern nacheinander an, wobei er sich als Interessent ausgab. Schnell konnte er einige der Angebote streichen: Mal waren die Traktoren zu neu, um zu besagtem Foto zu passen, mal passten die Fabrikate nicht zu den abgebildeten Maschinen.
Bei einem alten Ladewagen der Firma Mengele war Kluftinger zunächst hellhörig geworden. Er hätte auch noch zwei alte Traktoren und einen Unimog anzubieten, sagte der Verkäufer.
Kluftinger hatte nach der Adresse gefragt, um die Angebote besichtigen zu können und bat um eine Wegbeschreibung. »In Görisried.
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