Milchgeld: Kluftingers erster Fall
Sommer von seiner schönsten Seite zeigte, größtenteils im Bett oder auf der Couch. Die letzten Tage hatten ihn doch mehr geschlaucht als er gedacht hatte. Gerade noch rechtzeitig hatte er am Samstag kurz vor Ladenschluss gemerkt, dass er mit den Vorräten nicht über den Sonntag kommen würde. Wenigstens Wurst und Brot musste er sich also im Supermarkt besorgen.
Er war froh, als es am Sonntagabend Zeit war, ins Bett zu gehen: Die große Freiheit, die man als Strohwitwer angeblich genoss, beschränkte sich für ihn darauf, vor dem Fernseher mit den Händen zu essen, sich diese dann an seiner alten Jogginghose abzuputzen und seinen Blähungen ungeniert nachzugeben.
Voller Tatendrang rief Kluftinger, ohne vorher ins Büro zu fahren, am folgenden Montag nach dem Frühstück gleich bei der Käserei Schönmanger an, um sich für 8.30 Uhr anzukündigen Er hatte die Sekretärin gebeten, sowohl Schönmanger senior als auch seinen Sohn von seinem Besuch zu unterrichten. Er hatte nicht gefragt, ob die beiden Zeit hätten. Er ging einfach davon aus.
Tatsächlich bat ihn Frau Moser gleich ins Büro des Chefs und versprach, auch der Sohn komme sofort.
»Was kann ich für Sie tun, Herr Kommissar?« Schönmanger legte einige Papiere beiseite und ging auf Kluftinger zu, um ihm die Hand zu schütteln.
»Ich hätte da noch ein paar Fragen.«
»Gut, setzen wir uns aufs Sofa. Einen Kaffee vielleicht, Herr Kluftinger?«
»Ja, wenn Sie einen haben, gern. Sie müssen aber nicht extra einen machen.« Kluftinger hatte zum Frühstück nur einen löslichen Kaffee getrunken. Sonst brühte seine Frau morgens meist einen frischen.
»Kein Problem, wir haben jetzt so einen Vollautomaten, da drücken Sie nur auf den Knopf und heraus kommt ein frisch gemahlener und frisch gebrühter Kaffee. Mein Sohn hat auf der Anschaffung bestanden.«
Noch bevor Kluftinger seine Frage stellen konnte, kam Frau Moser mit dem duftenden Getränk herein. Tatsächlich wie im Café, dachte sich Kluftinger. Aber sündteuer, solche Maschinen.
»Herr Schönmanger, was mich interessieren würde, ist, wie Sie mit den Bauern das Milchgeld aushandeln. Gibt es da feste Sätze oder bezahlen Sie unterschiedliche Preise für den Liter?«
Schönmanger schien verwundert über diese Frage, antwortete aber dennoch ohne Umschweife.
»Nun, die Landwirte sind bei uns unter Vertrag und nach einer gewissen Laufzeit wird neu über den Preis verhandelt. Die Bauern leben eher von staatlichen Subventionen als von dem, was wir ihnen zahlen, das ist in der EU nun mal so. Von uns bekommen sie aber regelmäßig Geld, je nachdem, wie viel Milch wir bei ihnen holen. Das Milchgeld von der EU bekommen sie nur einmal im Jahr. Viele verschleudern das dann gleich und haben das Jahr über ein ziemlich knappes Budget.«
»Bekommt jeder Landwirt das gleiche für seine Milch?«
»In etwa, ja. Es gibt da schon ein paar Unterschiede. Wir haben Bauern, deren Großeltern schon bei unserer Firma ablieferten. Da kann man den Preis nicht endlos nach unten drücken. Da hat man irgendwie auch eine Verantwortung. Wir haben zum Beispiel auch einen alten Bauern, der hat noch sechs Kühe im Stall. Der bringt seine Milch noch selbst mit dem Traktor, damit er sich den Preis für die Abholung spart. Teilweise hat der Keimzahlen, dass wir die Milch wegschütten müssen. Aber wir nehmen sie ihm eben ab, solange er den Hof noch hat. Was soll’s. Mein Sohn ist da natürlich strikt dagegen.«
In diesem Moment betrat Peter Schönmanger das Zimmer. Er fragte ohne weitere Begrüßung, worum es eigentlich gehe.
»Um Ihre Milchpreise, Herr Schönmanger.«
Auch der Junior schien durch die Aussage irritiert, wollte im Gegensatz zu seinem Vater aber den Grund der Frage wissen.
»Ach, nur so. Interessiert mich einfach«, gab Kluftinger zurück. Und indem er sich an den alten Schönmanger wandte, fuhr er fort: »Wissen Sie, oft jammern die Bauern über das wenige Milchgeld, das sie bekommen. Da wollte ich jetzt mal genauer nachfragen, wie das so läuft.«
In gereiztem Ton fuhr Peter Schönmanger dazwischen: »Wenig Milchgeld? Ja von wegen! Die können doch nur jammern, die Bauern. Wir sind ein Unternehmen, das auf Wirtschaftlichkeit angewiesen ist. Uns weht ein scharfer Wind ins Gesicht, wir müssen marktwirtschaftlich denken. Denen bläst man alles hinten rein, die leben vom Staat, mit den ganzen Subventionen. Und dann meinen sie noch, sie könnten uns hohe Preise diktieren. Aber ohne uns. Ich sage denen immer, dass
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