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Milchgeld: Kluftingers erster Fall

Milchgeld: Kluftingers erster Fall

Titel: Milchgeld: Kluftingers erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Kobr , Volker Klüpfel
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gar nicht recht gewesen, aber Stoll hatte das mehrfach angebotene Geld partout nicht annehmen wollen. Dabei hätte Kluftinger für den Parmesan so ziemlich jeden Preis bezahlt, schließlich wollte er nicht noch einmal vor Langhammer als Depp dastehen.
    Da das Ehepaar in der Käserei nur die Adresse und die ungefähre Richtung wussten, in der das Haus lag, beschlossen die beiden Kriminalbeamten nach kurzer Suche, nach dem Weg zu fragen. Kluftinger entdeckte einen älteren Mann, der gerade seinen Dackel spazieren führte. Er hielt mit seinem Passat am Straßenrand und Maier fragte freundlich, wo denn die Sandbühlstraße sei.
    »Wer soll denn do det wohne?«, fragte der Mann in breitestem Dialekt und streckte seinen unrasierten Kopf zum Wagenfenster herein.
    »Das tut überhaupt nichts zur Sache. Wir wollen nur wissen, wo die Straße ist. Zu wem wir wollen ist ja wohl unsere Sache.«
    Kluftinger verdrehte die Augen. Er konnte sich vorstellen, was jetzt kam.
    »Dass ihr Gelbfießler au iberall eiern Grind herzeige miesset«, schimpfte der Mann zurück und zog seinen Kopf schnell aus dem Wagen.
    Jetzt bekam Maier einen roten Kopf. Nicht nur, weil er es hasste, Gelbfüßler genannt zu werden. Nein, diese Allgäuer Bezeichnung für die württembergischen Nachbarn benutzte er sogar selber manchmal. Was ihn wurmte, war vielmehr die Tatsache, dass er es nach über 20 Jahren, die er nun schon im Allgäu wohnte, immer noch nicht geschafft hatte, als »Eingeborener« durchzugehen. Immer wieder kam ihm sein Akzent in die Quere. Und der wurde nicht von allen als angenehm empfunden. So wie jetzt.
    »Hören Sie, Sie brauchen nicht gleich ausfällig zu werden«, konterte Maier und bemühte sich dabei um geschliffenes Hochdeutsch. »Ich werde Sie mit solchen Fragen besser nicht mehr inkommodieren. Wahrscheinlich wissen Sie selbst gar nicht, wo die Sandbühlstraße ist.«
    Jetzt war Kluftinger baff. »Inkommodieren« – ein solches Fremdwort hatte er Maier noch nie sagen hören. Er hätte ihm auch gar nicht zugetraut, dass er überhaupt über einen solchen Wortschatz verfügte. Aber vielleicht wusste er ja auch gar nicht, was es bedeutete und benutzte es nur, um sich an dem Alten zu rächen. Kluftinger hätte Maier gerne gefragt. Aber es ging nicht. Denn er hatte selbst keine Ahnung, was das Wort bedeutete.
    Der alte Mann stutzte nur kurz und erwiderte dann trocken: »Jo, wenn ihr so gschiid sind, dann kinned’r grad sell suche«, pfiff durch eine lückenhafte Zahnreihe seinem Hund und marschierte vom Wagen weg.
    Maier wollte sofort seinen Dienstausweis zücken und aus dem Wagen steigen, wurde aber von Kluftinger zurück gehalten.
    »Das bringt doch nichts, Richard«, versuchte er seinen Kollegen zu beruhigen. »Das ist halt ein Westallgäuer, dem brauchst du so nicht zu kommen.«
    Als er Maiers fragenden Blick sah, fügte er hinzu: »Die Westallgäuer sind eben stur. Und wenn du denen arrogant begegnest, machen sie dicht. Dann hast du schon verloren.«
    Kluftinger fuhr weiter und nickte dem Alten zum Missfallen seines Kollegen freundlich zu, als er den Wagen an ihm vorbei lenkte.
    Den nächsten Passanten fragte Kluftinger selbst und erhielt prompt die gewünschte Antwort. Ein »Siehst du!« in Maiers Richtung konnte er sich deswegen nicht verkneifen.
    Das Haus in der Sandbühlstraße, das die Nummer 9 trug, war ein uraltes, wunderschönes Hexenhäuschen mit knorrigen Fachwerkbalken in der Fassade. Der Putz war zwar etwas abgebröckelt, aber sonst schien es noch tadellos in Schuss. In so einem Haus würde sich Kluftinger einmal zur Ruhe setzen, da war er sich ganz sicher.
    Als auf ihr Klingeln niemand öffnete, gingen die beiden Beamten um das Haus herum.
    »Ist da jemand?«, rief Kluftinger. »Hallo?«
    »Kann man ihm helfen?«, hörte er plötzlich eine Stimme aus Richtung Garten. Kurze Zeit später tauchte auch der dazugehörige Mensch auf. Es war ein zu schönes Bild, das sich ihm da bot: Eine Frau, die Kluftinger auf mindestens Mitte 80 schätzte, in bunt gemusterter Kittelschürze, an der – sozusagen schulterfrei – zwei faltige Arme hingen. Ihre Haare standen in sämtliche Himmelsrichtungen ab. Sie humpelte um die Ecke und blickte die beiden Polizisten an. In der einen Hand hielt sie eine kleine Harke, in der anderen ein Büschel mit verschiedenen Gräsern.
    »Grüß Gott, wir wollen zu Familie Lutzenberg«, sagte Kluftinger in das allgemeine Schweigen und lächelte freundlich.
    »Ja, da ist er schon richtig. Schon richtig

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