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Milchgeld: Kluftingers erster Fall

Milchgeld: Kluftingers erster Fall

Titel: Milchgeld: Kluftingers erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Kobr , Volker Klüpfel
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ist er da«, murmelte die Frau und kam näher. Ihr Gang hatte sich, durch ein arbeitsreiches Leben, wie Kluftinger vermutete, zu einer grotesken Mischung aus Humpeln und Schlurfen entwickelt. Vielleicht lag es aber auch an einem Hüftleiden oder den ungeheuer klobigen Bergstiefeln, in denen die kurzen Beine der Frau steckten.
    »Was will er denn?«, fragte die Alte, die nun ganz nah an ihre Besucher herangetreten war. Kluftinger konnte die Schweißperlen sehen, die einzelne Haarsträhnen an ihrer Stirn kleben ließen.
    Der Kommissar stellte sich und seinen Kollegen vor und umriss kurz ihr Anliegen. Die Frau, die sich als Lina Lutzenberg, die Tante des verstorbenen Robert vorstellte, bekam große Augen und bat die beiden sofort ins Haus.
    Kluftinger war ein bisschen überrascht, als er die Wohnung betrat. Es roch zwar so muffig, wie in den meisten alten Wohnungen, in denen er im Laufe seines Polizistenlebens gewesen war. Alles schien aber sehr ordentlich zu sein. Der Aufzug der Frau hatte ihn etwas anderes vermuten lassen und er ärgerte sich über seine voreiligen Schlüsse.
    »Er kann ruhig reinkommen«, winkte die Frau erst ihn und dann Maier ins Wohnzimmer, und erst jetzt bemerkte Kluftinger, dass die Frau immer die dritte Person gebrauchte, wenn sie ihn ansprach. Eine seltsame Angewohnheit, die ihm aber schon des öfteren bei älteren Allgäuern aufgefallen war.
    Hatten die Menschen hier wirklich einmal so gesprochen? Er konnte es sich kaum vorstellen. Vielleicht war es aber auch nur eine Altersmarotte und er würde eines Tages ganz genauso reden.
    Die Frau bedeutete ihnen, auf der Couch Platz zu nehmen. Trotz mehrfachen Verneinens ließ sie sich nicht davon abbringen, den beiden Beamten einen Kräutertee zu machen.
    Während sie aus dem Zimmer wankte, betrachteten Kluftinger und Maier das Wohnzimmer. Es herrschte eine drückende Hitze in der ganzen Wohnung, was darauf zurückzuführen war, dass kein einziges Fenster offen stand, obwohl es draußen inzwischen sehr warm geworden war. Auch so eine Altersmarotte, dachte der Kommissar. Seine Eltern bevorzugten in ihrer Wohnung auch das hausgemachte Tropenklima.
    Eine große alte Standuhr neben einer Kommode, die beide von beträchtlichem antiquarischem Wert zu sein schienen, zeigte viertel nach elf. Kluftinger sah auf seine Armbanduhr und stellte fest, dass die Standuhr auf die Minute genau ging.
    »Die stimmt schon«, sagte plötzlich eine Stimme dicht hinter ihm. Kluftinger hatte nicht bemerkt, dass die Frau schon wieder im Zimmer war. Trotz der klobigen Stiefel ging sie sehr leise, was aber auch an den dicken Teppichen liegen konnte, die überall im Haus ausgelegt waren. »Ich stelle sie immer nach der Tagesschau, wissen Sie«, sagte sie mit Blick auf die Standuhr.
    Dann stellte sie ihren Besuchern zwei Tassen dampfenden Tee auf den Tisch.
    »Eine Mischung aus dem Garten mit Holunder und Lindenblüten – gut für die Nieren, weil man gut schwitzt«, sagte sie und nahm auf einem klapprigen Holzstuhl Platz. Kluftinger fiel auf, dass sie sich die Haare gekämmt hatte. Über ihre Schürze hatte sie eine schwarze Strickjacke gezogen. Es war ihm ein Rätsel, dass die Frau nicht auf der Stelle einem Hitzschlag erlag.
    »Und, schmeckt’s ihm?«, fragt sie schließlich und blickte erst Maier, dann Kluftinger erwartungsfroh an. Der Kommissar sah sich die Tasse an. Der Wasserdampf tanzte auf der dunklen Brühe.
    Er schwitzte schon beim Anblick des Gebräus. Auch der schwere, an frische Baumrinde erinnernde Geruch, regte nicht unbedingt zum Trinken an. Dennoch wollte er die alte Frau nicht enttäuschen, die sich offensichtlich sehr freute, ihren Besuchern eine Kostprobe ihrer Kräuterkunst darbieten zu können.
    Mit einem Lächeln, das mehr nach Zahnschmerz als echter Freude aussah, nippten beide an den Tassen, um sie sofort mit einem überschwänglichen »Hmmmm!« wieder abzusetzen Die Alte schien zufrieden.
    Nachdem sie nun offenbar für ein gutes Gesprächsklima gesorgt hatten, wollte Kluftinger ein paar Informationen bekommen. Er holte gerade Luft, um Lina Lutzenberg nach ihrem verstorbenen Verwandten zu fragen, da ergriff sie von selbst das Wort:
    »Wie ist es denn so bei der Polizei? Sicher ganz gefährlich? Man hört ja soviel. Am Fernsehen zeigen sie es auch immer. Es ist ja so schlimm, was alles passiert.«
    Kluftinger wollte gerade beschwichtigend antworten, dass im Fernsehen ja gerne übertrieben werde, da fuhr sie fort: »Wie hat er gesagt, heißt er? Maier? Ja,

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