Milchgeld: Kluftingers erster Fall
Stapel zu lassen. Also grinste er nur still in sich hinein.
»Herrgottsakrament«, schrie er wenige Sekunden später plötzlich so laut, dass Maier merklich zusammenzuckte. Er stieg in die Bremsen. Ein grüner Mercedes war aus einer Abzweigung unmittelbar vor den beiden Kripobeamten auf die Straße gebogen. Der Fahrer, der es offenbar so eilig gehabt hatte, setzte sein Fahrt dann aber mit nur etwa 30 Stundenkilometern fort.
Blöde Touristen, blöde, lag dem Kommissar bereits auf der Zunge, als er den Fahrer am Kennzeichen als Lindauer identifizierte.
»So fährt man hier also«, sagte er stattdessen. Immer wieder drückte er auf die Hupe und machte seinem Ärger lautstark Luft.
Erst als er die »Passstraße« kurz vor Röthenbach, ein Stück mit steilen und engen Kehren, hinuntergefahren war, und sein Blick auf das Tal fiel, das mit seinen wunderschönen Fachwerkhäusern an die künstliche Landschaft einer Modelleisenbahn erinnerte, beruhigte er sich.
»Da geht’s also nach Ei«, meldete sich Maier auf einmal wieder zu Wort.
Kluftinger verstand nicht. Er sah lediglich einen Wegweiser lach Egg.
»Egg … englisch für Ei, verstehst du?«, sagte Maier und lachte dabei, ließ sein Lachen aber, als Kluftinger nicht einstimmte schnell in einem Räuspern untergehen.
»So, da tanken wir jetzt noch schnell«, ging sein Chef gar nicht auf den misslungenen Witz ein und zeigte stattdessen auf die Zapfsäulen, die links neben der Fahrbahn sichtbar wurden.
»Hier ist es nämlich besonders billig«, erklärte er Maier. Obwohl Kluftinger Dienstfahrten natürlich vom Staat ersetzt bekam, gab es für ihn doch kaum ein schöneres Gefühl, als ein paar Cents zu sparen. Egal, für wen.
Wenige Kilometer weiter, an der Abzweigung Lindenberg/ Weiler, fragte Kluftinger unvermittelt: »Und wo geht’s jetzt hin?« Er fuhr in den Kreisverkehr und bat Maier, doch in der Karte nachzusehen. Der faltete sie auf seinen Knien auf und beugte seinen Kopf darüber.
»Na?«, wurde Kluftinger ungeduldig, als Maier mit einer Antwort auf sich warten ließ.
Maier begann zu schwitzen. Inzwischen hatten sie schon die dritte Runde im Kreisverkehr hinter sich und sein Magen begann zu rebellieren.
»Also … ich glaube …«, stotterte Maier.
»Wird’s bald«, drängte Kluftinger mürrisch.
»Da lang«, erwiderte Maier schnell. Allerdings hörte er sich dabei nicht an, als ob er sich sicher war. Kluftinger schlug dennoch die ihm gewiesene Richtung ein.
»Wehe, das stimmt nicht«, sagte er mit drohendem Unterton.
Den Rest der Fahrt nestelte Maier nervös an seinem Diktiergerät herum. Kluftinger wusste, dass er sich in seiner Gegenwart unwohl fühlte. Aber das war nicht sein Problem. Allerdings würde es zu seinem Problem werden, wenn Maier nicht sofort mit seiner Fummelei aufhören würde.
»Herrgott, hast du es jetzt mit deinem Scheißgerät?«, platzte es schließlich aus ihm heraus und Maier erschrak so heftig, dass er es beinahe hätte fallen lassen. Er wollte gerade etwas erwidern. da fuhren sie an einem grünen Schild vorbei, auf dem mit gelber Schrift »Böserscheidegg« stand. Maier atmete erleichtert auf. Dann sahen sie auch die Käserei. Kluftinger parkte den Wagen unter einem großen Kastanienbaum neben dem Haus und sie gingen auf den Eingang zu. Die Tür war verschlossen. Sie gingen um das Gebäude herum, vorbei an einem haushohen Milchtank aus blitzendem Metall. Im Hinterhof standen Milchkannen in allen Größen herum, manche wirkten nagelneu, andere waren komplett verrostet. Vor einer Türe stapelten sich alte Paletten. Ein paar Hühner liefen über den Hof. Da die Türe offen stand, konnte Kluftinger einen Mann und eine Frau erkennen, die mit einem Gartenschlauch gerade drei riesige kupferne Wannen abspritzten.
Als die Beamten die Türschwelle überschritten, empfing sie sofort ein intensiver Geruch. Kluftinger atmete ihn tief ein. Er liebte diesen Duft. Es roch nach so vielen Käsesorten gleichzeitig, dass seine Nase von diesem durchdringenden Aroma geradezu überwältigt wurde. Ganz anders als im großen Krugzeller Milchwerk, in dem das Bukett viel dezenter war und irgendwie künstlich roch. Dass so ein intensiver Geruch nicht jedermanns Geschmack war, konnte er an Maiers verkniffener Miene ablesen. Maier kam eben aus Württemberg und die wussten einfach nicht, was gut war.
»Grüß Gott«, rief Kluftinger in den gekachelten Raum. Der Mann und die Frau, beide mit weißen, fleckigen Schürzen bekleidet, blickten auf.
»Mir
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