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Milchmond (German Edition)

Milchmond (German Edition)

Titel: Milchmond (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herfried Loose
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grauste es bei dem Gedanken an diese Frau. Wie konnte Tobias nur auf einen solchen Typ Frau hereinfallen? Fragen über Fragen. Sie ließ sich Zeit, alles was sie soeben erfahren hatte, zu überdenken und neu zu sortieren.
   Später am Abend, nach der Tagesschau, kam ihr Vater zu ihr. »Hallo Spatz! Ich höre, es geht dir schon ein wenig besser? Ich wollte dir noch einmal sagen, dass ich über unser Gespräch vom Sommer nachgedacht habe. Falls du dich wirklich auf eigene Füße stellen möchtest, weil du jetzt vielleicht einen neuen Lebensabschnitt planst, wollte ich dich nur wissen lassen, dass du dich natürlich auf meine Hilfe verlassen kannst. Ich gehe nächsten Monat in Pension, dadurch hätte ich jede Menge Zeit, um dich zu unterstützen. Hm, was hältst du davon? Wir beide noch einmal ein Team?« Julia war gerührt.
   »Oh Papa, komm her zu mir!« Er neigte seinen ergrauten Kopf zu ihr, und sie umschlang ihn mit festem Griff, küsste seine Wangen. »Danke, Papa! Es ist schön, solche Eltern, wie euch zu haben. Ich hab euch lieb. Danke, danke, danke!« Auch ihr Vater hielt nun ihre Schultern eng umschlungen - so lagen sie sich einige Minuten in den Armen, genossen die Wärme dieser innigen Umarmung und waren sich ihrer Nähe dankbar bewusst.
   Am nächsten Tag, es war ein Samstag, verließ Julia das Bett, zog ihren Bademantel über und frühstückte, wie in Kindheitstagen, in der Runde ihrer Familie. Lange war es her, dass sie nur mit ihren Eltern und ihrem Bruder, ohne die dazu gehörenden Partner und Johannes Kinder, gemeinsam gefrühstückt hatte, und sie genoss das Gefühl der absoluten Geborgenheit, das ihr diese intime Familienrunde schenkte. »Ich bin glücklich, dass ich euch habe, Mama, Paps, Johannes!« Sie schaute in die Runde und erntete liebevolle Blicke.
   »Ihr wisst, dass wir immer füreinander da sind, Kinder! Immer! Egal was geschieht! Dafür sind wir eine Familie!« Ihr Vater sprach die Worte mit großem Ernst. »Mama und ich sind sehr stolz auf euch - sehr stolz! Das sollt ihr wissen, und wir sind dankbar dafür!« Ihre Eltern schauten sich an, hielten sich bei den Händen.
   »Ja, in der Tat! Wir sind wirklich sehr reich und dafür danke ich unserem Herrgott!« Johannes sprach diese Worte, wie ein kurzes Tischgebet, und Julia wurde es sekundenlang warm ums Herz. Sie saßen lange am Tisch, sprachen über viele Dinge, sparten das Thema um Julias Seelenkummer jedoch behutsam aus. Sie wollten sie nicht bedrängen.
   Später, während die Männer in eine angeregte Unterhaltung über die aktuelle Tagespolitik verfielen, half Julia ihrer Mutter beim Abräumen. Als sie begann, die Spülmaschine zu bestücken, hielt ihre Mutter sie zurück. »Lass nur Kind, ich mache das schon! Geh du nur ins Bad. Nimm dir Zeit, dich herzurichten und mach wieder einen normalen Menschen aus dir - verwöhne dich ein wenig. Mach dich schön - nichts tut wohler, als wenn man sich selber im Spiegel gut leiden kann! Wenn du willst, mache ich dir nachher die Haare. Was sagst du zu meinem Vorschlag?«
   »Ja, Mama, vielleicht hast du recht. Danke.«
   »Ruf mich, wenn du soweit bist, ja?«
   »Mach ich!« Das war eine schöne Idee von ihrer Mutter, die sie gerne annahm. Ihr Gemütszustand besserte sich im Laufe dieses Tages merklich. Die entspannte Atmosphäre im Kreis ihrer Familie zeigte heilsame Wirkung. Julia befolgte den Rat ihrer Mutter, gab sich einer ausführlichen Körperpflege hin. Beim Haarewaschen genoss sie die Nähe ihrer Mutter, die ihr wie in Mädchenzeiten, eine Spülung in die Haare massierte, ausspülte und hinterher die Haare trocken föhnte.
   Es tat ihr sehr gut, so verwöhnt zu werden. Danach machten sie zu viert einen Spaziergang durch Blankenese. Diesmal nicht an der Elbe entlang, sondern durch die Straßen ihres Wohnviertels. Wie liebte sie diesen Ort, an dem sie so unbeschwert aufwachsen durfte, wo sie noch viele Familien aus der Nachbarschaft mit Namen kannte. Ihre Eltern gingen vorweg, und sie folgte ihnen an der Seite ihres Bruders. Seltsam, ihr Vater hatte von seinem anstehenden Ruhestand gesprochen. Sie konnte sich das gar nicht recht vorstellen, dass er schon bald Pensionär sein würde. Er wirkte noch so kraftstrotzend und doch, sie sah nun auf seinen gelichteten Haarschopf, es war unverkennbar, dass die Zeit nicht spurlos an ihm vorüber ging.
   Ihre Mutter schien dagegen zeitlos zu sein. Ihr graziöser Gang, das warme, stets vorhandene Leuchten

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