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Milchschaum

Milchschaum

Titel: Milchschaum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mehler
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ohne dass es aufgefallen wäre.«
    »Schön«, sagte Sprudel, »der Täter sitzt also am Wirtshaustisch vor einem Glas Bier, er murmelt etwas wie ›So ein Bier läuft durch wie nix‹ und steht auf. Doch statt zur Toilette zu gehen, macht er sich davon und erschlägt Pfarrer Winzig am Grab des Bürgermeisters.«
    »Das kann er aber nur, wenn der Pfarrer dort auf ihn wartet«, entgegnete Fanni.
    »Er könnte den Pfarrer zuvor um dieses Treffen gebeten haben«, machte Sprudel weiter. »Der vergaß es zuerst, auf dem Weg zur Sakristei fiel es ihm aber wieder ein – er kehrte um. Wer war denn zur Tatzeit auf dem Friedhof?«
    »Alle möglichen Leute könnten da gewesen sein«, antwortete Fanni.
    »Ja, wo waren die Birkdorfer zur fraglichen Zeit denn nun?«, stöhnte Sprudel. »Im Wirtshaus oder auf dem Friedhof?«
    »Du weißt doch selbst«, entgegnete Fanni, »wie Beerdigungen auf dem Dorf vor sich gehen. Beim Begräbnis des Bürgermeisters lief alles wie immer. Elsie Kraft hat nach all den Litaneien, Ansprachen und Kranzniederlegungen ›Jesus lebt‹ gesungen. Beim letzten Ton ist der Pfarrer vorgetreten, hat den Wedel ins Weihwasser getaucht und ihn über dem offenen Grab geschwenkt. Die Ministranten haben es ihm nachgemacht, und daraufhin ist die Gruppe geschlossen abgezogen. Nach den Ministranten traten die Chorsänger ans Grab, weil die am nächsten standen. Dann waren die Verwandten dran. Die Vereinsvorstände, die nach den Kranzniederlegungen ebenfalls in der Nähe des Grabes stehen geblieben waren, reihten sich hinter den Verwandten ein. Denen folgte der Rest der Gemeinde. Jeder, absolut jeder, der den Weihwasserwedel aus der Hand gab, eilte in Richtung Ausgang. Viele nahmen den Nebenausgang, weil sie damit den Weg zum Wirtshaus abkürzen konnten.«
    Fanni schwieg einen Moment, dann fügte sie hinzu: »Eigentlich müsste der Friedhof leer gewesen sein, nachdem alle dem Bürgermeister die letzte Ehre erwiesen hatten. Die gesamte Trauergesellschaft war wohl viel zu durchgefroren, als dass dieser oder jener noch das Grab von Angehörigen aufsuchen wollte. Wir hatten ja bereits eine gute Stunde in der Kälte gestanden.«
    Sie verflocht ihre Finger. »Der Friedhof war aber nicht leer. Fragt sich, wie viele wieder zurückkamen oder – andere Möglichkeit – wie viele sich, statt am Grab des Bürgermeisters vorbeizudefilieren, hinter Grabsteinen versteckt hielten?«
    Fanni sah Sprudel an, löste die Hände voneinander, drehte die bloßen Handflächen nach oben, wie um zu zeigen, dass sie nichts zu bieten hatte, und sagte: »Keines von beidem lässt sich beantworten.«
    »Dann fragen wir halt so«, sagte Sprudel, »wissen wir von jemandem, der sich nach der Beerdigung auf dem Friedhof aufhielt?«
    »Togo-Franz«, erwiderte Fanni.
    »Fanni Rot«, schmunzelte Sprudel.
    Fanni schnitt ihm eine Grimasse.
    »Ist dieser Fanni Rot außer dem toten Pfarrer etwas aufgefallen?«, fragte er.
    Fanni begann den Kopf zu schütteln, hielt plötzlich inne und starrte Sprudel an. »Ich habe auf Frau Kundlers Grab frische weiße Lilien gesehen!«
    »Lilien morden nicht«, entgegnete Sprudel trocken.
    »Versteh doch, Sprudel«, ereiferte sich Fanni, »die Lilien können noch keine halbe Stunde in der Vase gesteckt haben, es war doch so frostig an diesem Tag …«
    »Ah«, machte Sprudel und verneigte sich. »Kompliment, Miss Marple!« Nachdenklich fuhr er fort: »Jemand, der Frau Kundler Lilien mitgebracht hat, war nachmittags – so zwischen zwei und drei Uhr etwa – auf dem Friedhof. Aber wer sagt uns, dass derjenige nicht schon während der Beerdigung des Bürgermeisters da war, sich am Defilee beteiligt und mit den anderen den Friedhof verlassen hat?«
    Fanni ließ den Kopf hängen. »Niemand.«
    »Merkwürdigerweise«, setzte sie nach einer Pause hinzu, »war Kundler aber eben nicht beim Begräbnis des Bürgermeisters. Er wäre mir aufgefallen – und, ja, Böckl hat es auch erwähnt. ›Der Kundler geht ab‹, hat er gesagt, ›ob er es wohl wieder mit den Bronchien hat?‹«
    »Würde außer dem Ehemann sonst noch jemand Blumen auf Frau Kundlers Grab stellen?«, fragte Sprudel.
    »Ihr Sohn«, antwortete Fanni. »Aber der lebt in Australien, und wenn er zu Besuch hier wäre, hätte ich das erfahren – von Frau Praml.«
    »Vielleicht hat Frau Praml eine Idee, von wem die Lilien stammen könnten«, überlegte Sprudel. »Falls nicht doch Kundler selbst … Lohnt es sich, nachzufragen?«
    Fanni nickte. »Frau Praml

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