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Milchschaum

Milchschaum

Titel: Milchschaum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mehler
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Erna. Rosie sagt, wenn ihr die Bruchbude mit dem ganzen Haufen Grund und Boden drum herum verkauft, dann bringt das so viel ein, dass es für die Meisterprüfung und auch noch für eine Harley reicht.«
    Frau Praml sah auf ihre Armbanduhr und nickte zufrieden. »Kurz vor vier«, sagte sie, »ein Stündchen hab ich noch.« Dann fuhr sie fort: »Die Harley ist Elsie natürlich bitter aufgestoßen, aber dass ihr Sohn die Meisterprüfung machen wollte, das hat ihr schon gefallen, und bald hat sie selbst ihn als den Herrn einer eigenen Werkstatt gesehen. Wegen dem Testament zugunsten der Saller-Linie ist allerdings dann der ganze Traum geplatzt wie eine Seifenblase.«
    Elsie, die Pechmarie, dachte Fanni.
    »Ihr Sohn ist schier ausgerastet«, erzählte Frau Praml weiter. »Er hat von seiner Mutter verlangt, das Testament anzufechten. In ihrer Not wandte sich Elsie an Pfarrer Winzig, aber der hat alles darangesetzt, ihr die Sache auszureden. ›Elsie‹, hat er gesagt, ›ob es sich nun gerecht anfühlt oder nicht, Saller konnte als seinen Erben einsetzen, wen er wollte. Und denk dran, er hat mit dieser Verfügung den Willen seiner Altvorderen erfüllt.‹«
    Frau Praml bekreuzigte sich. »Sie hätten hören sollen, wie der Bub geflucht hat, Frau Rot. Rosie hat es letztendlich geschafft, ihn zu besänftigen, indem sie ihm versprochen hat, die Erbschaftsangelegenheit einem Rechtsanwalt vorzutragen. Der Junge war selbst dabei, als der Anwalt sagte, es würde ein schwieriger Prozess werden mit geringer Aussicht auf Erfolg. Rosie wäre trotzdem bereit gewesen, ihn zu führen. Doch Elsie hat sich geweigert, nachdem ihr Pfarrer Winzig noch mal dringend abgeraten hatte.«
    Frau Praml hob mahnend den Zeigefinger. »Von dieser Minute an war mit dem Buben nicht mehr zu reden. In der Nacht hat er sich eine Kawasaki geschnappt, die in der Werkstatt, wo er arbeitet, zur Reparatur stand, und ist damit nach Salzburg gerast. Einzig und allein unserem Pfarrer Winzig hat es der Bub zu verdanken, dass er seine Arbeitsstelle wegen dem Vorfall nicht verloren hat. Der hat extra den Besitzer der Werkstatt aufgesucht und sich bei ihm für Elsies Sohn eingesetzt. Können Sie sich ausmalen, Frau Rot, wie fertig Elsie die ganze Sache gemacht hat?«
    Fanni nickte. Es war nicht schwer, sich das auszumalen, und es war ebenso wenig schwer, sich auszumalen, wie sich Elsie immer heftiger an Pfarrer Winzig klammerte. Und nun war er tot. Der letzte und einzige Halt war ihr genommen worden. Von wem?
    Frau Praml fasste Fanni scharf ins Auge. »Pfarrer Winzig war ein guter Mensch, ein Wohltäter. Alle Pfarrkinder sind dieser Meinung gewesen. Sie allerdings, Frau Rot …«
    Sie wurde vom Ton der Türglocke unterbrochen. Fanni lief in den Flur, öffnete und sah sich Frau Pramls vierzehnjähriger Tochter gegenüber. Das Kind, gut einen Kopf größer als Fanni, spähte über ihre Schulter.
    »Ist die Mama bei Ihnen? Sie muss sofort heimkommen, mein Bruder hat sich am Treppengeländer den Schneidezahn ausgeschlagen.«
    Frau Praml stand bereits auf der Schwelle. »Weil er dauernd herumturnt wie ein Affe. Jetzt haben wir die Bescherung.« Sie querte Fannis Zufahrt, stieg aufs Grenzmäuerchen und eilte über den Rasen auf ihr Haus zu.

8
    Fanni räumte gerade den Tisch ab, als sie einen Wagen in die Zufahrt einbiegen hörte.
    Hans Rot? Unmöglich, dachte sie.
    Von dem Hoagarten in Roggersing würde er kaum vor Mitternacht zurückkehren.
    Sie warf einen Blick aus dem Küchenfenster. Lenis Wagen stand draußen. Natürlich, sie hatte ja angekündigt, dieses Wochenende nach Erlenweiler kommen zu wollen.
    Jonas Böckl hatte Leni zur Taufe seiner Tochter eingeladen.
    Fanni musste lächeln. Jonas Böckl war bis vor wenigen Jahren ein enthusiastischer Schürzenjäger gewesen. Er hatte bei Jagdausflügen nach Tschechien, die er zusammen mit seinem Vater unternommen hatte, mehr Frauenherzen eingeheimst als Jagdbeute. Etliche der Mädchen, die ihm vor die Flinte gelaufen waren, hatte er angeblich geschwängert, und damit war er in die Bredouille geraten.
    Damals hatte Leni – äußerst inoffiziell – ein paar Vaterschaftstests für ihn durchgeführt, damit er Ordnung in sein Leben bringen konnte.
    Und wirklich, Jonas hatte reinen Tisch gemacht. Er heiratete Eva, seine dauerhafteste Liebschaft, und erkannte den Sohn, den sie geboren hatte, als seinen eigenen an. Vor einem knappen Jahr hatten die beiden dann noch eine Tochter bekommen, und Jonas hatte zu Leni gesagt: »Egal,

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