Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Milchstraße - Geschichten von der großen Liebe (German Edition)

Milchstraße - Geschichten von der großen Liebe (German Edition)

Titel: Milchstraße - Geschichten von der großen Liebe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Ludwig
Vom Netzwerk:
41, verheiratet und hat acht Kinder. Ich bin 31. Er ist nicht der Typ Mann, mit dem ich normalerweise zu tun habe. Er versucht, mich zu einer guten Wüstenbewohnerin zu erziehen und bringt mir Französisch bei. Wir haben unsere Schäferstündchen tagsüber. Nachts geht er nach Hause.
    Eines Tages läuft ein junger Mann aufs Gelände. Er ist ein paar Jahre jünger als ich. Mohamed hat ein sehr hübsches, weiches Gesicht, aber er ist ein richtiger Kerl. Er hat Pranken, die fast so groß sind wie sein Kopf. Das ist untypisch, denn die Tuareg sind in der Regel schlanke Männer. Ibrahim hingegen ist groß und schlank und wir kommen ins Gespräch. Er ist ein Nachbarsohn von Mohamed und kommt zum Duschen ins Hotel. Er bittet mich darum, ihm seine Haare zu schneiden, was ich am nächsten Tag tue. Im Gegenzug schenkt er mir eine Ledertasche. Er lädt mich ein zu einer Hochzeit auf dem Marktplatz. So etwas ist dort ein Volksfest. Da gehe ich mit ihm hin. Mohamed bekommt das mit. Für ihn ist das ein Sakrileg. Ich bin mit einem anderen Mann in der Öffentlichkeit!
    Er geht mich deswegen nicht direkt an. Er lädt Ibrahim und mich ein, im Landrover in die Wüste zu fahren. Bei irgendwelchen Frauen, die dort in Zelten leben, trinken wir Tee. Ganz harmlos. Später stellt sich heraus, dass er einfach nur sehen wollte, was zwischen uns läuft.
    Es passiert gar nichts, wir reden einfach nur. Nach der Rückfahrt ist mir klar, dass ich mich in Ibrahim verliebt habe. Ich kann das nicht verschweigen und sage es Mohamed sofort.
    Er ist schockiert, nimmt seinen Turban ab und ich sehe, dass sein Kopf kahl geschoren ist. Ich blicke ihn erstaunt an. Er habe sich bestraft, weil er sich so in mir getäuscht habe, sagt er. Dabei war zwischen Ibrahim und mir überhaupt nichts geschehen. Es hat wohl in der Luft gelegen.
    An einem der nächsten Tage sitze ich auf einer Bank, die beiden Männer links und rechts von mir. Ibrahim und ich haben immer noch kein Wort darüber gewechselt, was wir füreinander empfinden. Aber mir sagt man jetzt, ich solle mich entscheiden, mit wem ich gehen wolle. Die beiden reden zwischendurch in ihrer Sprache. Das ist mir dann alles zu viel und ich sage „Ich reise ab.“

    Am nächsten Tag streicht Mohamed um die Bäume, kommt jedoch nicht zu mir her. Mir zerreißt es fast den Leib vor Kummer und sage ihm, ich sei zu allem bereit, was er fordere. Er will, dass ich in seiner Gegenwart dem anderen sage, dass ich ihn nicht wieder sehen möchte. Das tue ich dann unter Tränen. Ibrahim zeigt keinerlei Gefühle. Ich möchte Ibrahim auf Wiedersehen sagen, ohne dass Mohamed dabei ist.
    Wir gehen in den Garten, verabschieden uns und schenken uns gegenseitig einen Ring. Immer noch reden wir nicht miteinander. Es ist einfach da. Tatsächlich sehe ich Ibrahim danach nicht mehr.
    Mohamed bemüht sich, mich auf andere Gedanken zu bringen, was ihm auch gelingt. Ab diesem Zeitpunkt sieht er mich eindringlich an, wenn ich mich mit Anderen unterhalte. Ins Hotel kommen ja auch europäische Gäste. Er traut mir nicht mehr. Ich bleibe so lange, bis ich zurück muss, weil mein Visum nicht verlängert wird. Es ist Herbst. Ich plane, an Weihnachten wiederzukommen.
    In Deutschland bekomme ich von beiden Männern Briefe. Es fühlt sich an, wie in der persönlichen Begegnung: Wenn ich bei dem einen bin, könnte ich den anderen verraten. Und umgekehrt. Wer da ist, hat die Macht. Nachdem ich das verstehe, weiß ich, dass ich da nicht mehr hin kann. Das ist eine Welt, in der jeder alles weiß. Wir wechseln weiterhin Briefe, aber mein Entschluss steht, dort nicht mehr hinzufahren.
    Im Januar melden sich Leute bei mir, die eine Gruppenreise nach Tunesien planen. Sie fragen mich, ob ich mitfahren will, und ich sage ja.
    Wir planen einen Aufenthalt in einem Ort in der Nähe. Ich rufe Ibrahim an, und frage, ob er mich dort treffen wolle. Wir verbringen eine Nacht miteinander, an die ich kaum eine Erinnerung habe. Es ist alles zu aufregend.
    Ich plane , nach der Gruppen-Tour wieder zu diesem Ort zu kommen. Weil mir meine Tasche mit meinen Papieren und allem Geld gestohlen wird, muss ich aber zurück nach Deutschland.
    Hier geht mein Leben weiter, auch mit Männern. Ich erhalte immer mal wieder Briefe, hauptsächlich von Mohamed. Als er nicht mehr dort arbeitet, wohin ich die Briefe geschickt habe, bekomme ich von ihm kein Lebenszeichen mehr. Ich weiß nicht, wie ich ihn erreichen kann. Später versuche ich erfolglos, seine Adresse über die Präfektur und

Weitere Kostenlose Bücher