Milchstraße - Geschichten von der großen Liebe (German Edition)
sich auch um Dinge kümmern, die ich normalerweise selbst machen würde, weil ich weiß, dass er es kann. Ich kann die Tür hinter dem größten Chaos schließen, denn ich weiß, dass er damit klarkommt. Hinterher ist es genau so, wie wir es uns vorstellen.
Für mich passt das einfach. Ich werde ihn nicht mehr hergeben.
Michaela
Auf dem Bettvorleger
Vor ungefähr einem Jahr hörte ich zum ersten Mal von ihr. Eine langjährige Freundin erzählte mir, dass Ingrid vor vier Jahren ihr Coming Out hatte und wir uns einmal kennen lernen sollten.
Diese Frau hätte sich erkundigt, was in der Schweiz für lesbische Frauen angeboten wird, wo man Gleichgesinnte treffen und zum Tanzen gehen könne. Meine Freundin wollte bei Gelegenheit den Kontakt herstellen. Das hat nun über ein Jahr gedauert.
Anfang November meldete sich Ingrid per E-Mail. Danach schrieben wir einige Male hin- und her und tauschten unsere Erfahrungen aus. Eines Abends verabredeten wir uns für den nächsten Nachmittag. Davor haben wir nie telefoniert. Unser Treffen war so schön, dass wir erst am späten Abend auseinander gingen.
Anfang Dezember trafen wir uns zum Fondue in einem Restaurant. An diesem Abend tauschten wir uns herzmäßig aus. Jede auf ihre Art, noch recht distanziert. Ich fand es witzig, dass wir über Eck saßen und weit auseinander. Wir pirschten uns ganz vorsichtig an, erzählten uns unsere Vorstellungen vom Leben. Mein Herz flog zu ihr.
Anschließend fuhr jede in ihr eigenes Zuhause. Ich konnte nicht richtig schlafen. Am nächsten Tag teilte ich ihrem Anrufbeantworter mit, dass ich sie sprechen will. Hat er mein Herzklopfen aufgezeichnet? Sie rief mich am Abend zurück und wir telefonierten die ganze Nacht. Wir merkten, wie sehr wir uns anzogen.
Eines Morgens um acht Uhr klingelte es an meiner Haustür: Ingrid stand mit Brötchen und Kaffee davor. Beim Frühstück kamen wir uns näher und küssten uns zum ersten Mal. Jetzt war ganz klar, dass wir uns mochten. Danach sahen wir uns alle zwei bis drei Tage.
Zwei Wochen später wurde Ingrid an ihrem Ellbogen operiert. Ich wollte sie gerne unterstützen und begleitete sie ins Krankenhaus. Sie überraschte mich damit, dass sie mich dort als ihre Lebensgefährtin vorgestellte.
Ich durfte Ingrid daher begleiten, soweit es möglich war. Ich durfte sogar in den Aufwachraum und verbrachte die Nacht bei ihr im Zimmer auf dem Bettvorleger. Das war gut, denn es ging ihr ziemlich schlecht.
Am nächsten Tag kam ihr Papa und schrie mich an, wer ich denn sei. Ihre Eltern kamen offenbar nicht damit zurecht, dass ihre Tochter lesbisch ist. Ich bin froh, dass mein Umfeld mehr Verständnis bei meinem Coming Out gezeigt hat. Die Angriffe ihrer Eltern waren so heftig, dass Ingrid nach ihrer Entlassung aus dem Spital bei mir einzog.
Unser Zusammenhalt ist grandios. Bei meinem Fest zu Weihnachten stellte ich sie meiner Familie vor. Ingrid wurde mit offenen Armen als meine Partnerin aufgenommen. So etwas hatte sie noch nie erlebt. Obwohl ich sehr ländlich aufgewachsen bin, hat meine Familie doch den gesunden Menschenverstand und sagt: Wenn die beiden glücklich miteinander sind, ist das in Ordnung.
Barbara
Wüstenmänner
Nach fünf Wochen erreichen wir mit unseren Kleinlastern Algerien. In einer Wüstenstadt warten wir eine Woche lang auf eine Gruppe, die dort zu uns stoßen will. Tuaregs zeigen uns die dortigen Sehenswürdigkeiten. Wir wohnen in einem Hotel aus Strohhütten, die wie Zelte auf einem Platz angeordnet sind. Mohamed, der Geschäftsführer des Hotels, macht mich an. Ich genieße seine Avancen, denke aber gleichzeitig, um Gottes willen, worauf lässt du dich da ein? Ich lasse ihn nicht an mich heran. Ich erzähle einer Frau davon, mit der ich mich auf der Reise angefreundet habe. Die meint: „Bist du blöd? So ein toller Mann! Mach das.“
Mohamed hat ein Auge auf meinen Kassettenrekorder geworfen, ich will ihn ihm verkaufen. Dazu treffen wir uns in meiner Hütte. Den Rest muss ich wohl nicht beschreiben.
Eine Woche später fliege ich nach Deutschland zurück. Mohamed geht mir nicht aus dem Kopf. Ich besorge mir ein Visum, fliege drei Monate später wieder hin und bleibe mehrere Monate in Algerien.
Es ist eine große Liebe. Ich halte mich auf dem Hotelterrain auf. Der große Garten ist wie das Paradies. Hier wachsen Dattelbäume, Granatapfelbäume und Wein. Ich stelle mir ein Bett, einen Tisch und Stühle unter eine Dattelpalme und lebe drei Monate unter freiem Himmel.
Mohamed ist
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