Miles Flint 01 - Die Verschollenen
oder so hatte sie das Gefühl, ein schneller Tod wäre besser als ein Leben in einer Rev-Strafkolonie. Zumindest konnte sie versuchen, aus dieser Sache herauszukommen. Zumindest hatte sie eine Chance.
»Legen Sie die Hände auf den Kopf«, wiederholte sie. »Ich sage das nicht noch einmal.«
Der Pilot gehorchte. Ekaterina erhaschte einen Hauch von Schweiß, gepaart mit Furcht. Er hatte ebenfalls Angst. Vermutlich nicht vor ihr, sondern vor dem, was ihn erwartete, wenn die Rev die Kapsel öffneten.
Obwohl sie die Rev-Gesetze recht gut kannte, wusste sie nicht, was passieren würde. In diesem Punkt hatte sie gelogen. Möglicherweise kostete es diesen Leuten das Leben.
Aber so funktionierte der Tauschhandel nun einmal: deren Leben für ihres. Sie hatten versucht, sie zu verkaufen, obwohl sie sie hätten retten sollen. Ekaterina konnte sich nicht den Kopf über sie zerbrechen. Nicht jetzt.
»Aufstehen«, befahl sie.
Sie gehorchten. Nun kam der schwierige Teil. Sie musste sie unter Kontrolle halten und sicherstellen, dass keiner von ihnen sie angriff, während sie sie in die Kapsel brachte.
Und sie hatte keine Ahnung, wo die nächste Kapsel war.
Der Pilot war größer als sie. Ekaterina trat einen Schritt zurück und richtete die Pistole auf ihre drei Gefangenen.
»Sie haben mein Profil gelesen«, sagte sie in der Hoffnung, dass sie das nicht getan haben. »Sie alle wissen, dass ich für meine Treffsicherheit bekannt bin.«
Der Copilot schluckte so schwer, dass sie die Bewegung in seinem Hals deutlich erkennen konnte.
»Sie«, sagte sie zu dem Piloten. »Offnen Sie die Kapsel.«
Ein Glücksspiel mit kalkuliertem Risiko. Wenn diese Jacht eine Standardausstattung hatte, musste es eine Kapsel in der Nähe des Cockpits geben. Aber dies war eine Privatjacht, und sie wusste, dass Privatjachten häufig an die Bedürfnisse der Eigentümer angepasst wurden.
Der Pilot sah hilfesuchend zu seinen Kollegen. Ekaterina wedelte mit der Pistole, als wolle sie ihn vorantreiben, was sie gleichzeitig gefährlicher erscheinen lassen sollte, als sie war.
Sie hatte keine Ahnung, ob es funktionierte, aber der Pilot tat einen Schritt vorwärts. Er ging um die Hauptkonsole herum zu einer Wand. Dort drückte er auf eine verborgene Taste, und die Wand öffnete sich.
Ekaterinas Hand spannte sich um den Pistolengriff. Eine Fluchtkapsel sollte deutlich markiert sein.
Die Öffnung gab den Blick auf die schlanke schwarze Seitenfront der Fluchtkapsel frei. Und die Kapsel war sogar mit dem Namen der Jacht und des Herstellers gekennzeichnet.
»Einsteigen«, befahl sie.
»Sie ist nur für zwei Personen erbaut«, wandte der Pilot ein.
»Von mir aus kann sie für einen einzelnen Disty gebaut worden sein. Sie werden da einsteigen«, entgegnete Ekaterina.
Der Pilot sah sich erneut zu den anderen um und öffnete die Schiebetür der Kapsel. Da war genug Platz für zwei Personen. Die Dritte würde auf dem Boden hocken oder sich hinkauern müssen. Offensichtlich war diese Kapsel nur für den Piloten und den Copiloten gedacht. Theoretisch boten also die Kapseln im Heck – vorausgesetzt, es gab Kapseln im Heck – zusätzlichen Platz für die Passagiere.
»Ich sage es nicht noch einmal«, sagte Ekaterina.
Der Pilot bückte sich und streckte ein Bein in die Kapsel. Er war ein bisschen zu groß für die Abmessungen im Inneren.
»Setz dich auf den Boden«, sagte Jenny, als wäre sie des Dramas müde. »Ich nehme den Hauptsitz.«
Dann trat sie vor ihn und kletterte auf den Sitz. Irgendwie schaffte sie es, dabei die Hände auf dem Kopf zu lassen.
Der Pilot setzte sich hinter ihr auf den Boden, und der Copilot nahm den verbliebenen Sitzplatz.
Mit der linken Hand schloss Ekaterina die Luke. Die Pistole richtete sie noch immer auf die drei Personen, obwohl sie nun keinen Nutzen mehr hatte. Sie würde nicht durch den Rumpf der Kapsel auf sie schießen können.
Ekaterina schloss die Klappe in der Wand, die die Kapsel barg, und nachdem sie die Steuerinstrumente einen Moment studiert hatte, fand sie die ziemlich versteckte Auswurftaste.
Die Jacht kippte um, und sie taumelte zurück, für einen Moment von dem entsetzlichen Gedanken ergriffen, der Pilot hätte eine Möglichkeit gefunden, sie zu entwaffnen. Sie glitt über den Boden und knallte mit dem Kopf an die Konsole, aber irgendwie schaffte sie es, die Pistole festzuhalten.
Niemand öffnete die Notfallklappe. Niemand betrat das Cockpit. Nichts rührte sich.
Nun erst wurde Ekaterina klar, dass die
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