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Miles Flint 01 - Die Verschollenen

Miles Flint 01 - Die Verschollenen

Titel: Miles Flint 01 - Die Verschollenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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gedrungen war.
    Opal ließ die Tür offen und setzte sich neben die Wiege, sodass sie gleich zugegen sein würde, sobald der Junge erwachte. John Harken saß im Schneidersitz auf einem Kissen in einer Ecke des Wohnzimmers und beobachtete interessiert Flints Interaktion mit Jasper – oder besser: seine Interaktionsbemühungen .
    Jasper bemühte sich tapfer, die Tränen zurückzuhalten.
    Die Harkens hatten bereits einen Arzt angefordert, um sich zu vergewissern, dass beide Jungen von den Wygnin gut behandelt worden waren. Aber John Harken hatte Flint unter vier Augen erklärt, dass Jaspers Reaktion nicht so ungewöhnlich war. Kinder in seinem Alter hatten im Falle einer Entführung das Gefühl, jeglichen Halt zu verlieren, und sie wussten nicht, wie sie damit umgehen sollten.
    Flint saß auf der Armlehne der abgenutzten Couch gleich neben Jasper. Der Junge hatte wunde Stellen an Händen und Armen, ausgelöst durch die Modifikationen, die von den Wygnin entfernt worden waren. Offensichtlich waren Jaspers Eltern nicht arm; sie hatten ihren Sohn an diverse Links und an ein Sicherheitssystem angeschlossen, das die Wygnin irgendwie hatten umgehen können.
    Flint hegte wenig Hoffnung, dass die Wygnin Jaspers Identitätschip an seinem Platz gelassen hatten. Alle Kinder, die innerhalb des Hoheitsgebiets der Erdallianz geboren wurden, hatten so einen Chip, aber nicht alle Eltern hielten ihn stets auf dem neuesten Stand. Dennoch böte er Flint Informationen, mit denen er seine Nachforschungen hätte beginnen können.
    Flint hatte eines der Lesegeräte in der Handfläche seiner eigenen Hand aktiviert, verdeckte es jedoch mit den Fingern, solange Jasper ihm nicht gestattet hatte, es zu versuchen.
    »Ich möchte dir nicht wehtun«, sagte Flint nicht zum ersten Mal. »Ich möchte nur nachsehen, ob du einen Identitätschip hast.«
    »Ich bin Jasper«, sagte der Junge. Er hielt das Gesicht abgewandt, wenn er mit Flint sprach, genauso, wie es DeRicci getan hatte, als sie mit den Wygnin kommuniziert hatte. Er wusste nicht, ob Jasper das tat, weil er nervös war oder weil die Wygnin bereits so einen starken Eindruck bei ihm hinterlassen hatten.
    »Ich weiß«, entgegnete Flint. »Ich möchte nur herausfinden, wer deine Eltern sind. Ich möchte ihnen sagen, dass es dir gut geht.«
    Jasper hielt den Kopf weiter gesenkt. Eine Träne fiel von seiner Wange auf den Handrücken.
    »Ich bin sicher, sie werden das wissen wollen.«
    Jasper schüttelte den Kopf.
    Flint runzelte die Stirn. Sollte er sich irren? War dieser Junge aus einem anderen Grund als zur Bestrafung eines Verbrechens seiner Familie an den Wygnin mitgenommen worden?
    Er versuchte es auf einem anderen Weg. »Wie haben die Wygnin dich gefunden?«
    »Ich weiß nicht.« Die Worte fielen kaum hörbar, beinahe erstickt und so, als würde Jasper sich die gleiche Frage stellen.
    »Was ist passiert, als sie dich entdeckt haben?«, fragte Flint.
    Jasper biss sich auf die Unterlippe. Blut sickerte zwischen seinen Zähnen hervor. Flint war nicht überzeugt, dass der Junge überhaupt etwas davon bemerkte.
    Hatten die Wygnin seine Eltern getötet? Oder war er schon vor dieser Sache allein gewesen?
    Erwachsene zu töten, passte nicht zu den Wygnin. Die Wygnin töteten niemals, welchen Anlass sie auch haben mochten. Das gehörte nicht zu ihrem gesellschaftlichen Kodex. Sie taten nur, was sie für gerecht hielten. Sie nahmen etwas von Wert, wenn ihnen etwas von Wert genommen wurde. Aber sie nahmen kein Leben im Gegenzug für ein Leben.
    »Jasper«, sagte Flint, »manchmal hilft es, über diese Dinge zu sprechen.«
    »Ich bin einfach nur aufgewacht«, erklärte der Junge. »Ich bin aufgewacht, und sie waren da. Ich dachte, es wäre ein Traum, und dann haben sie mich gepackt, und ich konnte nicht einmal mehr schreien. Aber vielleicht, wenn ich geschrien hätte …«
    Er unterbrach sich und schüttelte den Kopf.
    »Wenn du geschrien hättest?«, hakte Flint nach.
    »Dann wäre ich vielleicht noch zu Hause«, flüsterte Jasper endlich.
    »Vielleicht können wir dich ja wieder nach Hause bringen«, sagte Flint.
    »Nein!« Jasper drehte sich so hastig um, dass Flint von seiner Bewegung vollkommen überrascht wurde. Und der Junge packte seinen Arm. Kleine Finger bohrten sich in Flints Haut und pressten einige seiner Polizeimodifikationen gegen den Knochen. »Nicht. Bitte. Bringen Sie mich nicht nach Hause.«
    »Warum nicht?«, fragte Flint. »Was stimmt nicht mit Zuhause?«
    »Nichts.« Jaspers Wimpern

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