Miles Flint 02 - Die Lautlosen
Sauerstoffversorgung abgestellt hat. Keine Fasern, keine Spuren von dem Anzug. Sie hat um sich geschlagen und sich auf die Zunge gebissen, aber sie hat nichts davon in dem Anzug getan. Tatsächlich hat sie sogar Blutergüsse, die beweisen, dass sie den Anzug nicht getragen hat.«
DeRicci verfluchte sich in Gedanken. Sie hatte bereits angenommen, dass dieser Teil der Geschichte inszeniert worden war. Wenn die Leichenstarre bereits eingetreten war, musste jemand anderes, der den gleichen Anzug trug, die Startnummer an sich genommen haben – vermutlich der Mörder. Aber ihr war nicht klar gewesen, dass Zweig den Anzug gar nicht getragen hatte, als sie gestorben war.
»Also«, fuhr Broduer fort, »war die ganze Sache inszeniert und bis ins kleinste Detail durchgeplant. Hätte der Täter ein paar Minuten mehr Zeit gehabt, so wäre es ihm vermutlich gelungen, das Visier zu zerstören, sodass die Leiche selbst den größten Teil der Beweise zerstört hätte. Vermutlich wäre uns die Inszenierung dann entgangen.«
DeRicci dachte an die sauberen Stiefel und das Fehlen von Spuren, die durch einen Sturz hätten entstehen müssen. »Vielleicht auch nicht.«
Broduer schüttelte den Kopf, hatte aber offensichtlich nicht die Absicht, mit ihr zu streiten. »Die Sache mit der Inszenierung war wichtig, aber das war nicht der Hauptgrund für den Versuch, das Visier zu zerstören.«
»Was meinen Sie damit?«
»Wäre der Körper einem Druckverlust ausgesetzt worden, so wäre er auf das dreifache Volumen angeschwollen und hätte Flüssigkeit verloren. Die meisten Spuren wären schlicht vernichtet worden. So hätte es ausgesehen, hätten wir die Leiche gefunden, nachdem die Schwellung abgeklungen und der Leichnam mumifiziert wäre.«
»Ja«, sagte DeRicci. Sie hatte sicher mehr dieser Leichen zu sehen bekommen als er.
»Wir hätten sie nie identifizieren können.«
»Wozu identifizieren?«, fragte DeRicci. »Wir wissen, wer sie war.«
»Wir wissen, für wen wir sie halten sollten«, korrigierte Broduer sie. »Es ist mir sogar gelungen, eine Expressgenehmigung zu erhalten. Ich hatte alle notwendigen Voraussetzungen. Zum ersten Mal in fünfzehn Jahren.«
DeRicci umfasste ihre Tasse so kraftvoll, dass der Kunststoff protestierend ächzte. Sie stellte die Tasse auf den Boden. »Was soll das heißen, Sie haben eine Expressgenehmigung erhalten?«
»Für eine DNA-Identifizierung. Die Fingerabdrücke und die Netzhautabtastung passten nicht zu Jane Zweig. Ich dachte, wir hätten vielleicht nicht die richtigen Informationen über sie, aber ihr Tod war so verdächtig und wird eine so große öffentliche Beachtung finden, dass ich wusste, ich könnte einen Richter überzeugen, mir die Genehmigung im Eilverfahren zu erteilen. Und ich hatte recht.«
Broduer schien deswegen sehr zufrieden mit sich zu sein. Das wäre DeRicci vielleicht auch gewesen, hätte sie sich bereits von dem Gedanken erholt, dass die Leiche nicht Jane Zweig war.
»Was hat die DNA-Analyse ergeben?«, fragte DeRicci.
»Tja, da gab ein paar interessante Ergebnisse. Zunächst haben wir festgestellt, dass wir keine DNA-Probe von Jane Zweig haben. Sie ist nirgends gespeichert. Nicht einmal die medizinischen Einrichtungen in der Stadt haben die DNA, und das ist schlicht und ergreifend eigenartig. Mir ist so etwas noch nie begegnet.«
DeRicci schon, aber nur im Zusammenhang mit Leuten, von denen sich später herausgestellt hatte, dass sie Verschwundene waren. Doch sie enthielt sich einer entsprechenden Äußerung. Sie wollte hören, was die Analyse noch ergeben hatte.
»Aber das war nur ein unbedeutender Rückschlag«, berichtete Broduer, »denn wir wissen nun, dass die Leiche nicht Zweig ist.«
»Ohne Zweifel?«
»Ohne Zweifel.«
Das änderte alles. Bereits der Todeszeitpunkt hatte DeRicci zu schaffen gemacht, aber nun, da das Opfer eine andere Person war, änderte sich auch das Motiv und alles weitere.
Sie hoffte, dass Broduer den Namen der Toten kannte. Tat er es nicht, war DeRiccis Arbeit gerade noch ein bisschen schwieriger geworden.
»Wer ist sie?«, fragte sie.
»Eine Eve Mayoux«, antwortete er. »Langjährige Einwohnerin von Armstrong. Wurde heute Morgen von ihrem Arbeitgeber als vermisst gemeldet.«
»Eve Mayoux?«, hakte DeRicci nach. »Muss mir der Name etwas sagen?«
Broduer schüttelte den Kopf. »Hat allein gelebt. Kaum Freunde. Und sie hat bis heute keinen einzigen Tag am Arbeitsplatz gefehlt.«
»Was war ihr Beruf?«
»Sie hat in den Growing Pits
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