Miles Flint 02 - Die Lautlosen
zugeben, dass sie das getan hatte. »Ich hatte vor, den Anzug von Zweig, sobald ich ihn in die Finger bekäme, persönlich wegzubringen. Was immer der Anzug mir hätte verraten können, hätte mir geholfen.«
Das war noch kein Geständnis, doch es war auch nicht weit davon entfernt.
»Aber Zweig ist nicht aufgetaucht, richtig?«
Oliviari schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, wie das möglich ist. Ich dachte, sie würde immer unter den ersten zehn Prozent liegen.«
»Hat sie auch.« Oliviari hielt inne und studierte sie. Niemand hatte sie je zuvor so intensiv gemustert. Sie fragte sich, ob sich die Leute, die sie verfolgte, auch so fühlten, wenn sie sie aufgespürt hatte.
»Aber?«, hakte Oliviari nach.
»Aber«, sagte Tokagawa gedehnt, »sie hat das Rennen heute nicht beendet.«
Wieder erschütterte ein Schauder ihren Leib. Oliviari rieb sich die nackten Arme mit den Händen. Ihr Körper war von einer Gänsehaut überzogen.
»Warum nicht?«, fragte sie, obgleich sie bereits wusste warum. Es lag auf der Hand. Das war der Grund, warum er in der Vergangenheitsform gesprochen hatte, der Grund, warum die Übermittlungen von Team Zwei ausgeblieben waren.
»Jane Zweig ist heute zwischen Meile Fünf und Meile Sechs gestorben«, sagte er. »Sie kann hier kein Virus freigesetzt haben.«
Oliviari hörte auf, sich die Arme zu reiben. »Jane Zweig ist unser Mordopfer?«
Tokagawa drückte die Schultern durch. »Nicht mein Opfer«, sagte er. »Aber vielleicht Ihres?«
Oliviari starrte ihn einfach nur an. Wieso sollte er sie verdächtigen? Und dann trat ihr vernebelter Geist wieder in Aktion. Natürlich, sie hatte Zweig gekannt. Und sie glaubte, dass Zweig und Tey ein und dieselbe Person waren.
Tokagawa löste sich vom Schreibtisch. »Ich glaube, ich werde die Polizei darüber informieren, dass wir hier einen Kopfgeldjäger haben und dass dieser Kopfgeldjäger denkt, die tote Frau sei eine Massenmörderin gewesen. Von Zeit zu Zeit töten Kopfgeldjäger ihre Zielpersonen, nicht wahr? Vor allem dann, wenn sie denken, diese Zielperson könnte nicht die Strafe bekommen, die sie verdient?«
Wieder erfasste ein Schauder ihren Leib. »Wir haben nicht das Recht, so etwas zu tun.«
»Sie operieren so oder so rechtswidrig«, konterte Tokagawa. »Sie haben sich in der Stadt nicht angemeldet, und Sie haben sich mit falschen Angaben hier eingeschlichen. Das sieht in meinen Augen ganz wie eine perfekte Vorbereitung für einen Mord aus.«
»Ich war die ganze Zeit über im Versorgungsbereich. Ich war nie in ihrer Nähe, und ich bin ganz sicher nicht in der Nähe von Meile Fünf und Sechs gewesen.« Wieder schauderte sie. »Überprüfen Sie das, wenn Sie es für nötig halten.«
»Das werde ich nicht«, sagte er, »aber ich bin überzeugt, die Polizei wird.«
Tokagawa machte sich auf den Weg zur Tür, doch Oliviari verstellte ihm den Weg.
»Aus dem Weg!«, bellte er.
»Nein«, sagte sie. »Erst werden Sie sich das Virus ansehen.«
»Ich habe Sie aufgefordert, mir einen guten Grund zu liefern, Ihnen zu glauben«, sagte er. »Das haben Sie nicht getan.
Stattdessen haben Sie mir einen guten Grund dafür geliefert, dass einer meiner Freunde heute da draußen gestorben ist.«
»Sie waren mit Frieda Tey befreundet?«
»Ich war mit Jane Zweig befreundet. Ich kenne sie seit Jahren. Wir haben auf diesem Kurs gemeinsam Übungsrennen bestritten.«
»Und worüber haben Sie sich unterhalten? Medizin?«
»Über meine Arbeit.« Er blickte vielsagend zur Tür.
»Und über die wunderbare Kraft des menschlichen Körpers? Wie er sich gegen all diese Aliens da draußen behaupten kann oder auch nicht?«
Seine Augen wurden schmaler. »Manchmal.«
»Sie hat immer gesagt, es wäre eine Menge Arbeit, die Grenzen des menschlichen Potentials auszuloten, aber es wäre dringend Zeit, es zu tun. Wir müssten diese Grenzen kennen, ehe sie es täten, damit wir uns gegen sie verteidigen könnten. Im Weltall seien wir besonders verwundbar, teilweise, weil wir expansiv sind. Wir bilden Kolonien, und das ängstigt manche dieser Aliens. Sie fühlen sich einer Gefahr ausgesetzt, und Tey war der Ansicht, es sei nur eine Frage der Zeit, bis sie uns in Gefahr bringen würden.«
»Sie haben mit Jane gesprochen«, sagte er.
Oliviari schüttelte den Kopf. »Ich habe alle Schriften von Frieda Tey gelesen, und ich habe alle Aufzeichnungen von ihren Reden gesehen. Ich habe auch mit ihren Freunden, ihren Verwandten und Kollegen gesprochen. Sie haben gesagt, sie
Weitere Kostenlose Bücher