Miles Flint 02 - Die Lautlosen
überzeugt, dass die Kopfschmerzen nicht mehr fern waren, ob ihr das nun gefiel oder nicht.
Es war schwer, über private Links visuell zu kommunizieren. Für DeRicci war es sogar unmöglich. Sie konnte sich die Nachrüstung nicht leisten, und die First Detective Unit stellte lediglich Text- und Audiolinks zur Verfügung.
»Tut mir leid, ich war heute sehr beschäftigt und konnte Ihre Anforderung nicht erfüllen.« Broduer sprach so leichtherzig dahin, als wäre dies eine Konversation auf einer Dinnerparty.
»Ja, schön, ich habe noch ungefähr hundert Leute zu befragen. Könnten Sie also schnell zur Sache kommen?«
Die Fröhlichkeit wich aus seinen Zügen. »Sie werden sich das anhören wollen, Noelle.«
»Das dachte ich mir.« Sie schaltete die Bildwand um, sodass sein Kopf nurmehr in Lebensgröße angezeigt wurde. Sie konnte nur ein begrenztes Maß Broduer ertragen. »Haben Sie den Todeszeitpunkt ermittelt?«
»Ich habe eine ganze Menge ermittelt«, antwortete er. »Alles ist wichtig, aber nichts ist so wichtig wie das Letzte.«
Großartig. Kryptisches Blabla. Das war genau das, was sie jetzt brauchte.
»Ich möchte, dass Sie sich Notizen machen.«
»Sie haben doch Notizen«, gab sie zurück. »Wozu soll ich mir welche machen?«
»Weil Sie sich nicht alles werden merken können.«
»Natürlich kann ich.« DeRicci gab sich redlich Mühe, sich nicht noch mehr aufzuregen, als sie es bereits getan hatte. Als ob sie nicht in der Lage wäre, die Dinge im Kopf zu behalten … Sie war schon länger in diesem Beruf als er, und sie hatte immer alles im Kopf behalten.
»Vertrauen Sie mir. Nehmen Sie einfach alles auf oder so.«
DeRicci seufzte, aktivierte einen Aufzeichnungschip und zog sich einen Stuhl heran. »Okay. Ich bin bereit, Sir.«
»Und hören Sie mit dem Sir-Mist auf, Noelle. Das hier ist ernst.«
Sie griff nach ihrem Kaffee. Das rettete sie davor, ihm direkt antworten zu müssen. »Ich habe nicht viel Zeit, Broduer«, sagte sie, nachdem sie getrunken hatte.
Er nickte. »Also schön. Zuerst die Todesursache: Sauerstoffentzug, genau, wie Sie vermutet haben.«
»Das ist keine Überraschung.«
»Eine Überraschung gibt es dabei schon; aber dazu komme ich später.«
DeRicci hasste es, wenn er in Rätseln sprach. Manchmal hatte sie gedacht, er täte das nur, um sie zu ärgern, aber sie hatte von Kollegen gehört, dass er sich ihnen gegenüber genauso verhalten hatte. Und er tat es auch vor Gericht, was ihn zu einem guten Zeugen machte. Womit aus dem Ärgernis ein Vorzug wurde.
»Zweitens«, sagte er, »der Todeszeitpunkt: Ich kann ihn nicht exakt bestimmen, würde aber sagen, er trat vor sechsunddreißig bis achtundvierzig Stunden ein.«
» Was?«, entfuhr es DeRicci. »Ich habe ein Video, das sie auf der Strecke zeigt, keine halbe Stunde bevor die Leiche gefunden wurde.«
Broduer hielt die Hand hoch, um sie zum Schweigen zu bringen. Auf dem kleineren Bildschirm war die Bewegung nicht gar so wirkungsvoll, aber DeRicci hielt dennoch den Mund. Wenn er diesen Punkt nicht für bestürzend hielt, wusste sie nicht, was ihn überhaupt erschüttern konnte.
»Drittens«, fuhr er fort, »sie wurde tatsächlich ermordet. Das kann ich Ihnen mit Bestimmtheit sagen.«
»Trotz des Sauerstoffentzugs?« DeRicci hatte geglaubt, das würde es schwer machen, einen Mord nachzuweisen, ganz gleich, was sie sonst noch herausfinden konnten. Jeder wusste, dass Anzüge versagen konnten. Sie hatte angenommen, es wäre umso schwerer aufzuzeigen, dass jemand ein solches Versagen absichtsvoll herbeiführen konnte.
»Trotz des Sauerstoffentzugs«, bestätigte er. »Sie hat keinen Umweltanzug getragen, als sie gestorben ist.«
»Wie bitte?«
»Der Anzug«, erklärte Broduer, als würde er mit einem Kind sprechen. »Er wurde ihr erst nach dem Tod angezogen.«
»Der Anzug hat sie nicht umgebracht?«
»Nicht, wenn ihn ihr nicht jemand mindestens fünf Minuten lang auf Mund und Nase gedrückt hat. Und selbst das bezweifle ich, da wir keine Fasern in ihrer Mundhöhle und ihrer Lunge gefunden haben.«
Er hörte sich an, als hätte ihn die Frage verärgert.
»Was haben Sie gefunden?«, fragte DeRicci.
»Das erzähle ich Ihnen gerade.«
»In Mundhöhle und Lunge«, konkretisierte DeRicci ihre Frage, während sie im Stillen wünschte, sie könnte sich einfach seine Notizen schnappen.
»Nichts«, antwortete er. »Was exakt das ist, was man erwarten kann, wenn sie in einer Luftschleuse oder einem Raumschiff war, und jemand die
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