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Miles Flint 02 - Die Lautlosen

Miles Flint 02 - Die Lautlosen

Titel: Miles Flint 02 - Die Lautlosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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sah um Jahre gealtert aus; dabei waren nur wenige Minuten vergangen.
    »Das ist eine Katastrophe«, erklärte er. »Und es ist längst zu weit fortgeschritten.«
    Glücklicherweise sprach er leise. Oliviari hoffte, dass ihn niemand in dem allgegenwärtigen Husten und Ächzen hatte verstehen können, das durch den Raum hallte.
    »Wir haben immer noch eine Chance«, sagte sie.
    Tokagawa schüttelte den Kopf. »Diese Krankheit …«
    »Dieses Virus«, unterbrach sie ihn, »kann unschädlich gemacht werden, wenn die richtige Ausrüstung vorhanden ist. Wir müssen die Dekon-Einheit überprüfen. Hier drin gibt es eine. Lassen Sie mich die Spezifikationen sehen, damit ich herausfinden kann, ob wir sie gebrauchen können.«
    »Jeden Einzelnen dekontaminieren? Das funktioniert nicht, und das wissen Sie. Wenn das Virus sich bis zu einem bestimmten Punkt hat ausbreiten können …«
    »Ich weiß.« Darüber wollte Oliviari nicht nachdenken. »Wir werden mit dem arbeiten müssen, was wir haben. Wo ist die Dekon-Einheit?«
    Tokagawa starrte auf die Betten. Oliviari war nicht sicher, ob er sie überhaupt gehört hatte.
    Sie hatte nicht damit gerechnet, dass er in Panik geraten würde. Ärzte waren schließlich für Notsituationen ausgebildet, oder?
    Aber ihre Ausbildung umfasste solche Dinge wie bekannte Krankheiten oder Verletzungstraumata, keine Massenepidemie. Nur Ärzte, die auf Kolonialmedizin und interstellare Reisen spezialisiert waren, mussten sich über derartige Dinge den Kopf zerbrechen.
    »Dr. Tokagawa!« Oliviari sprach mit lauter Stimme, um seine Aufmerksamkeit zu erregen.
    Wie ein alter Mann drehte er sich zu ihr um, und seine Bewegungen waren so langsam, dass sie sich fragte, ob er überhaupt noch wusste, was um ihn herum vor sich ging.
    »Das ist die tödlichste Version des Virus’«, sagte er. »Das ist es, was ich mehrfach überprüft habe. Es ist das Virus, das in ihrem Experiment alle umgebracht hat. Schnell. Genau wie hier. Wie konnte es hierher gelangen?«
    »Sie sind auf Sportmedizin spezialisiert, richtig?«, fragte Oliviari in ruhigem Ton.
    Tokagawa nickte, als würden sie sich gemütlich auf einer Dinnerparty unterhalten.
    »Vermutlich sind Sie für derartige Notlagen nicht ausgebildet.«
    »Das ist niemand«, erwiderte er, und Oliviari war froh zu hören, dass er wieder etwas von sich gab. »Niemand in unserem Team, nur Sie. Sie sind die Einzige, die weiß, wie man mit dieser Krankheit umzugehen hat, und Sie haben Fieber. Ich sehe es an dem Glanz in Ihren Augen …«
    »Mir geht es gut«, sagte sie, und so war es auch. Zumindest ging es ihr besser als ihm. Er würde die Verantwortung nicht übernehmen – so viel stand inzwischen fest. Das würde sie tun müssen, und sie würde es durch ihn tun müssen. Entweder hatte er vergessen, dass sie ihre Empfehlungsschreiben gefälscht hatte, oder ihm war gar nicht zu Bewusstsein gekommen, dass ihre ganze medizinische Laufbahn nur Tarnung gewesen war.
    »Hören Sie mir zu.« Oliviari rückte so nahe wie möglich an Tokagawa heran und sprach leise, damit niemand sie belauschen konnte. »Wenn Sie in Panik geraten, sterben wir alle. Jede einzelne Person, die an diesem Rennen beteiligt war, die irgendwie damit zu tun hatte oder das Pech hatte, zufällig auf dem Gelände zu sein. Tausende von Menschen. Und vielleicht entwischt uns jemand, der mit diesem Ding in Berührung gekommen ist, und dann wird jeder Mensch in Armstrong ebenfalls sterben. Haben Sie mich verstanden?«
    »Daran habe ich auch schon gedacht«, sagte er. »Es ist hoffnungslos. Das Ding breitet sich zu schnell aus.«
    »Es ist nicht hoffnungslos«, widersprach sie ihm. »Es gibt mehr als genug Grund zur Hoffnung; aber wir müssen schnell handeln. Sie müssen schnell handeln!«
    »Ich weiß nicht, was ich tun soll«, erwiderte er.
    »Das macht nichts«, versprach sie. »Ich werde es Ihnen sagen. Das Wichtigste zuerst: Sie müssen mich zu der Dekon-Einheit bringen.«
    Tokagawa klappte den Mund auf, als wolle er Widerspruch erheben; doch dann nickte er. »Kommen Sie.«
    Er packte ihre Hand. Seine Finger waren kräftig. Vielleicht hatte sie ihn aus seiner Panik zurückgeholt. Oliviari hoffte es inständig.
    Sie fragte sich, ob es auch auf Io so gewesen war: ob Panik ausgebrochen war, als schließlich alle in der Kolonie begriffen hatten, dass die verantwortliche Wissenschaftlerin ihnen nicht helfen würde.
    Tokagawa zerrte Oliviari zwischen den Betten hindurch, vorbei an hustenden, weinenden und elend

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