Miles Flint 02 - Die Lautlosen
brauchen.«
DeRicci wollte den Rest ihrer Einheit nicht dazuholen. Keiner dieser Kollegen war rangniedriger als sie, und auch wenn dies ihr Fall war, würde keiner von ihnen ihre Anweisungen befolgen. Das würde ihren Ärger lediglich verschlimmern und dazu führen, dass die Ermittlungen ineffizient verlaufen würden. Als Folge davon würden sie eher Zeit verlieren, statt zu gewinnen.
Aber sie wusste nicht, wie sie van der Ketting das klar machen sollte.
»Ich denke, wir könnten genug Informationen zusammentragen, um alle wieder an die Arbeit zu schicken«, sagte DeRicci. »Sie fangen mit den Videos an. Zuerst mochte ich die Meilenmarkierungen vor Rennbeginn und bei der Ankunft der ersten beiden Läufer sehen. Dann möchte ich, dass Sie sich Swanns Video noch einmal anschauen. Sie hat gesagt, sie hätte eine Bewegung am Felsen gesehen, und ich meine, mich an Reifenspuren in dem Gebiet zu erinnern. Versuchen wir herauszufinden, was da war, ob wir ein Video davon haben und wer darin verwickelt ist.«
»Und was werden Sie tun?«, fragte van der Ketting.
»Ich werde mich auf die Suche nach der Verbindung zwischen Zweig und Mayoux machen«, antwortete DeRicci. Und wenn sie konnte, würde sie außerdem herausfinden, wer Zweig wirklich war und warum sie verschwunden war. »Aber zuerst muss ich einen Freund anrufen.«
Van der Ketting starrte DeRicci an, als wäre sie verrückt geworden – und vermutlich dachte er das auch. Warum sollte irgendjemand mitten in der Ermittlungsarbeit einen Freund anrufen?
Aber er würde sie für noch verrückter halten, wüsste er, welchen Freund sie anzurufen gedachte.
So, wie die Dinge lagen, konnte sie im Department auf niemanden zählen, wenn es darum ging, sich Hilfe zu beschaffen und ihre Reputation nicht weiter zu schädigen.
Und die Person, die für die Suche nach einer Verschwundenen am besten geeignet war, war ein Lokalisierungsspezialist. Also schien es nur logisch, dass die Person, die im umgekehrten Fall am besten geeignet war herauszufinden, ob ein real existierender Mensch tatsächlich ein Verschwundener war, ebenfalls ein Lokalisierungsspezialist sein musste.
DeRicci hätte bereitwillig die ganze Ermittlung darauf gesetzt, dass ihr alter Partner, Miles Flint, Jane Zweigs Status viel schneller würde ermitteln können als sie es je könnte.
Ihn zu bezahlen, war eine andere Sache. DeRicci konnte sich die Preise eines Lokalisierungsspezialisten ganz bestimmt nicht leisten, und das Department würde sicher nicht dafür zahlen, dass ein Außenstehender die Arbeit erledigte.
Aber DeRicci wusste, dass es viele Arten der Bezahlung gab. Sie würde ihm ein Tauschgeschäft anbieten – und sie hätte wetten können, dass Flint ihr Angebot annehmen würde.
Aber das würde sie nur erfahren, wenn sie ihn fragte.
»Sie werden mir ein paar Minuten Zeit für meinen Anruf geben müssen«, sagte sie zu van der Ketting.
Er verzog das Gesicht. »Und wo soll ich arbeiten?«
»Räumen Sie den Vorraum«, antwortete sie. »Ignorieren Sie die Unis und arbeiten Sie dort.«
»Das kann ja lustig werden«, sagte er und schnappte sich seinen Handheld. Alles Übrige ließ er auf dem Tisch. Ohne ein weiteres Wort ging er zur Vordertür hinaus.
DeRicci wartete, bis die Tür ins Schloss gefallen war, ehe sie erneut zu dem Wandsystem ging, um Flint zu kontaktieren. Sie würde auch jetzt wieder die öffentlichen Links benutzen für den Fall, dass ihre eigenen überwacht wurden.
Aller Wahrscheinlichkeit zum Trotz hoffte sie, dass Flint im Büro sein würde, denn im Augenblick brauchte sie wirklich jemanden, dem sie vertrauen konnte.
27
T okagawa hatte darauf bestanden, selbst Vergleiche anzustellen, um herauszufinden, ob das Virus, das die Leute im Zelt infizierte, das Tey-Virus war. Oliviari schätzte, dass Tokagawas Sturheit – so logisch sie sein mochte – sie weitere fünf wertvolle Minuten von ihrem Vorsprung kosten dürfte.
Oliviari folgte ihm aus dem Büro hinaus. Draußen empfing sie eine Kakophonie aus Husten und Schniefen. Alle Betten in diesem Bereich des medizinischen Versorgungszeltes waren belegt. Einige der Läufer lagen bäuchlings da; andere saßen auf der Bettkante und hielten Taschentücher in Händen, während die Sanitäter sie mit ihren Diagnosestiften untersuchten.
Der Mann, den herzubringen Oliviari geholfen hatte, der Mann, der gestorben war – sie hatte den Namen des armen Kerls nie erfahren –, war nirgends zu sehen. Jemand anders lag nun mit dem Rücken
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